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Das Hexenkloster

Das Hexenkloster

Titel: Das Hexenkloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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unter sechs Augen sprechen«, fügte Bill hinzu.
    Begeistert sah die Leiterin der Anstalt nicht eben aus. Man soll sich ja nicht auf Äußerlichkeiten verlassen, aber wenn ich mir diese Person so anschaute, so konnte ich sie mir wirklich nicht als Frau vorstellen, die man als verständnisvolle Person bezeichnen würde. Sie war mehr der Typ Lageraufseherin. Es konnte natürlich sein, dass ich mich irrte, aber daran glaubte ich nicht recht.
    »Sie ist doch hier, oder?«, fragte Bill.
    »Ja, das schon. Im Winter haben unsere Frauen keinen Außendienst.«
    »Im Sommer denn?«
    »Sicher«, entgegnete sie. »Sie arbeiten in einer großen Gärtnerei. Dort fühlen sie sich sehr wohl, aber in dieser Jahreszeit liegt einiges brach.«
    »Und Kevin ist auch bei seiner Mutter?«
    »Richtig, Mr. Snider!«
    Bill schüttelte den Kopf. »Eigentlich geht es mich ja nichts an, ich frage trotzdem. Muss ein Junge in seinem Alter denn nicht in die Schule?«
    Marnie Steel konnte plötzlich lächeln. »Dafür sorgen wir. Der Junge erhält hier in der Anstalt seinen Unterricht. So muss es auch sein, denke ich. Ich denke, dass es sogar vorteilhafter ist, als würde er in die normale Schule gehen.«
    »Das kann sein«, sagte ich. »Jetzt wollen wir Sie nicht länger aufhalten, Mrs. Steel. Es wäre wirklich nett, wenn Sie uns den Weg zu den beiden zeigen würden.«
    Sie schaute uns an. Begeisterung war in ihrem Blick nicht zu lesen. Ich konnte mir vorstellen, dass sie mehr als sauer war, aber sie überspielte es und gab keinen Kommentar, als wir aufstanden.
    Erst an der Tür fing sie wieder an zu reden. »Ich möchte nicht, dass sie die Frau zu sehr aufregen. Unsere Gäste leben hier in einem völlig anderen Kosmos, an den sie sich auch gewöhnt haben. Wenn sie plötzlich mit der Welt dort draußen konfrontiert werden, ist das nicht so gut. Finde ich.«
    »Keine Sorge, Mrs. Steel. Wir kennen uns aus und wissen, wie man dann mit umgeht.«
    »Ja, das hoffe ich auch.«
    Allein fanden wir den Weg nicht, und deshalb mussten wir es zulassen, dass uns die Frau begleitete.
    Dass in diesem ehemaligen Kloster zahlreiche Menschen lebten, war für uns nicht zu hören und auch nicht zu sehen. Es blieb ruhig, auch als wir die erste Etage erreicht hatten und durch einen langen und breiten Flur schritten, dessen Decke recht hoch über unseren Köpfen lag. Nur zweimal sahen wir eine Frau, die ein Zimmer verließ und sich beeilte, von uns wegzukommen. Sicherlich lag das nicht an unserer Anwesenheit, sondern an der unserer Begleiterin.
    Vor einer der üblichen schlichten Türen blieben wir stehen. Sie besaß von außen einen Riegel, war aber nicht durch ihn verschlossen worden. Das passierte erst später am Abend, wenn Ruhe herrschen sollte, wie uns Mrs. Steel vor dem Anklopfen berichtete.
    Sie öffnete die Tür und rief dabei den Namen der Insassin. »Besuch für Sie, Ellen.«
    »Wieso?«
    »Ja, hier wollen Sie zwei Männer sprechen.« Sie zog die Tür ganz auf, sodass Ellen uns sah und wir sie ebenfalls.
    Die Gefangene war eine Frau, die sicherlich älter aussah als sie es in der Wirklichkeit war. Die Haut hätte frische Luft vertragen können. Sie sah blass und grau aus. Schmale Lippen, fast schon welkes Fleisch an den Wangen, traurige Augen und Haar, das eine starke Graufärbung bekommen hatte. Trotzdem wirkte sie nicht ungepflegt. Eher wie ein Mensch, der die Hoffnung aufgegeben hatte.
    »Das sind Mr. Sinclair und Mr. Snider, die Sie unbedingt sprechen möchten, Ellen«, stellte Marnie Steel uns vor.
    »Ich kenne die beiden Männer nicht«, lautete die spontane Antwort.
    »Aber Sie wollen mit Ihnen reden, klar?«
    »Kommen Sie herein«, flüsterte Ellen und streifte uns mit ihrem ängstlichen Blick.
    Ich drehte mich zu Marnie Steel um. »Das ist es dann wohl vorerst gewesen.«
    »Gut.« Sie drehte sich bereits ab. »Falls Sie mich brauchen, sagen Sie durch das Haustelefon Bescheid.«
    »Gern.«
    Ihrem Gesicht war anzusehen, dass sie alles andere als begeistert war, einen Rückzieher machen, zu müssen, aber wir waren in diesem Fall die Stärkeren.
    Ich schloss die Tür, nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass sie tatsächlich verschwunden war. Mit einem raschen Blick schaute ich mich um.
    Luxus gab es hier nicht. Gitterstäbe vor dem Fenster sah ich allerdings auch nicht. Der Raum war auch nicht viel größer als eine Zelle, aber es gab ein zweites Bett für den Jungen, und ich entdeckte auch eine weitere Tür, die wahrscheinlich zu einer Toilette

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