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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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die nötig sein würde, wenn er sich mit Sir Grenville anlegte. Kampflos wollte er ihm das Siegel des Apostels Matthäus jedoch nicht überlassen. Gleichwohl war ihm bewusst, dass sein Förderer, der ihn zum Mord an Scammell angestiftet hatte, alles daransetzen würde, ihn zu vernichten, sollte er es wagen, ihm das Siegel vorzuenthalten.
    Er nahm das Blatt Papier vom Tablett und strich es auf dem Tisch glatt. Dann hielt er eine Stange roten Siegelwachses über die Kerzenflamme, ließ das verflüssigte Wachs auf den Papierbogen tropfen und drückte ihm das Siegel mit der Beilprägung auf. Lächelnd musterte er das Ergebnis.
    Er arbeitete schnell und konzentriert. Auf das Schluchzen seiner Schwester achtete er nicht. Nachdem er insgesamt zwölf solcher Abdrücke in gleichmäßigen Abständen auf dem Papierbogen verteilt hatte, blies er die Kerze aus, warf den Rest der Wachsstange in die Feuerstelle und legte ein zweites Blatt cremefarbenen, steifen Papiers deckungsgleich über das erste. Sorgfältig faltete er beide Seiten mehrmals und genau an den Stellen zusammen, wo er Platz für den Umbruch gelassen hatte, und steckte dann das Päckchen in seine Lederbörse.
    Campion schluchzte nun lauter und schlug die Augen auf. Er war sicher, dass sie nichts erkannte, denn er wusste um den Zustand seiner Folteropfer, als er nach getaner Arbeit ans Fenster trat, auf die Themse hinausblickte und seine steifen Glieder reckte.
    Er nahm das Siegel in die Hand, schraubte es auseinander und musterte mit ausdrucksloser Miene das Kruzifix. Auf diesen Anblick war er nicht vorbereitet gewesen, er hatte erwartet, wie im Siegel des Apostels Markus auch in diesem Zylinder die Miniatur einer nackten Frau vorzufinden. Mit spitzen Fingern holte er die kleine, silberne Figur hervor.
    Den Blick auf seine Schwester gerichtet, dachte er nach.
    Schließlich schraubte er die beiden Hälften wieder zusammen, stand auf und ging leise auf sie zu. Ihre Augen bewegten sich, doch er wusste, dass sie ihn immer noch nicht sehen konnte. Sie wich auch nicht vor ihm zurück, als er über sie hinwegstieg und dabei gurrende Laute der Beruhigung von sich gab. Es schien, als spürte sie, dass da jemand in der Nähe war, es schien sogar, dass sie getröstet werden wollte, und tatsächlich waren seine Hände überraschend sanft und behutsam, als er ihren Kopf anhob und ihr das Siegel um den Hals legte.
    Während er weiterhin beruhigend auf sie einredete, rückte er von ihr ab. Er öffnete die Tür, schlüpfte hinaus und schloss hinter sich ab. Denen, die vor der Tür auf ihn gewartet hatten und ihm nun mit fragender Miene entgegenblickten, nickte er zu. «Gleich. Eine kleine Weile noch», flüsterte er und legte den Zeigefinger an die Lippen. Einer seiner Männer bot ihm Wein aus dem Schlosskeller an, doch Ebenezer schüttelte den Kopf. «Wasser!», verlangte er mit finsterem Blick. «Bring mir Wasser! Und sieh zu, dass es sauber ist.»
    Er lehnte sich mit dem Rücken an die Tür und machte die Augen zu. Wie befriedigend doch gut verrichtete Arbeit war, sinnierte er.

    Campion rührte sich nicht. Sie kauerte in dem Erkerwinkel wie ein gefangenes, verängstigtes Tier und fürchtete, schon mit der kleinsten Bewegung neue Schrecken heraufzubeschwören. Der Geruch nach Blut ekelte sie. Sie hörte ein herzzerreißendes Schluchzen und begriff erst nach einer Weile, dass sie sich selbst hörte. Mit einem Finger berührte sie ihr Gesicht, fühlte die klebrige Schmiere auf der Haut und glaubte, den Verstand verloren zu haben oder in den Abgrund der Hölle gestürzt zu sein. Entsetzt vom Gedanken an die Hölle und auch davon, dass sie wie ein Kind wimmerte, raffte sie allen Mut und alle Kraft zusammen.
    Sie schüttelte den Kopf und zwang sich, ihre unmittelbare Umgebung zu erkennen. Das Erste, worauf ihr Blick fiel, war die große, klaffende Wunde in Scammells Kehle. Ihr Magen drohte sich umzustülpen, sie hörte wie von fern das eigene Würgen und Schluchzen und wich vor dem Leichnam zurück. Keuchend rang sie nach Luft und kroch auf das Bett zu, wo sie sich mit dem Laken das Gesicht und die Hände abwischte und versuchte, die blutende Schnittwunde am Daumenballen zu verarzten. Als sie mit einem Zipfel des Lakens das Blut vom Busen abtupfte, ertastete sie das Siegel.
    Sie nahm den Zylinder in die rechte Hand und starrte auf das blutverschmierte Gold, das so viel Unheil und Verderben über sie gebracht hatte. Dass dieser teuflische Schmuck an ihrem Hals hing, entsetzte sie so

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