Das Hexenkreuz
womöglich die Schatzkarte bei ihr? Sie hatte Filomena nach ihrer
Rettung aus Bramantes Schloss beschrieben, wo sie die Kopie versteckt hatte.
Filomena war daraufhin mit einigen Soldaten aufgebrochen, um zu versuchen, sie
an sich zu bringen und war unverrichteter Dinge zurückgekehrt: Bramantes
Palazzo war bis auf die Grundmauern von Unbekannten niedergebrannt worden.
Indessen fuhr Donatus in seiner Erklärung fort: „Besagter José Moñino ist der
spanische Botschafter am Hof des Papstes Clemens XIV. Sein Hass auf den Orden
des heiligen Ignatius ist legendär. Darüber hinaus gilt er als enger Freund des
Marquis de Pombal, dem mächtigen Minister, der das Verbot des Jesuitenordens schon
1760 in Portugal durchgesetzt hat. Dieser Moñino hat sich zum Sprecher der bourbonischen
Staaten aufgeschwungen, die den Untergang des Jesuitenordens beschlossen haben.
Er gilt als zäh und fintenreich und es heißt, dass er nicht zimperlich in
seinen Methoden ist, um ein gesetztes Ziel zu erreichen.“
„Ich
verstehe“, erwiderte Emilia gepresst. „Was könnt Ihr mir über die Gerüchte
sagen, die meine verstorbene Schwiegermutter betreffen?“
Donatus hob
das Kinn, reine Aufrichtigkeit zeichnete seine Züge: „Da Ihr allein wisst,
wovon ich spreche, Eccellenza, erübrigt sich jeglicher Kommentar dazu. Wisst
nur, dass man in gewissen Kreisen Überlegungen anstellt über Qualität und Natur
des Erbes, das Ihr für Euren Sohn verwaltet.“
„Und deshalb
seid Ihr zu der Ansicht gelangt, dass ich eine interessante Zielperson wäre?“
Emilia missfiel, dass Donatus mehr von ihr zu wissen schien, als ihr Recht sein
konnte.
„Selbstverständlich
nicht, Eure Eccellenza. Meine Ausführungen entspringen einer logischen
Schlussfolgerung. Letzthin sind zu viele hochgestellte Persönlichkeiten an mich
herangetreten, die an einem Zufall zweifeln lassen. Mit Penetranz versuchten
sie, mir ihre Schützlinge aufzudrängen, die samt und sonders darauf brennen, in
die Dienste der Fürstin Wukolny zu treten. Ich habe mich selbstverständlich
geweigert, mich zum Handlanger für wie auch immer geartete Interessen stempeln
zu lassen“, verkündete er im feierlichem Donatus-Ton und fuhr fort: „Dann, vor
ungefähr zehn Tagen, suchte mich ein Herr auf, den ich seinem Auftreten nach
dem Klerus zuordnen konnte. Er ließ mir die deutliche Warnung zukommen, dass
ich besser daran täte, die nächste Empfehlung nicht auszuschlagen. Natürlich
habe ich mich nicht beeindrucken lassen. Doch diese Beharrlichkeit lässt mich
vermuten, dass man nun diese raffinierte Methode ersonnen haben könnte, um Euren
Haushalt zu infiltrieren. Zumal ihr seit neuestem ein besonderes Paket zu hüten
scheint, dass Euch vor fünf Nächten von Eurem Bruder zugestellt worden ist.“ Er
sah sie offen an. Ich war ehrlich zu Euch, so seid es auch zu mir, forderten seine Augen mit klarem Ernst ein.
„Ihr habt
Pater di Stefano also erkannt?“ Ruhig begegnete sie seinem Blick.
„Der junge
Pater di Stefano mag vielleicht der aufrichtigste Diener Gottes unter dem
Himmelsgestirn sein, aber es mangelt ihm absolut an der Kunst der Verstellung.“
Donatus Gesicht verzog sich tatsächlich zu einer kleinen Grimasse, die mit viel
Phantasie als ein Lächeln gelten mochte.
Emilias
Staunen erreichte einen neuen Gipfel. Sie hatte ihren Majordomus nie zuvor auch
nur andeutungsweise ein Lächeln entlocken können. Sie hätte Stein und Bein
geschworen, dass man seine Gesichtszüge als Kind eingefroren hatte. Sie
erwiderte es aufrichtig. „Nun denn, Ihr habt die Wahrheit erraten. Ich weiß,
Ihr werdet sie für Euch behalten. Ich für meinen Teil werde beherzigen, was Ihr
mir eben geraten habt. Ich gehe jetzt, um nach dem Priester zu sehen. Begebt
Euch nun zu Bett. Ich brauche Euch heute nicht mehr.“
Donatus
verbeugte sich und wandte sich zu gehen. „Donatus“, rief sie ihn nochmals
zurück: “Ich danke Euch für Eure Loyalität. So wacht denn weiter über uns, mein
Freund, und haltet alles Unheil von uns fern.“
Emilia
meinte erneut die Andeutung eines Lächelns in seinen Zügen entdeckt zu haben,
doch ihre Wahrnehmung konnte ebenso durch das Flackern der Kerzen getäuscht
worden sein.
Als Emilia
eintrat, mühte sich Serafina vorsichtig, die Stirn des Mannes von geronnenem
Blut zu reinigen. Emilia musterte das blutleere Gesicht, über das ab und an ein
schmerzhaftes Zucken lief. Sie schätzte sein Alter auf ungefähr Anfang bis
Mitte fünfzig. Er war relativ klein, aber kräftig
Weitere Kostenlose Bücher