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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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Verbindung mit ihr?«
    »Nein, ich …« Stockend verstummte sie. »Nein.«
    »Nein, tust du nicht. Ich schon. Das ist meine Aufgabe. Das ist eine Aufgabe genau der Art, für die Valentine mich sonst anheuert.« Ich seufzte und saß eine Minute lang still, während ich die Arbeit am Revolver abschloss. Als er wieder zusammengebaut war, steckte ich ihn zurück in das Schulterhalfter, dann stand ich auf. »Bleibt hier. Ich bin bald zurück.«
    »Von wegen«, sagte Wilson. Ich hielt an der Tür zum Keller inne und drehte mich um. Er war aufgestanden.
    »Vertraust du mir nicht?«, fragte ich.
    »Besser noch – ich kenne dich nicht mal. Du verlangst von uns, hierzubleiben und die Füße stillzuhalten, während du in der Stadt herumläufst. Die Ordnungshüter suchen nach dir, Jacob, und sie suchen auch nach uns. Wenn sie dich erwischen, wird es nicht lange dauern, bis sie uns kriegen.«
    »Hör mal, ich übernehme Aufgaben dieser Art andauernd. Dafür bezahlt mich Valentine. Gepflegt aussehen, mit schönen Leuten reden, vielleicht dem ein oder anderen Waschlappen drohen und abhauen.« Ich drehte mich wieder der Tür zu. »Andauernd mache ich das.«
    »Diesmal ist es aber nicht so, Jacob.« Wilson kam zu mir herüber, zwängte sich zwischen mich und die Tür und verschränkte die Arme vor der Brust. »Das ist nicht irgendein Drogengeschäft, klar? Ich komme mit.«
    »Ein Insekt.« Ich wandte mich zu Emily um und schwenkte die Hand. »Em vielleicht, aber ich nehme kein Insekt mit.« Als ich den Stahl an meiner Wange spürte, verstummte ich. Langsam drehte ich mich zurück.
    »Wir benutzen dieses Wort nicht«, erklärte mir Wilson. »Zivilisierte Leute wie wir benutzen dieses Wort nicht.«
    »Richtig. Tut mir leid«, murmelte ich. Er senkte das Messer. »Ich denke bloß nicht, dass es bei Tomb allzu gut ankommt, wenn ich mit einem Anansi aufkreuze, das ist alles.«
    »Schon gut«, erwiderte er und steckte das Messer weg. »Du sagst einfach, dass wir Freunde sind.« Er hakte sich mit dem Arm bei mir ein und zog mich zur Tür. »Gute Freunde.«
    »Seid vorsichtig, Kinder«, sagte Emily. Ich glaube, sie kicherte.
    »Ja, Liebes«, gab ich zurück.
    Ich kletterte aus dem gefluteten Keller und schlang mir die Jacke über die Schultern. Auf die Straßen von Veridon senkte sich die Abenddämmerung herab. Die Reibungslampen summten.
    »Und wenn wir schon unterwegs sind, können wir auch gleich Engramm-Käfer für dein Muster besorgen«, schlug Wilson mit einem jähen Lächeln vor und zupfte an meinem Arm.
    Ich musste an die spitzen Beine denken, die sich den Weg meine Kehle hinab gebahnt hatten, an das Blut und Chitin, die von meinen Lippen abgeblättert waren, als ich aufwachte. Gequält verzog ich das Gesicht.
    »Klar doch«, erwiderte ich. »Machen wir.«
    Es funktionierte folgendermaßen: Die Familien im Rat, sowohl die der Gründer als auch die der neuen Gattung, von der die Alteingesessenen allmählich aufgekauft wurden, hatten ihre eigene Dienerschaft. Fahrer, Butler, Mägde, Stallburschen … das gesamte Hauspersonal. Außerdem besaßen sie ihre eigenen kleinen Schlägertruppen. Wir nannten sie Häusler. Weil sie die Häuser bewachten.
    Tombs Hausgarde war weit und breit nicht zu sehen. Das Herrenhaus der Tombs lag im älteren Teil der Stadt, hart am Rand dessen, was man noch als respektable Gegend bezeichnen konnte. Eine Gegend, die sich hoch oben in der Stadt befand, ursprünglich vornehm, aber mittlerweile in die Jahre gekommen, und der Reichtum war abgewandert. Inzwischen bildete der Rauch aus den Fabriken von der Dunje-Seite eine faulige Schicht, die förmlich an den Straßen klebte und über die Mauern der Gebäude schabte. So reich die Tombs auch waren, sie konnten es sich nicht leisten, umzuziehen. Der Großvater befand sich im Haus, und er konnte nicht verlagert werden. Wenn der Großvater ginge, würde die gesamte Familie gehen. Der Namensbescheid war bereits an eine jener neuen Sippen verpfändet worden. Deshalb blieb der Stadtsitz der Tombs, wo er war.
    Das Herrenhaus war beeindruckend, ganz aus Stein und Schmiedeeisen errichtet, und die Stirn des Bauwerks blickte mit finsterer Miene auf die Straße darunter. Die Mauer, die das Grundstück umgab, bestand aus Stein, das Tor war gut gewartet und wurde für gewöhnlich bewacht. An diesem Tag nicht. An diesem Tag stand das Torhaus leer. Die perfekte Gelegenheit also – abgesehen von der Straße rings um das Anwesen; auf ihr wimmelte es von Ordnungsbeamten. Sie sahen

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