Das Hexenkloster
sagen«, erklärte ich. »Uns verabschieden werden wir uns nicht. Es gibt da diesen Keller. Ihr Sohn hat uns den Beweis erbracht. Und diese unterirdische Welt werden wir finden, darauf können sie sich verlassen.«
Ellen Rankin erschrak nach meinen Worten. »Sie ganz allein? Wollen Sie denn keine Verstärkung holen?«
»Das ist bestimmt nicht nötig«, sagte ich.
»Aber das kann gefährlich werden. Kevin hat ja nicht genau gesagt, was er unten erlebt hat, seine Angst war einfach zu groß.«
»Furcht gehört zum Leben, Mrs. Rankin«, erklärte ich. »Für uns ist wichtig, weshalb sich Ihre Leidensgenossinnen so verändert haben, und ich denke, wir beide haben da bereits einen Verdacht.«
»Welchen denn?«
Ich schüttelte den Kopf. »Den werden wir für uns behalten, Mrs. Rankin, denn wir wollen Sie nicht nervös machen. Bleiben Sie und Kevin hier im Zimmer, das ist am besten. Um alles andere werden wir uns kümmern...«
Ike Turner ging es schlecht. Ihm war übel, ihm war kalt. Er fühlte sich ausgelaugt, und wenn er auf den Beinen stand, dann überkam ihn ein heftiges Schwindelgefühl.
Aber es steckte auch eine Energie in seinem Körper, die ihn antrieb, nicht aufzugeben. Und diese Energie hing vor allen Dingen mit seiner verschwundenen Frau zusammen. Er sah nicht ein, dass er sich erpressen ließ. Da konnte ihm diese Person noch so drohen, immerhin hatte sie nichts von einer Freilassung im Gegenzug gesagt.
Deshalb wollte sich Ike Turner selbst auf den Weg machen. Er besaß nicht viele Informationen, aber er ging davon aus, dass er wusste, wo sich seine Frau aufhielt. Ein anderes Versteck als das Kloster kam für ihn nicht in Betracht, und so nahm er sich vor, ihm einen Besuch abzustatten. Aber einen, mit dem sie nicht rechneten .
Ike wäre am liebsten so schnell wie möglich losgelaufen. Aber er war auch Realist und konnte seine Kräfte gut einschätzen. Er durfte sich auf keinen Fall übernehmen, sondern musste sehr planvoll zu Werke gehen.
Ike Turner war normalerweise ein Mensch, der in sich selbst ruhte. Das war für ihn ein Vorteil, denn so überhastete er nichts. Er kannte seine Chancen und wusste auch, dass er sich Zeit nehmen musste. Eine überhastete Rachetour brachte nichts.
Naturschützer, Umweltfreak, ein Mensch des Friedens. So sah sich Ike Turner selbst. Aber es gab auch eine andere Seite an ihm, und die war geweckt worden.
Man konnte von einem Selbsterhaltungstrieb sprechen. Der allerdings bezog auch seine Frau mit ein. Ob ihm oder ihr etwas passierte, das war für ihn das Gleiche. Er setzte sich für seine Frau ebenso hart ein wie für sich selbst.
Niedergeschlagen zu werden hatte ihm sehr zu schaffen gemacht. Wo mancher sich hingelegt und gewehklagt hätte, baute sich bei ihm die Wut auf. Er stellte sich vor, wie er gegen dieses Weibsstück Vorgehen würde, und da er wusste, dass man die Frau nicht unterschätzen durfte, wollte er nicht unvorbereitet das Kloster besuchen.
Er wollte seinen Plan nicht als Gewalt bezeichnen, aber manchmal gab es keinen anderen Weg. Da musste man drohen und zur Not auch entsprechend handeln, um sich nicht unglaubwürdig zu machen.
Sein Haus besaß keinen Keller. Aber es gab eine Abstellkammer, in der er einiges aufbewahrte, das nicht unbedingt jeden Tag benutzt wurde. Unter anderem stand dort ein Gewehr. Munition gab es auch genügend, und er wusste auch, wie man mit der Waffe umging. Das hatte ihm ein befreundeter Förster beigebracht, und Ike war ein guter. Schüler gewesen.
Er schloss den Schrank auf. Unter der Decke war eine schmale Lichtleiste angebracht worden. Sie flackerte kurz auf, und es war hell. Sein Blick glitt über das Werkzeug, das hier stand. Es waren auch Reinigungsmittel vorhanden und alte Kleidung. Dahinter musste sich die Waffe befinden.
Ike räumte die Kleidung zur Seite, griff in eine Ecke und ertastete das Gewehr.
Es steckte noch in dem Futteral, in dem es immer gewesen war. Er hatte es auf einem seiner Streifgänge in einem Gebüsch neben einem kleinen Bach liegend gefunden.
Das war jetzt fast zwei Jahre her. Zunächst hatte Ike darüber nachgedacht, es bei der Polizei als Fundsache abzugeben. Doch ihm war noch eine andere Idee gekommen.
Er dachte daran, dass seine Frau und er recht einsam lebten. Er wollte nicht behaupten, dass er Furcht vor einem Überfall hatte, aber sicher war sicher. Also hatte er die Waffe behalten.
Er hatte sie ausprobiert. Er hatte sie ge- und entladen und sich mit ihr vertraut gemacht. Er war sich
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