Das Hexenkloster
hinterließ. Er rieselte von den Schultern bis zum letzten Wirbel hinab, aber ihr gelang auch ein erster kleiner Rundblick.
Kelly brauchte nicht viel Fantasie zu haben, um festzustellen, dass sie sich in einem Gewölbe befand, das wahrscheinlich unter der Erde lag, vergleichbar mit einem riesigen Grab.
Hier gab es keine Fenster, keine Fluchtmöglichkeiten, nur ein altes Mauerwerk. Von irgendwoher leuchtete ein grünliches Licht in dieses Gewölbe. Seine Quelle lag im Hintergrund, für den sich Kelly noch nicht interessierte. Da wurde sie durch eine Bewegung abgelenkt.
Eine dieser Frauen kam auf sie zu. Sie hatte etwas geholt, das sie nun mit beiden Händen festhielt und es regelrecht präsentierte.
Kelly Turner wunderte sich. Zuerst konnte sie mit dem Gegenstand nichts anfangen. Als die Person näher herankam, erkannte sie, dass es ein Stück Stoff war, das die Frau festhielt.
Aus dem Stück Stoff wurde ein Kleid. Das sah Kelly am Schnitt, und plötzlich fiel bei ihr der Groschen. Sie brauchte sich nur die Frauen in ihrer Nähe anzuschauen. Sie alle trugen dunkle Kleider, und ein solches Kleid hielt die Person in der Hand.
Es war schlicht genäht und ärmellos. Außerdem besaß das Kleid einen spitzen Ausschnitt und war bis zum Oberschenkel geschlitzt.
»Es ist für dich, Kelly«, sagte die Frau.
»Und?«
»Du musst es überziehen.«
Kelly wusste nicht, ob sie lachen oder den Kopf schütteln sollte. Zuerst hatte man sie nackt ausgezogen, und jetzt wurde ihr ein Kleid entgegengehalten, das sie überstreifen sollte. Sie begriff die seltsame Logik nicht, aber sie traute sich auch nicht, nach dem Grund zu fragen, und deshalb nickte sie nur.
»Sollen wir dir dabei helfen?«,bot die Fremde an.
»Nein, das schaffe ich.«
»Gut.«
Kelly nahm der Frau das Kleid aus der Hand. Der Stoff fühlte sich kühl und fließend an. Beinahe wie dünne Seide. Möglicherweise handelte es sich wirklich um dieses Material.
Es war kein unangenehmes Gefühl, als der Stoff über ihren nackten Körper glitt. Die Haut schien von zahlreichen Händen gestreichelt zu werden. Zudem hatte dieser Vorgang auch etwas Beruhigendes für Kelly an sich. Zumindest war sie nicht mehr nackt, und das war in ihrer Lage schon einmal ein Pluspunkt.
Sie stand da, schaute an sich herab und erlebte aus den Augenwinkeln mit, wie sich die anderen Weiber bewegten, sie passierten und dann vor ihr stehen blieben.
Drei Augenpaare schauten sie an. Drei Gesichter waren ihr zugewandt. Kelly überlegte fieberhaft, ob ihr eine der Frauen jemals über den Weg gelaufen war.
Nein, sie kannte keine. Alles fremde Personen. Frauen, die sich selbst zu den Hexen zählten, in deren Falle sie geraten war.
Aber warum?
Wieso hatte sie sich darin verfangen können ?
»Du siehst gut aus...«
Kelly konnte auf das Kompliment verzichten. Sie passte nicht zu dieser Sorte Frauen, aber sie erkannte, dass sie keine Chance hatte, ihnen zu entkommen
»Jetzt gehörst du fast zu uns, Kelly!«
Nur ihre Lippen zuckten. Eine Antwort sparte sie sich, denn sie wollte einfach nicht dazu gehören. Sie hasste diese Hexenweiber. Sie wäre ihnen am liebsten an die Kehle gesprungen und hätte sie niedergeschlagen. Doch es wäre sicherlich bei dem vergeblichen Versuch geblieben.
»Und jetzt kommst du mit, Kelly.«
»Wohin?«
»Du wirst es schon sehen.«
Kelly nickte. Es blieb ihr nichts anderes übrig. Sie war nur froh, dass man ihr die flachen Schuhe gelassen hatte. So brauchte sie nicht mit nackten Füßen über den alten Steinboden des Kellers zu laufen.
Als sich die drei Hexen umdrehten, setzte sich auch Kelly in Bewegung. Sie schwankte ein wenig – immer noch eine Nachwirkung ihrer Ohnmacht. Ihr Blick glitt nach vorne, dorthin, wo sich das grüne Licht ausbreitete.
Je näher sie ihm kam, umso mehr hatte sie den Eindruck, sich in einer großen fensterlosen Kirche zu befinden, die irgendwo versteckt in einer unheimlichen Welt lag.
Hier war alles anders. Das normale Leben lag weit zurück und schien in Vergessenheit geraten zu sein. Hier unten herrschten andere Gesetze, und der Begriff Hexe wollte ihr nicht aus dem Kopf, wobei sie damit noch einen anderen verband.
Teufel!
Hexe und Teufel – beides gehörte zusammen. Eine schaurige, eine schlimme Verbindung, die irgendwann in grauer Vorzeit geschlossen worden war und sich bis jetzt gehalten hatte. Jedenfalls verbanden die Menschen mit dem Begriff Hexen auch den des Teufels.
Bilder stiegen vor ihren Augen hoch, die sie mal in
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