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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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zitterte, hielt sie die offene Gartenschere von sich weg, bis sie sich auf einer Höhe mit ihrer Schulter befand. Sie ließ das Sieb sinken, stellte es sanft genau zwischen die scharfen Klingen der Schere und legte ihre freie Hand auf ihren Rücken, ballte sie zur Faust. Sie grub die Fingernägel tief in ihre Handfläche, in der Hoffnung, sich mit dem scharfen Bohren von dem Schmerz abzulenken, der ihr bevorstand. Von einer Stelle weit hinter der Eisbox kam ein leises Winseln. »Gleich haben wir’s«, flüsterte
sie. »Wir halten das aus, oder?« Sie holte Luft, stieß sie aus, und dann sagte sie: »Okay.«
    Connie richtete sich wieder auf, und mit einer Stimme, die sie aus den tiefsten Tiefen ihrer Lunge holte, begann sie zu sprechen: »Liegt die Lösung in Deliverance Danes Buch der Schatten?«
    Kaum waren die Worte ausgesprochen, begannen im Inneren des Nudelsiebs blaue Funken zu sprühen. Es war wie ein eisiges Glühen, das pilzähnlich aus der Mitte des Metallsiebs emporstieg, über den Rand quoll wie Brot, das zu lange gegangen ist, und dann regnete es von allen Seiten Funken auf Connie herab, die prasselnd und knisternd auf allen Oberflächen der Küche niedergingen und ihr winzige Schläge im Gesicht, der Brust und auf Armen und Beinen versetzten. Ihr Arm fühlte sich an, als hätte jemand flüssiges Metall durch die Adern gegossen, das von den Fingerspitzen bis zum Hals wanderte, dann ihre linke Seite hinab bis ins Bein, bis in die Knöchel und Zehen. Sie presste die Lippen aufeinander, atmete schnell durch die Nase, bohrte sich die Fingernägel ihrer freien Hand so tief in das Fleisch der anderen Hand, dass sie spürte, wie sich das Blut an ihren Knöcheln sammelte.
    Das Nudelsieb klapperte und rasselte, die Schere öffnete sich mit solcher Wucht, dass sie ihr aus der Hand gerissen wurde, wie ein Propeller quer durch den kleinen Raum flog und mit einem dumpfen Klatschen auf den Türpfosten der Fliegentür traf, wo die Klinge sich zwei Zoll tief in das Holz bohrte. Einen Augenblick lang schwebte das Nudelsieb in der Luft, bevor es auf die Ecke des Hängeschranks geschleudert wurde. Dort, wo es abprallte, blieb eine Kerbe im Metall zurück, dann flog es in entgegengesetzter Richtung quer durch die Küche und landete an der Wand gegenüber, wo es ein weiteres Einweckglas vom Regal fegte, es zerschmetterte
und schließlich mit voller Wucht auf dem Boden auftraf, eine Scharte im Linoleum hinterlassend, die mehr als einen Zentimeter tief war.
    Connie beugte sich nach vorn, stützte die Hände auf die Knie. Ihr Gesicht war schweißgebadet, und sie keuchte, während der letzte der blauen Funken sich in das Innere des Nudelsiebs zurückzog, das zerbrochen und inmitten eines Regens aus abgeplatzter Emaille und Glasscherben auf dem Boden lag. Die Flamme in der Öllampe flackerte, die Schatten in der Küche hüpften und tanzten hinter Gegenständen, die sie warfen. Connie kniff fest die Augen zu, öffnete sie dann wieder und richtete sich langsam auf. Ein braunes Auge lugte aus dem unglaublich engen Spalt hinter der Eisbox hervor und blinzelte einmal.
    »Ist alles okay, Arlo«, sagte sie, als das Hundegesicht langsam auftauchte. »Jetzt weiß ich, was ich zu tun habe.«

ZWANZIG
    Cambridge, Massachusetts
Ende August 1991
     
    D er Mann vom Wachpersonal blickte kaum auf, als Connie ihm kurz ihren eingeschweißten Studentenausweis hinhielt. Er hatte neben dem metallenen Drehkreuz die Füße auf den Tresen gelegt, und die reich verzierte Marmoreingangshalle der Widener Library war erfüllt von der schläfrigen Stille eines Spätsommermorgens. Er nickte und ließ sie mit einem gleichgültigen Knopfdruck ein, ohne auch nur den Kopf von dem Kreuzworträtsel zu heben, das auf seinem Schoß lag. Connie marschierte in Richtung Katalograum und stopfte den Ausweis in die Gesäßtasche ihrer Shorts zurück. Das klatschende Geräusch ihrer Flipflops hallte durch die Gänge und weckte in ihr das Gefühl, ganz klein und unbedeutend zu sein, während sie auf die Computerterminals zuging.
    Es wartete eine Reihe von eintönig grünen Computerbildschirmen auf sie, die gelben Cursor blinkten einsatzbereit. Connie gab rasch ein paar Schlüsselwörter ein, wie: »Almanach«, »Deliverance Dane« und »Rezepturen für Medizin«. Die Katalogergebnisse endeten jedoch I972. Sie verzog das Gesicht und wandte sich dem imposanten Eichenkabuff zu, in dem die Bibliothekare des Nachschlageraumes saßen.
    Connie trommelte mit den Fingerspitzen auf

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