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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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Kombination mit Kreuzen ging. Sie blätterte, vorbei am Frontispiz, am Impressum, an den
Danksagungen. Schließlich kam sie zum Hauptthema des Buches, doch noch bevor sie sich dem ersten Kapitel, betitelt: »Aberglaube und Volkstradition« zuwandte, fiel ihr Blick auf einen groben Holzschnitt. Er zeigte eine junge Frau in einfacher, bäuerlicher Kleidung, die in der ausgestreckten Hand ein dickes Buch hielt. Connie zog die Brauen zusammen. Die Bildlegende besagte: Junge Frau bei der Ausübung von Schlüssel und Bibel. Anonymer Holzschnitt, East Anglia, 1587. Reproduziert in Maleficia Totalis, Sondersammlungen des Britischen Museums, siehe S. 43.
    »Wie bitte?«, fragte Connie laut, und spürte genau in diesem Moment eine weiche Hundezunge, die sie am Knie leckte. »Ach, hallo, Arlo«, sagte sie zu dem Tier, das unter dem schweren Sekretär aufgetaucht war. Er winselte. Sie blätterte zur Seite dreiundvierzig und fuhr mit der Fingerspitze darüber.
    »›… mussten oft auf Gegenstände zurückgreifen, die in jedem gewöhnlichen Haushalt zu finden waren‹«, las sie und begann oben auf der Seite. »›Ein alter Volkszauber, der in mehreren Quellen erwähnt wird und dessen Technik noch bis ins erste Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts praktiziert wurde, war das sogenannte Schlüssel und Bibel . Bei diesem einfachen Vorgang wurde ein Schlüssel so in ein großes, schweres Buch, gewöhnlich eine Bibel, gelegt, dass der Bart noch hervorschaute, und der Fragende stellte laut eine Frage, während er das Buch in der Hand hielt. Drehte sich das Buch um und fiel der Schlüssel heraus, dann konnte der Fragende davon ausgehen, dass die Antwort Ja gelautet hatte.‹«
    Während Connie das las, hatte sie das Gefühl, das Haus lege sich immer enger um ihre Schultern und quetsche sie in eine winzige kleine Schachtel. Sie las weiter: »›Eine Variante bestand darin, dass man dem Fragenden erlaubte, einen Namen oder eine Frage auf ein Stück Papier zu schreiben, was
dann zurück in den Schlüssel gesteckt wurde. Dadurch wurde die Frage präzisiert.‹«
    Connies Kopf fuhr hoch. Sie blätterte hektisch in den Papieren, bis ihre Finger auf den Schlüssel stießen, den sie den größten Teil des Sommers mit sich herumgetragen hatte. Langsam zog sie ihn aus ihrem Notizbuch, hielt ihn sich vor die Augen und drehte ihn beim warmen Schein der Öllampe hin und her. Ein Schimmern lief über den langen Schaft. Mit einem Daumennagel zog sie den winzigen zusammengerollten Zettel aus dem hohlen Schaft, der sie zum ersten Mal auf den Namen Deliverance Dane gestoßen hatte, und rollte ihn zwischen Finger und Daumen hin und her.
    Connies Gedanken wanderten zu jener ersten Nacht zurück, die sie in Grannas Haus verbracht hatte, schlaflos und voller Angst, während Liz ihren Schlafsack auf dem feuchten Quilt im oberen Stockwerk ausgerollt hatte und die Öllampe brannte. Was genau hatte sie in jener Nacht getan? Sie stand auf und nahm die Lampe mit hinüber zum Bücherschrank, um ihren Weg zurückzuverfolgen. Ich habe die zerlesene Ausgabe von Onkel Toms Hütte gefunden, erinnerte sie sich und legte die Hand auf den schmalen Romanband. Dann wanderte sie mit den Fingerspitzen an den braunen Buchrücken auf dem Regal entlang. Schließlich habe ich mir die dicken Bücher auf dem untersten Regalbrett angeschaut, dachte sie, ging in die Knie und hielt die Lampe in die Nähe der Buchrücken. Und dann habe ich die Bibel herausgezogen. Sie legte die Hand auf den dicken Schinken. Connie runzelte die Stirn.
    »Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich etwas laut gesagt oder eine Frage gestellt hätte«, sagte Connie zu Arlo, der ihr zu dem Bücherschrank gefolgt war. Er schaute gleichmütig zu ihr hoch. Sie führte den Daumennagel an ihren Mund und kaute einen Moment lang daran. »Aber gedacht
habe ich«, fuhr sie fort. »Ich denke immer.« Sie hielt inne. »Bloß was genau habe ich gedacht?«
    Sie beschwor ein Bild von sich herauf, wie sie in jener ersten Nacht im Pyjama dagestanden hatte, blickte auf jenes Phantombild von sich hinab, das in den ersten Kapiteln der Bibel blätterte. Sie sah sich lesen, und dann kniff sie die Augen zusammen, versuchte tiefer in diese erinnerte Version ihrer selbst hineinzublicken, die auf dem Boden kniete. Connie starrte angestrengt auf dieses Phantasiebild, bis sie sah, wie sie vor dem sengenden Schmerz zurückzuckte, der ihr in die Hand gefahren war und wie eine Art bläuliche Wolke oder Nebel von ihren Fingerspitzen

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