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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schläfrig. »Ich nehme zurück, was ich gesagt habe. Die Mädchen werden schon einen Schlafplatz in Merolannas Gemächern finden. Erzähl mir noch mehr darüber, was du dort unten in den Höhlen gesehen hast. Ich kann das alles kaum glauben. Hast du wirklich gegen einen Gott gekämpft?«
    »Ich? Nein. Nicht mal dein Bruder hat es getan. Mit dieser Kreatur konnte es keiner von uns aufnehmen.« Er schüttelte den Kopf »Ich will nicht darüber reden. Es ist noch zu frisch.«
    Sie sagte stirnrunzelnd: »Ich verstehe es einfach nicht. Du sagst, mein Bruder hat dies getan, mein Bruder hat jenes getan — hat hundert Zweikämpfe bestritten! Hat sich an einem Seil hinabgelassen! Da muss Magie am Werk sein — das ist nicht der Bruder, den ich kannte, der, der nicht mal sein Fleisch schneiden konnte, ohne dass er ins Fluchen kam und sein Holzteller auf dem Boden landete!«
    Vansen lächelte, aber auch seine Miene war nicht frei von Erstaunen. »Es hat allerdings etwas von Magie. Als ob er in ein paar Monaten zehn Jahre älter geworden wäre. Und sein Arm ist auch wieder gesund! Er hat sich so verändert, dass ich ihn kaum wiedererkannt habe. Als die Steinschlucker auf uns zukamen, wären wir alle gestorben, wenn Barrick und die Qar nicht aufgetaucht wären ...«
    »Die Stein-was?« Jetzt hatte ihr Gesicht etwas seltsam Beunruhigtes. »Steinschlucker? Diese Geschichte kenne ich noch nicht. Erzähl.«
    Er zog sie an sich. »Deine Dienerinnen und Zofen?«
    »Vergiss sie noch ein Weilchen.«
    Er schilderte jetzt die letzte Schlacht im Labyrinth in allen Einzelheiten, beschrieb, wie er und die Funderlinge sich den Boden hatten abringen lassen, bis kein Boden mehr übrig gewesen war.
    »Wie tapfer!«, sagte sie. »Und nicht nur du, liebster Hauptmann Vansen. Cherts Leute erstaunen mich wirklich.«
    »Uns alle«, sagte er. »Anscheinend haben wir sie viele Jahre unterschätzt. Aber auch sie konnten nichts mehr tun, als die Steinschlucker kamen. Ich weiß nicht, wie sie wirklich heißen — es waren drei. Aber jeder hat sich einen Stein in den Mund gesteckt, und ... dann haben sie sich verwandelt ...« Er hielt inne, weil er spürte, wie sich ihr Körper neben ihm anspannte. »Briony?«
    »Bist du sicher, dass es Menschen waren?«
    Er dachte nach. »Ehrlich gesagt, ich habe sie gar nicht gesehen, bevor sie bereits zu diesen ... Dingern geworden waren ...«
    »Erzähl es mir noch mal genauer. Wie sahen die Steine aus?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er und lachte kurz auf »Bei Perins Hammer, Mädchen, es war stockdunkel!«
    »Erzähl mir alles, woran du dich erinnerst!« Ihre Stimme war jetzt nicht mehr die der zärtlichen jungen Frau.
    Und Vansen erzählte und erkannte mit Staunen, dass er die ganze Zeit nicht nur seine Liebste geküsst hatte, sondern auch eine Königin.

    Steffans Nynor hatte sich in einen dicken Wollmantel gewickelt, aber seine Knöchel waren unbestrumpft, und er fror sichtlich. »Muss das wirklich jetzt sein, Hoheit?«, fragte er.
    »Ich habe meine Lektion gelernt.« Briony bedeutete einem der Wachsoldaten, an die massive Tür des Turms zu pochen. Das Bummern hallte nach, erstarb dann. Sie wollte ihm gerade befehlen, erneut zu klopfen, als hinter der Tür ein zittriges Kinderstimmchen sagte: »Wer da?«
    »Die Prinzregentin wünscht Königin Anissa zu sprechen«, sagte der Soldat.
    Die Tür öffnete sich gerade so weit, dass der Junge herauslugen konnte, schwang dann ganz auf »Aber die Königin schläft!«, sagte der Junge, als ob die Besucher vielleicht nicht gemerkt hätten, dass es schon weit nach Mitternacht war. »Sie ist in Trauer«, brachte er als Nächstes vor, aber die Wachen hatten sich bereits an ihm vorbeigeschoben, und er stand nur noch Briony, Vansen und Nynor gegenüber.
    »Natürlich ist sie in Trauer«, erklärte ihm Briony nicht unfreundlich. »Und ich bin es auch. Siehst du mein schwarzes Kleid?«
    Er rannte die Treppe zum Schlafgemach der Königin hinauf, als hätte ihm Briony Angst gemacht. Die Wachen, die in der Eingangshalle Dienst getan hatten, waren auf die Knie gefallen; sie bedeutete ihnen aufzustehen. Einige sahen ihren langjährigen Hauptmann an, als erwarteten sie, dass der ihnen erklärte, warum die übliche einschläfernde Ereignislosigkeit dieser nächtlichen Wache auf einmal durchbrochen wurde, aber Vansen hielt sich an Brionys Beispiel und sagte nichts.
    Anissa und ihr Gefolge ließen so lange auf sich warten, dass Briony schon erwog, die Soldaten hinaufzuschicken, um sie zu

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