Das Hexen-Amulett (German Edition)
Heiratsgut getroffen. Mehr weiß ich auch nicht. Die Sache liegt bei einem Advokaten in London, aber ich denke, Euer Vater hat Euch großzügig bedacht.»
«In der Tat.» Scammell nickte, eifrig darauf bedacht, sich an ihrer statt zufrieden zu zeigen.
Für eine Weile trat Schweigen ein. Campions Frage war beantwortet worden, und sie sah keine Hoffnung mehr, der Ehe mit Scammell zu entkommen. Plötzlich meldete sich Ebenezers kratzige Stimme. «Was heißt ‹großzügig›? Auf welchen Wert beziffert sich der Bund?»
Isaac Blood zuckte mit den Achseln. «Das weiß ich nicht.»
Scammell hob die Brauen, fuchtelte mit den Armen und schien zufrieden mit sich. Er wusste Bescheid, und es drängte ihn, das wunderschöne, goldgelockte Mädchen, das er so gern in seine Arme schließen wollte, zu beeindrucken. Er wollte, dass seine Zukünftige ihn gern hatte, und hoffte, den Damm ihrer Zurückhaltung brechen zu können, indem er sagte: «Ich kann darauf antworten. In der Tat, das kann ich.» Er strahlte. «Nach unseren Berechnungen betrug der Wert des Bundes im letzten Jahr nicht weniger als zehntausend Pfund.»
«Gütiger Gott!» Isaac Blood hielt sich am Lesepult fest.
Ebenezer stand langsam auf. Sein Gesicht zeigte zum ersten Mal an diesem Tag eine Regung. «Wie viel?»
«Zehntausend Pfund», wiederholte Scammell gelassen und versuchte, den Eindruck zu erwecken, dass er für den Profit verantwortlich sei, sich damit aber nicht brüsten wolle. «Die Summe schwankt natürlich. In manchen Jahren steigt der Wert, dann sinkt er manchmal auch ein wenig.»
«Zehntausend Pfund?» Ebenezers Stimme war schrill vor Entsetzen. «Zehntausend Pfund?» Diese Summe sprengte den Rahmen dessen, was er sich vorzustellen vermochte. Sie überstieg die Erträge von Werlatton um ein Vielfaches. Ebenezer konnte aus der Bewirtschaftung des Gutes allenfalls mit siebenhundert Pfund im Jahr rechnen und musste nun hören, dass seine Schwester beträchtlich reicher ausgestattet war.
Scammell kicherte vor Vergnügen. «Wirklich und wahrhaftig.» Campion würde ihn jetzt wohl mit Freude heiraten, dachte er. Sie wären so vermögend wie nur wenige auf dieser Welt. «Seid Ihr überrascht, meine Liebe?»
Campion konnte das Gehörte ebenso wenig glauben wie ihr Bruder. Zehntausend Pfund! Unvorstellbar. Ihr schwirrte der Kopf, doch dann erinnerte sie sich an den Wortlaut des Testaments und fragte: «Mr Blood, habe ich richtig verstanden, dass ich über das Geld verfüge, wenn ich fünfundzwanzig bin?»
«Ja, so ist es.» Isaac Blood betrachtete sie nun geradezu ehrerbietig. «Allerdings nicht, wenn ihr verheiratet seid, denn dann verfügt Euer lieber Gatte über das Geld, wie es sich gehört. Sollte er aber vor Euch das Zeitliche segnen» – er warf einen Blick auf Scammell und bat ihn mit einer kleinen Geste um Verzeihung – «dann werdet Ihr natürlich in den alleinigen Genuss des Siegels kommen. Das Testament ist, wie mir scheint, nicht anders zu verstehen.»
«Das Siegel?» Ebenezer hinkte auf das Lesepult zu.
Blood schüttete den Rest der Flasche ins Glas. «Es beglaubigt lediglich die Unterschrift einer jeden Urkunde, die sich auf den Bund bezieht.»
«Aber wo ist es, Mr Blood? Wo befindet es sich?» Ebenezer war ungewöhnlich lebhaft.
Der Advokat trank von seinem süßen Wein und zuckte mit den Achseln. «Wie soll ich das wissen, Master Ebenezer? Vermutlich unter den Sachen Eures Vaters.» Missmutig starrte er auf den Grund des leeren Glases. «Sucht selbst danach. Und seid gründlich dabei.»
Wie beiläufig gab Blood noch einmal seinem, wie er sagte, tief empfundenen Mitgefühl Ausdruck und ging dann, von Ebenezer und Scammell begleitet, nach draußen. Campion blieb allein zurück. Das Sonnenlicht fiel schräg durch die bleiverglasten Fenster auf die gebohnerten Dielen. Sie war hier immer noch eine Gefangene. Das ihr zustehende Vermögen aus dem Bund änderte daran nichts. Auch wenn ihr die rechtlichen Umstände nicht durchsichtig waren, wusste sie doch, dass sie in der Falle steckte.
Samuel Scammell kehrte zurück. Seine Sohlen quietschten auf dem Holzboden. «Meine Liebe? Dass wir reich sind, scheint Euch sehr überrascht zu haben.»
Sie sah ihn mit niedergeschlagener Miene an. «Lasst mich bitte allein.»
Es war August, und das Wetter versprach eine so reiche Ernte wie schon seit Jahren nicht mehr. Campion schlenderte durch duftende Felder, mied diejenigen, auf denen gearbeitet wurde, und suchte stets stille Orte auf, an
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