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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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mir deinen verfluchten Adligenschädel an die Wand. Emily Haskin verkauft ihre Leute nicht.«
    Wir waren stehen geblieben. Von Wilson fehlte jede Spur. Wahrscheinlich war er eine Mauer hinaufgekrabbelt, um uns alleine zu lassen.
    »Na schön, Em. Vergiss es. Vergiss, dass ich etwas gesagt habe.«
    Sie ballte die Hand zur Faust und legte die Knöchel leicht an mein Kinn, dann strich sie mit den Fingernägeln über meine Wange.
    »Ist vergessen.«
    Damit stapfte sie die Straße entlang los und verschwand zwischen zwei Gebäuden, während ich mit den Händen in den Jackentaschen dastand und das elektrisierende Knistern ihrer Berührung in meinem Gesicht spürte. Wilson war zurück. Er klopfte mir auf die Schulter, als er an mir vorbeiging.
    »Das mit euch beiden ist gut. Es ist gut.«
    »Halt die Klappe.«
    Er lachte, ein Geräusch wie eine nicht geschmierte Winde.
    »Halt einfach die Klappe.«
    Veridon war eine Stadt von Terrassen und Straßen, die Kanäle kreuzten – Kanäle, die erst zu Aquädukten, dann zu Tunneln und Rohrleitungen wurden. Es gab Schleusen, mit deren Hilfe die gezähmten Flüsse der Stadt angehoben und gesenkt wurden. Wasserfälle ergossen sich auf Plätze, nährten Becken, die in Zisternen abflossen, die ihrerseits auf niedrigeren Terrassen hervorschossen und in wahren Sturzbächen entlang der geziegelten Kanäle durch die Straßen strömten. Fluss und Tunnel, Bäche und Wasserfälle – überall war Wasser, das floss und sich sammelte, entweder in tiefen, abgestandenen Tümpeln oder in wilden Strömen, angetrieben von der Schwerkraft oder von uralten Pumpen, die scheinbar aus der Zeit vor der Stadt auf ihren Schultern datierten.
    Veridon hatte sich in Schichten über diesem Geflecht von Wasser entwickelt, sich eingepegelt und zum Ufer hin ausgebreitet. Teile der Stadt reichten weit in den Reine hinein, gestützt von Piers und Pfeilern, die verhinderten, dass die tiefer gelegenen Bezirke im Wasser versanken. Auf dem Fluss unter der Stadt wurde reger Handel getrieben. Teergeschwärzte Boote mit abgedunkelten Lampen steuerten lautlos geheime Docks unter unscheinbaren Gebäuden an. In den chaotischen, frühen Tagen meines Exils war ich auf solchen Booten mitgefahren. Damals, vor Emily, vor Valentine.
    Die wirklich geheimen Plätze der Stadt jedoch lagen höher. Zwischen den Straßen und dem Fels befanden sich Hunderte Meilen Zisternen, Rohrkanäle und Aquädukte, die mit einer Brücke nach der anderen, einem Gebäude nach dem anderen überbaut worden waren, bis kein Tageslicht mehr ihre schmutzigen Strömungen erreichen konnte.
    Wir versteckten uns in den Eingeweiden der Stadt. Es dauerte Stunden, den richtigen Platz zu finden, einen, der sowohl von den Wartungsmannschaften als auch von den Verbrechern aufgegeben worden war. So endeten wir auf einem Steinpier, der sich in eine Zisterne mit tiefem, stehendem Wasser erstreckte. Die Wände bestanden aus glattem Stein, von dem unsere Stimmen zurückhallten. Es fiel schwer zu glauben, dass die Stadt je so niedrig gewesen war oder der Fluss je so hoch. Auf dem Pier sanken wir zusammen, wickelten uns in unsere Jacken und schliefen wie Tote. Als ich erwachte, fühlte sich meine Nasenspitze frostig an, mein Rücken steif. Für einen Mann, der innerhalb von zwei Wochen genauso oft hätte sterben sollen, war das durchaus akzeptabel. Eigentlich sogar dreimal, wenn man die Pracht mitzählte.
    Wilson war bereits gegangen. Als ich die Reibungslampe zum Leben erweckte, fand ich seinen Mantel als zerknitterten Haufen vor, den Rest seiner Habseligkeiten sorgsam in Nischen entlang der Wand verstaut. Emily schlief in der Nähe und atmete gleichmäßig. Ich schlich zu Wilsons persönlichen Dingen und durchsuchte sie vorsichtig. Dabei stieß ich auf Flaschen und Umschläge mit Staub, einen Glasstab, der warm war und an meinem Fingernagel zu vibrieren schien, und auf andere mysteriöse Dinge, bei denen es sich sowohl um winzige Maschinen als auch bloß um seltene, tote und getrocknete Insekten handeln mochte. Sein geladenes Kurzgewehr war da. Die tödlichen Messer hatte er mitgenommen.
    »Er ist vor einer Stunde losgezogen. Meinte, er bräuchte etwas. Instrumente oder so«, sagte Emily. Sie hatte sich umgedreht und beobachtete mich, die Augen verquollen vor Schlaf. »Er sagte, er würde in einigen Stunden zurück sein.«
    »Vielleicht bringt er uns etwas zu essen. Obwohl ich nicht sicher bin, ob ich mich darauf freue zu erfahren, wonach Anansi der Appetit steht.« Ich

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