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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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Haselstrauch auf die Lauer. Unmittelbar darauf tauchten an der
Wegbiegung nacheinander Reiter auf. Sie trugen deutlich erkennbar die
schwarzrote Kluft der herzoglichen Reiter.
    „Madonna“,
empörte sich Emilia flüsternd. „Warum lassen die mich nicht endlich in
Frieden?“
    „Schhh“,
mahnte Serafina. Genau diesen Moment suchte sich der Regen aus, um erneut
heftig prasselnd einzusetzen. Trotz des schützenden Strauches waren sie in
Sekundenschnelle durchnässt.
    Der Anführer
beriet sich im Sattel mit einem seiner Männer. Ein Dritter war abgestiegen und
suchte wie ein Fährtensucher den Boden ab. Der Regen hatte zwar längst ganze
Arbeit geleistet, doch der Mann verharrte ausgerechnet an jener Stelle, an der
sich Emilia und Serafina in die Büsche geschlagen hatten. Für eine Flucht war
es zu spät. Mit angehaltenem Atem drückten sie sich noch tiefer in die Erde.
Tatsächlich wandte der herzogliche Soldat sich jetzt ihrem Versteck zu. Sie
rechneten bereits mit dem Schlimmsten, als er ein kehliges Geräusch von sich
gab und eine Portion Ekelhaftes in ihre Richtung spie. „He da, Gianfranco. Hast
du etwas entdeckt?“, rief der Anführer ihn unwirsch an.
    „Ich bin mir
nicht sicher, Capitano. Ich glaube, dass hier Hufspuren waren, aber der Regen
hat sie fortgewaschen.“
    Der Capitano
nickte. „Wir verschwenden hier nur unsere Zeit. Wir reiten hinab zum Fluss. Es
gibt im weiten Umkreis nur eine alte Römerbrücke über den Aniene - und die wird
seit Tagen von unseren Leuten bewacht. Sollte sie hier über den Pass kommen,
dann läuft sie uns direkt in die Arme. Auf!“ Er schnalzte mit der Zunge. Sein
Pferd, ein mächtiger brauner Wallach, setzte sich schwerfällig in Bewegung. Die
anderen folgten ihm nach.
    Frustriert
und durchnässt, verharrten Serafina und Emilia in ihrem Versteck. „Immerhin
kennen wir jetzt ihr Vorhaben“, unternahm Emilia den vagen Versuch, über ihre
Lage hinwegzutrösten.
    „Ja, aber
das ändert nichts an der Tatsache, dass wir in der Falle sitzen“, schimpfte
Serafina. Sie rappelte sich auf. Entmutigt wandte sich Serafina der Richtung
zu, aus der sie gekommen waren. Emilia begriff, was sie umtrieb: „Oh nein, wir
werden bestimmt nicht umkehren!“, erklärte sie kategorisch. „So schnell geben
wir nicht auf. Es muss einen anderen Weg an den Soldaten vorbei geben!“
    „Natürlich
gibt es einen!“, sagte plötzlich eine helle Stimme.
    Zu Tode erschrocken
fuhren sie herum. Sie gehörte einem schwarzgelockten Bürschchen in kurzen Hosen
und einer verfilzten Schaffellweste, die seine schmächtige Brust freiließ. In
der Hand hielt er eine kleine Flöte. Fröhlich strahlte er sie an. Der Regen
schien ihm nichts auszumachen.
    „Wo kommst
du so plötzlich her, mein Kleiner?“, lächelte Emilia ihn erleichtert an. Von
diesem Winzling drohte ihnen keine Gefahr.
    „Von dort
drüben“, meinte er, vage hinter sich deutend, als gehörte es zu seinen
ständigen Angewohnheiten, jählings aus dem Boden zu sprießen. „Genau wie Ihr
habe ich mich vor den Soldaten versteckt. Es ist nicht gut, deren Weg zu
kreuzen, wisst Ihr?“, fügte er hinzu, ohne näher auf das Warum einzugehen. „Und
Ihr, warum habt Ihr Euch versteckt, edle Herren?“, fragte er sie, während seine
kohlschwarzen Äuglein listig zwischen ihnen hin- und herhuschten.
    Eine winzige
Pause entstand. Das Bürschchen winkte lässig ab. „Schon gut“, meinte er
naseweis. „Eure Angelegenheiten gehen mich nichts an. Soll ich Euch den Weg
zeigen? Es ist ein alter Pfad, den nur die Angehörigen meiner Familie kennen“,
bot er eifrig an. Er rieb dabei Daumen und Zeigefinger in einer unmissverständlichen
Geste aneinander.
    Emilia
beugte sich zu dem kleinen Burschen hinunter und meinte: „Ich verstehe. Also,
mein Herr Hirte. Was werden uns deine Dienste kosten?“
    Der Junge
maß Emilia mit einem Blick, der viel älter erschien als seine Jahre. „Das, edle
Herren, entscheidet Ihr selbst – nämlich, wenn ich Euch sicher an den Soldaten
vorbei ans andere Ufer des Flusses geführt habe“, erklärte er hoheitsvoll.
    „Nun, dies
scheint mir ein fairer Handel zu sein. Es gibt fürwahr schlechtere Geschäfte“,
pflichtete Emilia ihm bei. „Da wir jetzt im Geschäft sind… Verrätst du uns auch
deinen Namen, kleiner Hirte?“
    „Ich heiße
Filippo. Euch zu Diensten, edler Herr.“ Er verbeugte sich in seiner
schmuddeligen Kleidung vor ihnen, als verkehrte er tagtäglich in einem
vornehmen Salon.
    „Nun denn,
Filippo… Wo

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