Das Hexen-Amulett (German Edition)
Bollsbie nahm keinerlei Kenntnis davon. Er hob die Stimme und fragte: «Euer Name, Sir?»
«Was?» Scammell starrte seiner Braut entgegen.
«Euer Name, Sir», wiederholte Bollsbie.
«Oh! Scammell. Samuel.»
«Gut.» Der Priester hatte Schreibfeder und Tinte gefunden und schrieb den Namen in sein Buch. Scammell sah, dass die aufgeschlagene Seite bereits voll mit anderen Namen war. Bollsbie richtete seinen Blick auf Campion, deren Haube in den Nacken gerutscht war. Auf ihrem tränenüberströmten Gesicht glühte hellrot der Abdruck der Hand, die sie geschlagen hatte.
«Der Name der Braut, Sir?»
«Dorcas Slythe.»
«Ein hübscher Name, wirklich sehr hübsch.» Die Feder kratzte übers Papier.
Campion schrie. Grimmett verdrehte ihr den Arm und knurrte: «Halt still, Dirne.» Er krallte seine Finger in ihre Oberarme. «Sonst reiß ich dir die Arme heraus.»
Bollsbie streifte sich sein Skapulier über die Schultern, lächelte Braut und Bräutigam zu und waltete seines Amtes. «Liebe Gemeinde, wir haben uns hier vor Gott dem Allmächtigen versammelt, um zwischen diesem Mann und dieser Frau den heiligen Bund der Ehe zu schließen.»
Campion schüttelte den Kopf, als versuchte sie, sich von einem Albdruck zu befreien. Die Arme schmerzten. Die Worte prasselten auf sie nieder. Sie wehrte sich gegen Grimmett, der sie mit eisernem Griff gepackt hielt. Der Priester stank nach Alkohol. Sie bespuckte ihn, um ihn zum Schweigen zu bringen, wurde aber von Grimmett zurückgezerrt. Er presste ihren Rücken an seine Brust und stemmte ihr von hinten sein Knie zwischen die Beine. Sein heißer Atem strich ihr über den Nacken.
«Die Ehe», plapperte Seine Sobrietät, «sollte nicht leichtfertig und aus Mutwillen geschlossen werden, um der fleischlichen Lust zu frönen wie die Tiere, die keinen Verstand haben, sondern mit Bedacht, in Ehrfurcht und in Frömmigkeit.»
«Nein!», schrie Campion. Sie zerrte einen Arm frei und hieb auf Grimmett ein, der sie aber sofort wieder zu fassen bekam und in seine Gewalt zwang.
«Ihr Zweck ist es, der Sünde zu widerstehen und Unzucht fernzuhalten, weshalb ein jeder, der Anfechtungen ausgesetzt ist, heiraten sollte …»
Das Kerzenlicht ließ bizarre Schatten über die dunkle Holzvertäfelung flackern. Grimmett bewegte sein Knie zwischen Campions Schenkeln etwas höher.
Seine Sobrietät Bollsbie fragte, ob einer der Anwesenden Einwände gegen die Vermählung von Samuel Scammell und Dorcas Slythe anzumelden habe. Goodwife Baggerlie schüttelte den Kopf. Campion schrie. Dem Priester war es einerlei.
«Samuel Scammell, wollt Ihr Dorcas Slythe zu Eurer rechtmäßig angetrauten Frau nehmen?»
Scammell nickte. «Ich will.»
Bollsbie betrachtete das Mädchen, das sich weit zurückzulehnen schien und ein Bein in die Höhe reckte. Ihre Miene war wutverzerrt, während Grimmett über ihre Schulter hinweggrinste. Seine Sobrietät fand offenbar an diesem Anblick nichts Verwunderliches.
«Dorcas Slythe. Wollt Ihr Samuel Scammell, den Gott Euch anvertraut, zum Manne nehmen und mit ihm die Ehe nach Gottes Gebot und Verheißung führen? Wollt Ihr ihm gehorchen und dienen, ihn lieben und ehren in guten wie in schlechten Zeiten, und nur ihm die Treue halten, bis dass der Tod Euch scheidet?» Statt auf eine Antwort zu warten, las er seinen Text zügig weiter, um möglichst schnell fertig zu werden und seinen Lohn einstreichen zu können.
Grimmett musste sein Knie zurückziehen, als der Moment gekommen war, da Campion der Ring übergestreift werden sollte. Er hielt sie beim linken Handgelenk gepackt, während Goodwife Baggerlie Campions Finger auseinanderbog und ihrem Herrn entgegenstreckte. Bollsbie wartete, bis der Ring am Finger steckte, und beeilte sich, zum Schluss zu kommen. «Ihr habt Euch vor Gott und dieser Gemeinde zueinander bekannt und seid somit in den heiligen Stand der Ehe getreten …» Durch das Fenster zu seiner Linken drang ein flackernder Lichtschein ins Zimmer, wovon er sich aber nicht irritieren ließ. «Ihr habt Euch Euer Versprechen gegeben und einander gelobt …»
«Feuer!», rief Scammell.
Seine Sobrietät wurde lauter. «Und somit erkläre ich euch zu Mann und Frau. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.»
Ohne sich von dem Aufruhr ringsum beirren zu lassen, griff Bollsbie nach Grimmetts Beutel und fischte eine Flasche daraus hervor.
Die Ehe war geschlossen.
Weit vor sich sah Toby die Umrisse der London Bridge aufragen, einen dunklen Koloss,
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