Das Hexenkreuz
also die Unterstützung der
Mitglieder des Sol-Invictus- Bundes. Ihr wollt mir weismachen, dass diese
Männer und Frauen tatsächlich glauben, dass sie nach dem Sturz der Kirche, den
Sol-Invictus-Kult erneut etablieren werden können? Verzeiht, aber das Ganze ist
absurd, völlig lächerlich und zum Scheitern verurteilt.“
„Ihr irrt:
Es ist ganz und gar nicht lächerlich. Denn wie Ihr eben selbst sagtet, sie
glauben … Und glaubt mir : Ausnahmslos jeder, der die Macht des Glaubens
bisher unterschätzt hat, hat dies stets bitter bereut. Doch ich stütze mich
nicht allein auf die Kraft des Glaubens. Kaum minder mächtige Waffen sind der
Hass und die Gier nach Macht und Gold. Die Mitglieder meines Bundes sind alle einflussreiche
Persönlichkeiten, die Nachkommen der alten römischen Herrschergeschlechter, der
Julier, Aurelier, Claudier. Das macht sie zu eingeschworenen Feinden des
Kirchenstaates. So wie der Jesuitenorden den Glauben gestreut hat, hat er auch
den Hass gesät. Auf die Jünger Ignatius stützt sich ein Großteil der Macht des
Papsttums. Doch die Pfeiler des Ordens schwanken bereits - erzkatholische
Länder wie Spanien und Portugal und letzthin die Franzosen haben ihn verboten.
In halb Europa werden die Jesuiten verfolgt. Sie werden eingesperrt, gefoltert,
getötet. Dem Papst wird bald keine andere Wahl mehr bleiben, als den Orden
unter dem Druck der Könige Europas zu verbieten. Die Lutheraner, die Freimaurer
und die Jansenisten sind meine heimlichen Komplizen. Nicht zu vergessen, die aufkeimende
Bewegung der Aufklärung, die vehement dafür eintritt, zum Denken den eigenen
Verstand zu benutzen, anstatt sich alles vom Klerus vorschreiben zu lassen. Schon
heute hat der Papst mit derart vielen verschiedenen Gruppierungen und
Anfeindungen zu tun, dass er die wahre Gefahr zu spät erkennen wird. Dem
Jesuitenorden gebe ich höchstens noch die Frist von einem Jahr, dann wird er
endgültig Geschichte sein. Ihr werdet es bald erleben: Der Untergang des
Papsttums wird durch die Vernichtung des reichsten und mächtigsten Orden des
Christentums eingeleitet werden.“
Emilia
empfand Beatrices Argumentation als geradezu aberwitzig. Energisch schüttelte
sie ihren Kopf, als sie anführte: „Ihr habt in Euren Kalkulationen den
wichtigsten Faktor außer Acht gelassen. Nämlich, dass der Orden des Ignatius
erst seit gut zwei Jahrhunderten existiert, während das Christentum bereits
mehr als 1700 Jahre währt. Könnt ihr mir eine Institution benennen, die es auch
nur annähernd auf diese Zeitspanne bringt? Steht nicht geschrieben, die Kirche
wird ewig währen? Was bedeutet da schon ein Orden weniger für das Papsttum? Das
Christentum wird dadurch kaum so geschwächt werden, dass es kollabieren wird.
Es ist kein Gebäude, das ein Erdbeben zerstören kann. Man kann das Christentum
nicht einfach ausmerzen, es sind der Glaube und die Menschen, die das
Christentum stützen. Wirklich, Euer Optimismus scheint bei weitem die realen
Gegebenheiten zu übersteigen.“
Beatrice
hatte ihr ungerührt zugehört. „Eines nach dem anderen“, erwiderte sie ruhig.
„Zunächst säen wir den Zweifel. Und der Zweifel, meine Liebe, ist der größte
Feind des Glaubens. Ihr sagtet es eben selbst: Es ist der Glaube , der die Pfeiler des Christentums stützt. Die Mitglieder meines Bundes glauben fest an ihre heilige Mission. Darüber hinaus stehen mir weitere Mittel zur
Verfügung, die zu gegebener Zeit zum Einsatz kommen werden. Seit langem ist mir
bekannt, wie sehr die Kirche ihre Gläubigen betrügt. Und bald werde ich den Beweis
dafür in Händen halten: Die wichtigste Reliquie des Christentums, die auch den
letzten Zweifler vom Jahrhunderte währenden Betrug der Päpste und ihrer
Handlanger überzeugen wird. Doch das soll nicht Eure Angelegenheit sein.
Zunächst stürzen wir den Jesuitenorden und hier kommt Ihr ins Spiel!“, ergänzte
Beatrice.
Emilia
versuchte sich ihre Bestürzung nicht anmerken zu lassen. Ihr Bruder und
Francesco hatten mit ihrem Verdacht richtig gelegen! Beatrice musste am
Mordkomplott gegen Papst Clemens XIII. beteiligt gewesen sein, ansonsten ließe
sich kaum erklären, warum sie von der Reliquie wusste. Bewusst begriffsstutzig
erwiderte sie: „Ich? Wie kommt Ihr darauf?“
„Ihr
enttäuscht mich. Stellt Euch nicht dümmer, als Ihr seid. Ihr kennt die
Prophezeiung Eurer Geburt. Euer Schicksal ist eng mit dem der Jesuiten
verknüpft. Es ist kein Zufall, dass Euer Bruder Jesuit geworden ist.“ Beatrices
Ton
Weitere Kostenlose Bücher