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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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schon wird es finsterste Nacht sein.«
    Deliverance blickte in die Runde der unbewegten Gesichter der Frauen. Gevatterin Josephs war die Einzige, die sie erkannte, obwohl sie vermutete, dass auch die anderen Hebammen waren. Wahrscheinlich hatten sie dem Gericht teilweise auch deshalb ihre Dienste angeboten, um zu verhindern, dass sie selbst fragende Blicke trafen. Es sind doch immer die Frauenzimmer, die so rasch bereit sind, einander zu verdammen , überlegte sie und fragte sich, warum das wohl so war. Frauen stellten für ihre Geschlechtsgenossinnen eine Bedrohung dar, die Männern gegenüber offenbar nicht wirksam war. Sie griff nach den Bändern, mit denen ihr Mieder geschnürt war, und begann sie zu lösen. Es war ein sonderbares Gefühl, sich zu entkleiden, während der Raum voller Menschen war, die zuschauten, die Arme verschränkt. Eine der Frauen hielt eine rauchende Kerze hinter der vorgehaltenen Hand. Im nächsten Moment stand Deliverance nur noch in Hemd, Haube und Strümpfen da und sah, dass ihre Manschetten, der Kragen und der Saum des Hemdes dort, wo sie aus dem Kleid hervorgelugt hatten, schwarz geworden waren. Sie rieb sich den Spann ihres Fußes mit den bestrumpften Zehen.
    »Hemd und Haube auch, bitte«, drängte Gevatterin Josephs sie weiter, und Deliverances Augen wurden ganz groß vor Angst. An das letzte Mal, das sie ohne Hemd dagestanden hatte, konnte sie sich kaum mehr erinnern. Selbst während
der schlimmsten Stunden, als sie mit Mercy in den Wehen lag, hatte sie ihr Hemd anbehalten, so durchtränkt mit Schweiß und Blut es auch war. Als sie noch jung waren, hatte Nathaniel sie lange beschwatzt, es einmal auszuziehen, aber noch Wochen nach ihrer Hochzeit hatte sie ihm dies verweigert. Während sie sich nun aus ihrer fleckigen Unterwäsche schälte, stieg das Bild jener einen Nacht in ihrer Erinnerung auf, in der sie seinen Bitten nachgegeben hatte. Damals stand sie nur in Strümpfen vor ihm, das Haar ungeflochten und weit über ihre Schultern fließend, die Arme um ihre Nacktheit geschlungen, während von hinten die Wärme des Herdfeuers an ihrem bloßen Hinterteil leckte. Oh, Livvy, wie schön du bist, hatte er gesagt.
    Deliverance warf das zerknüllte Kleidungsstück auf den Boden und schaute mit Verwunderung an ihrem nackten Leib hinab. Tiefe Schatten verliefen zwischen ihren Rippen und unter ihren Brüsten wie Täler, und ihre Hüftknochen stachen in einem unheimlichen Winkel aus ihren Lenden hervor, dort, wo die karge Gefängniskost all ihr Fleisch weggesogen hatte. Sie streckte die Hand aus, um die Nadeln aus der Kopfbedeckung zu ziehen, die sie stets trug, und ließ die Haube dann auf den Haufen übriger Kleidung fallen, der zu ihren Füßen lag. Dann bückte sie sich, um ihre gestrickten Strümpfe herunterzurollen, und stieg aus einem nach dem anderen heraus. Großer Gott im Himmel, Nathaniel, wie sehr sehne ich mich danach, dich wiederzusehen, dachte sie, während sie dastand, den Kopf gebeugt und das ergrauende Haar über ihr Gesicht drapiert, um die bebende Röte zu verbergen, die sich ihrer bemächtigte.
    Eine der Frauen, die sie nicht kannte, bedeutete ihr, sie solle auf den langen Tisch mitten im Saal klettern, und Deliverance tat, wie ihr geheißen, und streckte unter den grabschenden Händen der Hebammen Arme und Beine aus.
Von tiefer Scham gepackt, kniff sie die Augen fest zusammen, während die kundigen Finger der Frauen ihren Körper nach verräterischen Malen absuchten. Sie spürte, wie sie in den Haaren unter ihren Achseln herumstocherten, ihre Flanken hinabstrichen, stets im Schein der Kerze, deren warmer Kreis zuerst hinter ihre Knie und dann zu den geheimen Tiefen zwischen ihren Beinen wanderte. Ein weiteres Händepaar kämmte durch die Haare auf ihrer Kopfhaut, bewegte sich mit gleichmäßigen Strichen von ihrer Stirn bis in die Furchen hinter ihren Ohren.
    Deliverance spürte, wie die Kerze zwischen ihren gespreizten Beinen verweilte und ihre Flamme der zarten Haut ihrer verborgensten Stellen gefährlich nahe kam. Dabei hörte sie die ganze Zeit die Frauen leise wispern und diskutieren. Übernatürliche Auswüchse des Fleisches , hörte sie eine von ihnen murmeln, jemand machte sich Notizen, und am Ende des Tisches ertönte ein zustimmendes Brummen, während man mit rauen Fingern an ihr herumstocherte, sie spreizte. Heiße, elende Tränen traten in Deliverances Augen, quollen ihr aus den Augenwinkeln und flossen bis hinab in ihre Ohren. Dann wurde die Kerze

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