Das Hexenkloster
sein.
Dafür entdeckten wir den grau schimmernden Knopf einer Klingel. Bill drückte ihn und flüsterte mir zu: »Wenn man uns hier kalt abfahren lässt, gibt es Ärger.«
»Warte erst mal ab.«
»Ich meine ja nur...«
Wir warteten. Bill war heute besonders unruhig. Er drückte zum zweiten Mal auf den Knopf. Diesmal sogar länger. Der Ton war kaum verklungen, als die Tür geöffnet wurde. Allerdings nicht weit, denn eine Kette gebot ihr Halt.
Das Gesicht einer Frau sahen wir und erkannten auch, dass sie so etwas wie eine graue Uniform trug.
»Bitte?«, fragte sie.
Ich hatte mich an Bill vorbeigedrängt. Meinen Ausweis hielt ich schon in der Hand. Wer die Chefin in diesem Kloster war, das wussten wir, und deshalb verlangte ich nach Mrs. Steel.
»Sie wollen mit der Direktorin reden?«, vergewisserte sich die Wärterin.
»Auch das.«
»Sind Sie angemeldet?«
»Nein«, antwortete ich.
»Dann kann man nichts machen. Melden Sie sich schriftlich an, und man wird ihnen einen Termin geben. Da könnte ja jeder kommen. Besonders die Presse, die wir nicht im Haus haben wollen.«
»Wir sind keine Journalisten«, erklärte ich. Dabei sah ich, dass die Frau die Tür wieder zuschlagen wollte, und ich stellte blitzschnell meinen Fuß dazwischen.
»He, was soll das?«
»Schauen Sie sich das an!«
Ich hielt ihr meinen Ausweis entgegen. Es war zwar nicht strahlend hell in der Umgebung, aber die Schrift auf meinem Ausweis konnte man lesen.
Die Frau schaute genau hin, nahm mir das Dokument aber nicht aus der Hand. »Sieht nach Polizei aus.«
»Sehr gut. Wir sind auch Polizisten. Scotland Yard.«
Zuckte sie zusammen? Oder war es nur eine Täuschung. So genau wusste ich das nicht. Aber sie kannte die Regeln. So war es für sie besser, wenn sie uns einließ.
Die Frau löste die Kette, und so konnten wir die Tür aufdrücken. Einen derartigen Knast hatten wir zuvor noch nie betreten. Es gab keine Gänge, keine vergitterten Türen, dafür eine Halle mit einem dunklen Steinboden.
Hier standen normalerweise auch Sitzmöbel und Tische. Die waren jetzt auch zu sehen, aber man hatte sie zur Seite geschoben und an den Wänden aufgestellt, damit die Frauen den Boden ungehindert wischen und wienern konnten.
Da die Halle sehr groß war, teilten sich vier Frauen die Arbeit. Sie schauten kaum auf, als wir eintraten, und mir kamen sie irgendwie eingeschüchtert vor.
Von der Decke hingen nach unten offene Lampen herab. Das gelbe Licht streute sich wie Stroh über den Steinboden. Ich sah im Hintergrund eine Treppe und an der rechten Seite den Beginn eines Gangs, in dem das Licht recht trübe war.
»Wie gesagt«, sprach ich die Empfangstante an, »möchten wir die Chefin sprechen.«
Die Frau zog ihre dicken und buschigen Augenbrauen zusammen. »Ich werde sehen, was sich machen lässt.«
»Gut, dann...«
»Nein, nein!« Sie legte mir eine Hand flach gegen die Brust. »Warten Sie bitte hier. Ich muss erst mit Mrs. Steel reden.«
»Wissen Sie denn, wo sie zu finden ist?«
»Ich schaue im Büro nach.«
»Tun Sie das.«
Die Wärterin verschwand. Sie hatte einen dicken Hintern und einen Watschelgang.
Bill Conolly machte ein Gesicht, als wäre er leicht pikiert. Er schob die Unterlippe vor und fragte mit leiser Stimme: »Und? Was sagst du dazu?«
»Ich mache mir Gedanken.«
»Worüber?«
»Ob du dich mit deinem richtigen Namen vorstellen solltest. Conolly könnte der Chefin bekannt sein, und sie könnte, wenn sie auf Zack ist, ihre Schlüsse ziehen.«
»Guter Gedanke. Dann heiße ich Bill Snider.«
»Abgemacht.«
Wir mussten noch warten. Die Frauen hatten bemerkt, dass ihre Aufpasserin verschwunden war. Das nutzten sie aus, um eine kleine Zwischenpause einzulegen.
Es war kein normales Gefängnis, das stimmte schon. Trotzdem hätte es mir hier nicht gefallen. Es lag nicht nur an den dicken Mauern, sondern auch an der Atmosphäre, die hier herrschte. Ich empfand sie als bedrückend, und sie schien mir die Luft zum Atmen zu nehmen. Über unseren Köpfen zeigte die Decke eine mausgraue Farbe, und damit konnte auch kein Mensch so richtig glücklich werden.
Wenig später watschelte die Wärterin heran. Ihr Gesicht blieb weiterhin unbewegt, und ich fragte mich, ob sie überhaupt lachen konnte. Wahrscheinlich hatte sie es hier verlernt.
Vor uns blieb sie stehen. »Sie haben Glück.«
»Dann ist die Chefin also bereit?«, fragte Bill.
»Ja, aber auch ihre Zeit ist begrenzt. Daran sollten Sie denken, meine Herren.«
»Das tun wir
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