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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Steinwänden, die Elvira teilweise mit meerblauen, silberdurchwirkten
Wandteppichen geschmückt hatte. Ihre Füße versanken in einem herrlich weichen Teppich
aus zusammengefügten Lammfellen. Auf dem erhöhten Bett lag ein türkisfarbener,
mit Kaninchenfell gefütterter Überwurf. Emilia hatte das Gefühl, eine Insel
inmitten eines Meeres zu betreten. Staunend sah sie sich um. „Aber, es ist
einfach wunderbar!“, rief sie. „Woher kannte Donna Elvira nur so genau meinen
Geschmack?“, wunderte sie sich, während sie staunend wie ein Kind durch das
Zimmer streifte.
    „Heißt es
nicht, sie wäre eine Hexe?“, schmunzelte Sergej. „Zumindest scheint dies die
tiefste Überzeugung dieses übel gelaunten Pfaffen zu sein. Meiner Treu, jeden
Moment habe ich erwartet, dass er die gute Frau mit Weihwasser besprenkeln
würde“, fuhr er fort. Er fing seine Frau mit einem Griff ein. „Kommt her,
Fürstin Wukolny, und lasst Euch von Eurem Manne küssen.“ Ihre Lippen fanden
sich zu einem nicht endenwollendem Kuss. Sehr schnell wurden Sergejs Hände
fordernder und tasteten nach den Bändern ihres Schnürleibes.
    „Sagtest du
nicht eben noch, du wärst müde, liebster Herr Gemahl?“, zog ihn Emilia leise
auf, während er sie mit seinen starken Armen aufhob und auf das Bett niederlegte.
    „Selbst noch
im Tode würde ich dich begehren, mein Herz“, flüsterte Sergej heiser und legte
sich zu ihr. Emilia beugte sich über ihn und ihr gelöstes Haar umfing ihn wie
eine seidene Wolke. „Bleib ruhig liegen, Liebster. Du hast mir schon so viel
Freude geschenkt, nun möchte ich dich beschenken. Lass mich dich mit dem Mund
verwöhnen.“ Sie begann, ihn langsam zu entkleiden, während sie jede neu entblößte
Stelle mit federleichten Küssen bedeckte. Ihre Lippen fanden sein Geschlecht
und umschlossen es. Sergej japste so laut auf, dass Emilia den massiven Mauern der
Burg dankte.
    „Du bist
einfach wunderbar, meine Rose“, keuchte er und umfing ihre zarten Hüften. Lustvoll
bog er sich ihr entgegen. Emilia folgte seiner Einladung. Sie senkte sich auf
ihn und nahm ihn tief in sich auf. Wie die Blüten einer Rose im Wind begann sie
sich auf ihm zu wiegen und entfachte bald einen Sturm. Auf den Wellen der Lust
trieben sie dem Morgen entgegen.
     
    Ihr Glück währte zwei wunderbare Jahre. Dann traf im März
1772 ein Brief mit dem zaristischen Siegel ein.
    Die Zarin
Katharina rief ihren Feldmarschall Fürst Wukolny zurück an den Hof in Sankt
Petersburg. Katharina führte seit Jahren Krieg gegen die Türken, um sich den
Zugang zum Schwarzen Meer zu erzwingen. Nun forderte die Souveränin die Dienste
eines ihrer fähigsten Anführer ein.
    „Musst du
wirklich gehen? Ausgerechnet jetzt?“, versuchte Emilia ein letztes Mal das
Unvermeidliche aufzuhalten. Es war noch sehr früh am Morgen, der Tag hatte kaum
begonnen. Die wenigen Fackeln warfen ihr Licht auf Emilias Gesicht und
verliehen ihren Zügen etwas Ätherisches, als wäre sie nicht von dieser Welt.
    Sie befanden
sich allein im Hof der Villa Meraviglia. Nach ihrer Heirat hatte Sergej sein
kleines Stadtpalais aufgegeben und war zu ihr gezogen. Der Russe prüfte ein
letztes Mal seinen Sattelgurt. Seine Männer hatte er bereits am Tag zuvor zur
Küste vorausgeschickt. Für eine letzte Nacht mit seiner Frau hatte er riskiert,
sein Schiff zu verpassen.
    Emilias
Augen füllten sich mit Tränen. Eine abgrundtiefe Traurigkeit hatte sich ihrer
bemächtigt, die weit über den gewöhnlichen Abschiedsschmerz hinausging. Sergej
und sie hatten sich verzweifelt geliebt und keine Minute dieser Nacht mit
Schlaf vergeudet. Trotzdem fühlten sich diese letzten, gemeinsam verbrachten
Stunden für Emilia schon jetzt wie eine lang vergangene Erinnerung an.
    Sergej
wandte sich ihr nun zu und sah die Tränen in ihren Augen schimmern. Ihre Hand
lag unbewusst schützend auf ihrem Leib. Seit kurzem wusste sie, dass sie
Sergejs Kind unter dem Herzen trug. Sergej konnte sein Glück darüber kaum
fassen, als sie es ihm anvertraut hatte. Hatte ihr Gemahl sie bisher auf Händen
getragen, so behandelte er sie nun wie zerbrechliches Porzellan und wagte kaum
mehr sie zu umarmen, geschweige denn sie zu lieben. Emilia hatte ihn energisch
dazu auffordern müssen.
    Allein der
Gedanke, dass er sie nun auf unbestimmte Zeit verließ und sie ihr Kind ohne ihn
würde gebären müssen, verursachte Emilia Übelkeit. Sergejs beständige Liebe
umgab sie wie eine schützende Hülle, die alles Unheil von ihr fern hielt.

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