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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Alles lief gut, bis diese dämliche Ziege aufgetaucht ist. Dein
Araber ist ja ein schönes Tier, aber reichlich nervös, wenn du mich fragst. Die
Ziege macht also Mäh, das Pferd steigt und ab ging es. Ich durch den Bach
hinterher und die Stute hinter mir. Plötzlich tauchten diese beiden Männer aus
dem Wald auf. Dass sie nichts Gutes im Schilde führten, habe ich ihnen gleich
angesehen. Ich bin einfach weiter gerannt. Auf der Lichtung haben sie mich dann
gestellt. Den Rest kennst du.“
    „Und beinahe
hätten sie… Ach, Serafina, ich mag mir gar nicht ausmalen, was alles hätte
passieren können. Nur, weil ich eingeschlafen bin“, sagte Emilia geknickt.
    „Es ist ja
alles gut ausgegangen. Außerdem, du warst genauso müde wie ich. Ich an deiner
Stelle hätte meine Augen keine fünf Minuten länger offen halten können“, erteilte
ihr Serafina Absolution.
    „Du machst
es mir zu einfach, Serafina. Ich habe mich benommen, als befände ich mich auf
einem fröhlichen Jagdausflug. Jetzt haben wir das Leben zweier Menschen auf dem
Gewissen. Ich verspreche dir, mich zu bessern“, sagte Emilia mit Nachdruck,
doch ihre Stimme zitterte dabei. Die Nachwirkungen des Kampfes und die
Erkenntnis, einen Menschen getötet zu haben, steckte ihr noch in den Gliedern.
    Serafina
verstand, was sie bewegte. „Du solltest dir wegen der beiden Spitzbuben keine allzu
großen Gedanken machen. Glaub mir, sie sind es nicht wert. Es hieß sie oder
wir“, sagte sie grimmig. „Und wer kann schon sagen, wie viele Menschenleben sie
bereits auf dem Gewissen hatten und wie viele schändliche Taten sie in der
Zukunft noch verbrochen hätten? Oder nimmst du etwa an, dass sie sich die
schönen Goldstücke auf redliche Art und Weise verdient haben?“ Inzwischen
hatten sie ihren Rastplatz erreicht. Gleichzeitig, als probten sie ein Duett,
riefen sie: „Oh, nein. Schon wieder diese Ziege!“ Emilias Freundin war immer
noch da. Sie stand mit gerecktem Hals vor dem Strauch und tat sich seelenruhig
an Emilias rotem Prunkstück gütlich. Mit einem Schrei stürzte sich Emilia auf
sie: „Heja, weg da! Wirst du wohl verschwinden!“ Unwillig trottete die Ziege
einige Meter weiter, dann blieb sie wiederkäuend stehen.
    „Dein Sattel
scheint ihr zu schmecken“, kicherte Serafina. „Übrigens, du solltest auf deinen
Allerwertesten achten - nicht dass er hinterher so eingefärbt ist wie das Maul
unserer Feinschmeckerziege. Puh, als hätte sie Blut getrunken.“ Serafina
schüttelte sich in gespieltem Entsetzen.
    Emilia, mit
einem Taschentuch emsig dabei, den Ziegensabber von ihrem Schatz zu tilgen, hob
irritiert den Kopf. Tatsächlich war der Bart des Tieres rot eingefärbt.
    „Meinst du
nicht, dass…“, begann Serafina vorsichtig. Sie rechnete bei ihrem Vorschlag mit
heftiger Gegenwehr.
    „Was?“
    „Dass es vielleicht
vernünftiger wäre, den Sattel zurückzulassen. Er ist bei weitem zu auffällig.“
    „Nein.“
Emilia warf sich über den Sattel und drückte ihn mit der Inbrunst eines Liebhabers
an sich.
    Serafina
betrachtete sie mit leisem Spott: „Tatsächlich, du siehst aus wie die Madonna
mit dem Kind. Für jemanden der gestern noch vollmundig bekundet hat, sich
absolut nichts aus Reichtümern zu machen, hat es dir diese scharlachfarbene Extravaganz
hübsch angetan. Denk nach. Sie werden uns suchen und in der Beschreibung wird
es heißen: Zwei junge Mädchen mit edlem schwarzen Araber und reich besticktem
Sattel. Dein rotes Prachtstück wird die Geier anlocken, als hätten wir uns mit
Aas eingerieben.“
    Störrisch schüttelte Emilia den Kopf.
    Serafina
schnaubte. „Überleg es dir. Ich gehe die Ziege melken. Ihr Euter ist prall wie
ein Wasserschlauch. Wäre schade um die schöne Milch.“ Emilia sah ihr nach. Ihre
Freundin Serafina konnte jeder Situation etwas Praktisches abgewinnen. Angenehm
gesättigt von der Milch, sattelten sie eine halbe Stunde später wieder auf -
mit beiden Satteln. Sie verließen jetzt die Emilia vertrauten Gestade und es
wurde zu gefährlich in dem unwegsamen Gelände nachts zu marschieren. Sie
übernachteten im Schatten eines hohen Felsens und zogen bei Tagesanbruch
weiter. Wald und felsiges Gelände wechselten sich ab. Immer wieder mussten sie
absitzen und ihre Pferde über schmale Pfade an schwindelerregenden Abgründen vorbeiführen.
Viel zu oft endete der Weg im Nirgendwo, einem unüberwindbaren Felsen oder sie
scheiterten an einem Wald von Weißdorn, Brombeer- oder Ginstergebüsch. Bald
hatten sie das

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