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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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gebaut und besaß ausgeprägte
Gesichtszüge. „Hat er etwas gesagt?“, fragte sie flüsternd.
    „Nein. Warum
flüsterst du? Er kann dich nicht hören, er ist weiterhin bewusstlos“, gab
Serafina in normalen Tonfall zurück.
    „Hatte er
irgendetwas bei sich?“
    „Wenn du
damit einen Brief oder eine Botschaft meinst, ich habe bereits nachgesehen.“
    „Ja, und?“,
hakte Emilia ungeduldig nach.
    „Nichts,
ausser einer Bibel.“
    „Gib sie
mir!“
    „Sie liegt
dort auf dem Tisch.“ Serafina zeigte mit dem Kopf auf ein chinesisches
Lacktischchen.
    Die Bibel,
der man den ständigen Gebrauch ansah, lag neben einer schmalen Kristallvase,
aus der eine einzelne perfekte Rose blutete. Emilia blätterte das Buch rasch
durch und schüttelte anschließend auch die Seiten aus. Lediglich auf der
Innenseite des Bandes waren handschriftlich einige verblasste Buchstaben
vermerkt: R.B.S.J. Befremdet verfolgte Serafina ihr Tun. „Sag, suchst du nach
etwas Bestimmtem?“
    „Ich bin mir
nicht sicher.“ Emilia widerstrebte, es vor den Ohren des Verletzten von Donatus´
Warnung zu sprechen. Sie musste Serafina kurz nach draußen locken. „Ich habe
nebenan einen großen Korb mit Verbandszeug und frischer Bettwäsche stehen.
Könntest du mir helfen, ihn hereinzutragen?“
    Emilia zog
Serafina unsanft von der Tür weg und erklärte in gedämpften Ton: „Filomena hat
uns doch vor kurzem etwas über geheime Codes erzählt. Zum Beispiel, dass der
große da Vinci gerne in Spiegelschrift schrieb. Und Emanuele hat erwähnt, dass
sich Kirchenmänner oft verschlüsselter Botschaften bedienen, wenn sie Briefe
untereinander austauschen, die nicht jeder lesen soll.“
    „Soll das
heißen, dass du unseren verletzten Priester verdächtigst, ein Spion zu sein,
der es auf Emanueles ominöses Paket abgesehen haben könnte?“
    „Ich weiß,
es hört sich sonderbar an. Aber kaum weniger eigenartig ist es doch, dass ein
verletzter Priester nachts auf unserer Schwelle liegt und ausgerechnet Piero
über seine Füße stolpert. Gleichwohl muss ich zugeben, dass die Idee, ihm
gegenüber Vorsicht walten zu lassen, nicht von mir selbst stammt. Donatus hat
mich soeben dazu angehalten.“
    „Donatus?
Unser Meister Verdrießlich, der so frömmlerisch ist, dass ich mich bei jedem
Zusammenstoß frage, warum er nicht selbst Priester geworden ist?“, grinste
Serafina ungläubig. Die beiden führten seit dem ersten Tag einen zähen
Kleinkrieg gegeneinander, aus dem sie abwechselnd als Sieger hervorgingen.
    „Allem Anschein
nach verbirgt unser Majordomus einige ungeahnte Talente. Soeben durfte ich eine
völlig neue Seite an ihm kennenlernen - jene des Beschützers der Witwen und
Waisen! Du wirst es nicht glauben, aber ich denke, ich habe ihm sogar ein
Lächeln entlockt…!“
    „Jetzt
nimmst du mich aber auf den Arm“, spöttelte Serafina.
    „Niemals…“,
grinste Emilia. „Aber du solltest wieder hineingehen. Wir sprechen später
weiter. Ich werde auf dich warten.“
    „Also gut
... Wenn seine Bibel keine Geheimnisse birgt, so werde ich mein Bestes geben,
um diesem Priester seine Geheimnisse zu entreißen, sofern er welche hüten
sollte. Ich werde ihm einen Heilttrank einflößen und hoffen, dass seine
Bewusstlosigkeit in einen heilenden Schlaf übergeht.“ Serafina gähnte herzhaft,
als hätte das Wort Schlaf dies ausgelöst. „Es ist schon spät“, bemerkte sie
dann. „Soll ich wirklich noch zu dir kommen? Es war ein langer Tag, angefüllt
mit Aufregungen.“
    „Du Arme, du
bist müde. Trotzdem sollten wir noch ein paar Worte wechseln.“
    Serafina
trat eine knappe Stunde später bei Emilia an. Erschöpft sank sie in den zweiten
Sessel vor dem Kamin.
    „Wie geht es
dem Pater?“, erkundigte sich Emilia.
    „Er ist
nicht aufgewacht. Ich denke nicht, dass er uns seine Bewusstlosigkeit
vorspielt. Die Wunde an seinem Kopf ist wirklich hässlich und ich habe zwei
weitere Stichwunden unter seiner rechten Schulter und an seinem Unterarm
entdeckt. Er hat viel Blut verloren, was seine tiefe Bewusstlosigkeit erklärt.
Das meiste davon wurde durch seine Soutane absorbiert, darum konnte ich es erst
feststellen, nachdem ich ihn vollständig entkleidet hatte. Ehrlich gesagt, es
fällt mir schwer zu glauben, dass er sich absichtlich so hat zurichten lassen,
nur um Einlass in unser Haus zu erlangen. Vielmehr sieht es danach aus, dass er
tatsächlich überfallen wurde“, erklärte Serafina.
    Emilia
kräuselte nachdenklich ihre Stirn. „Hmm, also kein

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