Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
Vom Netzwerk:
deinen Umhang anhast – die Kuh könnte Futter brauchen.« Deliverance wandte sich wieder der Wärme in der Diele zu, während Mercy das Gesicht verzog, weil ihre Pläne durchkreuzt worden waren.
    »Ich habe ein Recht darauf zu erfahren, was geschehen ist!«, schrie sie mit rotem Gesicht.
    Deliverance drehte sich zu ihr um. Ihre Augen blickten kalt. »Wir brauchen auch noch mehr Feuerholz in der Küche«, sagte sie in dem Ton, der für Mercy immer das Zeichen war, dass es keine Widerrede gab, und schon eine Weile an ihren Nerven zerrte. Schimpfend und murrend raffte sie ihren Umhang zusammen und stapfte übel gelaunt in den eisigen Nachmittag hinaus.
    Der neuenglische Winter drängte sich wie eine eisige Wand gegen sie, als sie in den Hof trat; er prickelte auf ihren Wangen und blies ihr die Röcke gegen die Beine. Während sie zum Kuhstall hinter dem Haus trottete und ihre Füße mehrere Zoll weit in die Kruste aus frischgefallenem Schnee sanken, verspürte sie mit Groll, wie sich in ihr ein Gefühl der Erleichterung darüber breitmachte, dass ihre Mutter ihr verboten hatte, zu den Docks zu gehen. Hätte Deliverance es ihr nicht untersagt, wäre sie wohl in jedem Fall gegangen, allein aus Stolz. Dabei wurden ihr schon jetzt die Zehen in den Stiefeln taub.
    Nach etwa ein oder zwei Stunden waren ihre Pflichten erledigt, und sie zog die Hintertür mit einem behandschuhten Daumen auf und schichtete die Scheite so auf ihre Arme, dass sie beim Durchschreiten der Tür weniger im Weg waren. Sie stampfte mit den Füßen auf, um das meiste Eis zu entfernen, und betrat den Saal, ächzend vor Mühe. Mercy ließ das Holz auf einem Haufen neben der Feuerstelle fallen, wandte ihr
Gesicht dem Feuer zu und klatschte mehrfach in die Hände, damit das Gefühl in ihnen wieder zurückkehrte. Als sie sich zum Tisch umdrehte und Nathaniels verbeulten Hut vom Kopf nahm, erschrak sie, denn dort hockte Sarah Bartlett mit ihrer gewaltigen Leibesfülle bei ihrer Mutter. Das Gesicht der Gevatterin blickte ernst, und sie hatte die Hände über die von Mercys Mutter gelegt. Beide waren flüsternd in ein Gespräch vertieft.
    Deliverance schaute rasch auf, schluckte und sagte: »Da ist Gevatterin Bartlett, Mercy, und sie hat die Neuigkeiten mitgebracht, nach denen du trachtest.«
    Das Mädchen ließ sich auf der harten Bank nieder, die nah an den Tisch gezogen war, und musterte die beiden Frauen. »Einen guten Tag, Gevatterin Bartlett«, sagte sie und faltete die Hände im Schoß.
    »Dir auch, Mercy«, sagte Sarah Bartlett. Ihr sonst so frisches, gerötetes Gesicht war grau, ob nun vor Kälte oder Sorge, konnte Mercy nicht sagen.
    »Fahrt fort, Sarah«, sagte Deliverance. »Das soll auch Mercy hören.«
    Sarah Bartlett schaute von Deliverance zu dem Mädchen und wieder zurück. »Wenn Ihr meint«, sagte sie unsicher. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus, schüttelte den Kopf und schloss die Hände um den Becher mit heißem Apfelwein, den Deliverance vor sie auf den Tisch gestellt hatte. Mercy kam es in den Sinn, dass sie es nie erlebt hatte, wie Sarah über etwas schlecht redete. Es war gänzlich ungewöhnlich, ihre Nachbarin so ernst zu sehen. »Die Dinge nehmen einen schlimmen Lauf, Livvy. Ich werde einfach nicht schlau daraus. Am Morgen weilte ich im Dorf«, begann sie. »Dort sind sie wie von Sinnen, fast alle dort. Einige Mädchen, jünger als Eure Mercy hier, haben schon über einen Monat diese Anfälle, und auch die Tochter des Pfarrers ist unter ihnen.
Reverend Parris ist sich sicher, dass im Dorf der Teufel am Werke ist. Er hat auf der Kanzel dagegen gewettert und die gesamte Gemeinde dazu gedrängt, zu fasten und Gott um Vergebung anzuflehen. Und dann wurde bekannt, dass Mary Sibley Tituba, jene Rothaut in Parris’ Haus, darum gebeten hat, ihr einen Hexenkuchen zu backen.«
    Deliverance stieß einen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. »Und was für ein Rezept mag sie dafür wohl verwendet haben?«, fragte sie sich trocken.
    Sarah lächelte. »Sie hieß die besessenen Mädchen Wasser zu lassen, vermischte es mit etwas Roggenmehl und gab es dem Hund, weil sie dachte, der Hexenzauber würde so von den Mädchen auf das Tier übergehen und sie von ihren Qualen befreien. Hunde sind die Vertrauten von Hexen, hat sie gesagt.«
    Deliverance schnaubte missbilligend und nahm einen Schluck von ihrem Apfelwein. Mercy unterdrückte ein Kichern, und ihre Mutter warf ihr einen eisigen Blick zu. Mercy presste die Lippen zusammen und legte einen

Weitere Kostenlose Bücher