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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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orientierungslos und müde, und Emily lag im Sterben. Die Erschaffer holten auf. Ihre Reibungslampen blitzten im Takt der wirbelnden Mechagenwände, ihre Stimmen wurden von stampfenden Maschinen übertönt. Ich war kurz davor, aufzugeben.
    Schließlich ließ ich mich in einen grabenartigen Raum mit schmalem Boden und weiter Decke fallen. Die Wände neigten sich von mir weg. An meinem Ende befand sich die Decke nah über mir, doch sechs Meter vor mir weitete sich der Graben. Die Höhe konnte ich in der Dunkelheit nicht erkennen, aber die Luft war feucht, und meine Schritte hallten wider, als ich weiterging. Die Wände bestanden aus bearbeitetem Stein oder etwas sehr Ähnlichem. Stumpfe graue Adern durchzogen den Fels. Wir befanden uns tief unter der Kirche. Wie blieben diese Tunnel so trocken? Alles so tief unter der Stadt hätte eigentlich von den Flüssen geflutet sein müssen.
    Ich wagte mich weiter den Graben entlang vor. Als die niedrige Decke endete, erstreckte sich über mir Finsternis. Eine beunruhigende Finsternis. Hoch über mir bewegte sich etwas. Es wirkte wie Gewitterwolken bei Nacht, verschwommene Wolkenfetzen, die vor einem gedämpften Mond vorbeizogen. In der Ferne vernahm ich ein Geräusch wie das eines Flusses aus glatten Steinen. Ich kämpfte mich unter diesem kaum sichtbaren, unterirdischen Himmel weiter und trug Emily dicht an meiner Brust.
    Am Ende des Wegs stieß ich auf eine Tür, eine schlichte Tür aus Holz mit einem schmierigen Messinggriff. Das Geräusch, das an einen Fluss aus Steinen erinnerte, stammte von irgendwo dahinter.
    Der Raum hinter der Tür bildete einen Trichter. Die breite Öffnung lag hoch über mir, die schmale Spitze etwa sechs Meter tiefer. Rohre traten von allen Seiten in den Raum ein, breite und schmale, aus Eisen und Messing. Ich erkannte, dass die kaum wahrnehmbare Bewegung an der Decke hinter mir eine einzige gewaltige Rohrleitung aus stahlgefasstem Glas war, die trübes Quecksilber beförderte. Schemen bewegten sich darin, zuckten und wanden sich in der Strömung.
    Alle Rohre, unabhängig von ihrem Ursprung oder ihrer Größe, verliefen zur Spitze des Trichters hinab. Sie verzweigten und verschmälerten sich, bis sie eine aufwendige, käfigartige Kugel erreichten. Im Raum war es heiß und laut; misstönender Lärm hallte von den schrägen Wänden und der fernen Decke zurück. Die Rohrleitungen schwitzten eine schwarze Flüssigkeit, dünner und dunkler als Öl.
    Stufen führten nach unten, eine erlesen gearbeitete Treppe aus glänzendem Holz, die selbst im feinsten Herrenhaus nicht fehl am Platz gewirkt hätte. Obwohl der Rest des Raums nach Öl und Motoren stank, präsentierte sich diese Treppe blitzsauber. Das Geländer war dicht mit den heiligen Symbolen des Algorithmus beschnitzt. Uralt, aber hervorragend gewartet.
    Ich stolperte die Stufen hinab. Als ich den Boden erreichte, wurde mir eine entsetzliche Kälte in meinen Füßen bewusst. Der Boden glitzerte vor Frost, etwa zehn Zentimeter die Wände hinauf war eine Schmelzlinie zu erkennen. Unter meinen Füßen knirschte es, als liefe ich über winzige Glasscherben. Ich ging vorsichtig. Emily wurde immer schwerer.
    Eines der Rohre war eigentlich gar kein Rohr, wie ich feststellte, als ich mich dem Käfig näherte. Von der aufwendig gearbeiteten Kugel wand sich eine strahlende Säule in die Decke empor. Sie summte, und als ich dichter zu ihr ging, stellte ich fest, dass es sich um die Säule der innigen Absichten aus der Kirche hoch oben handelte. Sie drehte sich rasant. Mich schauderte bei dem Gedanken, wie lang diese Achse sein musste, um sich von hier zu jenem geheimnisvollen Mechagen an der Oberfläche zu erstrecken.
    Ich rückte weiter vor, um zu sehen, wohin die Säule führte. Gleichzeitig sah ich mich nach einem Platz um, an dem ich Emily ablegen konnte. Der Schaft tauchte mitten in das kugelförmige Gebilde hinein. Im Inneren befand sich etwas. Ich ging noch näher hin und sah, dass die Kugel wenig mehr als ein hohler Käfig war. Die Stäbe stützten Rohrleitungen, von denen deutlich kleinere Schläuche weiter nach innen verliefen. Und zu einem Mädchen führten.
    Das Mädchen war mit einem komplexen Geflecht aus Eisenbeschlägen fixiert. Drähte, Rohre und Achsen sprossen aus ihren Fingern und waren an ihre Knochen angeschlossen. Wieder rückte ich näher und erkannte, dass es sich nicht wirklich um ein Mädchen handelte, sondern um eine Maschine in der Form eines Mädchens. Ein Großteil davon fehlte. Die

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