Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
Vom Netzwerk:
ausgedacht, sie anzurufen, hatte Nachrichten hinterlassen, die mit Fragen gepfeffert waren, als hätte sie das Gefühl, nur so ihre Mutter zum Zurückrufen bewegen zu können. Gewöhnlich war ihr kleiner Zimmergarten dazu ein willkommener Anlass.
    »Ach, Connie!«, rief Grace erleichtert. »Ja! Ja, ich hab angerufen. Nein, das passt schon. Wie geht es dir, mein Schatz?«
    »Toll!«, platzte Connie heraus. »Mir geht’s wirklich prima.
Natürlich bin ich wie durchs Wasser gezogen. Ich meine, heute war mein großer Tag.«
    »Ach ja?«, fragte Grace, und das knisternde Geräusch ihrer Finger, die irgendetwas in einer Schachtel suchten, kam durchs Telefon.
    »Nun ja«, sagte Connie, und ihr Lächeln welkte ein bisschen dahin. »Du weißt schon, meine Abschlussprüfung?«, bohrte sie weiter. Das Kramen war immer noch zu hören. »Ich hab dir doch mehrfach auf Band gesprochen. Diese große Prüfung, die ich ablegen muss, damit ich zur Doktorarbeit zugelassen werde.« Grace sagte immer noch nichts. Ihr Atem kam in kurzen Stößen, während sie den unsichtbaren Karton durch die Küche ihres ziegelgemauerten Hauses schleppte.
    »Die, worauf ich mich ein ganzes Jahr vorbereitet habe«, sagte Connie, und ihr Gesicht wurde ganz verkniffen vor Wut und Verletztheit. Ihre Brauen zogen sich finster über der Nase zusammen. Ohne es zu merken, war sie aufgesprungen, als könnte sie Grace stehend besser klarmachen, worum es ging. »Es war heute, Grace«, sagte sie, und ihre Stimme ging zu der barschen, enttäuschten Unterkühltheit über, die Connie schon als Teenager an den Tag gelegt hatte. Sie presste die Lippen zusammen, unterdrückte den Drang zu weinen, zu schreien, irgendetwas zu tun, das den Hinweis hervorrufen würde, sie müsse dringend mal wieder ihre Mitte finden.
    »Genau«, sagte Grace gleichgültig, und ließ den Hörer von einem Ohr zum anderen wandern. »Und jetzt hör mal zu, mein Liebes. Ich möchte dich um einen ganz wichtigen Gefallen bitten.«

DREI
    Marblehead, Massachusetts
Anfang Juni 1991
     
    I ch kann es immer noch nicht glauben, dass sie das getan hat«, fauchte Connie. Sie kurbelte auf ihrer Seite das Wagenfenster herunter und schnippte ein verschrumpeltes Apfelgehäuse hinaus, das auf dem Armaturenbrett gelegen hatte.
    »Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du das alles so an dich ranlässt«, sagte Liz milde und spähte auf die Landkarte, die sie wie eine Ziehharmonika auf ihrem Schoß ausgebreitet hatte. »Jetzt hier rechts raus.«
    »Wie konnte ich mich bloß breitschlagen lassen?«, brummte Connie. Ein gequältes Beben ging durch das rechte vordere Radhaus ihres rostgesprenkelten Volvo, als sie abbog.
    Liz holte entnervt Luft, bevor sie sagte: »Jetzt hör mal, du hättest schließlich nicht Ja sagen müssen. Du versuchst Grace die Schuld an allem in die Schuhe zu schieben, aber sie hat dich doch nicht gezwungen -«
    » Immer«, schnitt Connie Liz das Wort ab. »So ist es immer ! Sie hat irgendwelchen Mist gebaut, und ganz gleich, womit ich gerade beschäftigt bin, ich muss alles stehen und liegen lassen und bei ihr die Scherben aufkehren. Man könnte meinen, nach fünfundzwanzig Jahren Selbstverwirklichung müsste sie endlich in der Lage sein, selbst aus ihrem Schlamassel
rauszukommen.« Connie schaltete einen Gang herunter, während sie in einen einspurigen Kreisverkehr einbog. Zu ihrer Rechten schob sich die Halbinsel von Nahant in die See hinaus. Der Wagen geriet unter dem Gewicht von Connies Pflanzen und anderen Habseligkeiten leicht ins Schlittern. Auf dem Rücksitz saß, eingeklemmt zwischen zwei üppig wuchernden Töpfen mit Rosmarin und Minze, Arlo und folgte mit seinem kleinen Hundekörper den Bewegungen des Wagens. Ein dicker Sabberfaden hing aus seinem Maul.
    »Dann ist es also Graces Schuld, dass du Ja gesagt hast«, sagte Liz spitz. »Also wirklich, Connie, du bist doch genauso beteiligt.«
    »Was meinst du damit, genauso beteiligt?«, wollte Connie wissen und wischte sich mit dem Handrücken eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn. »Ich war vollkommen zufrieden! Ich habe einfach meine Arbeit gemacht ! Oje, schau dir Arlo an. Ich glaube, dem wird gleich schlecht.«
    »Warum hast du dich dann von ihr überreden lassen?«, hakte Liz nach.
    Connie seufzte. Natürlich hatte Liz Recht. Genauer gesagt hatte sie schon die letzten sechs Wochen Recht, und langsam ging Connies selbstgerechtem Zorn die Puste aus.
    »Bloß weil du Recht hast, bedeutet das noch lange nicht, dass ich

Weitere Kostenlose Bücher