Das Hexenkreuz
Serafina mit gespielter
Entrüstung. Aber auch sie lachte jetzt.
Es klopfte
und ein adrettes Dienstmädchen trat ein. Sie brachte Serafina das gewünschte
Wasser und sauberes Verbandszeug. "Das Bad ist bereit“, verkündete sie
dann.
„Geh du
voran“, meinte Serafina zu Emilia. “Ich möchte mich noch der Verletzung des
Paters di Stefano annehmen.“ Wegen der Anwesenheit des Dienstmädchens wählte Serafina
die förmliche Anrede.
Das Mädchen
schritt durch den Raum und öffnete eine Türe, die so kunstvoll in die
schimmernde Seidentapete integriert worden war, dass sie sich bisher ihren
Blicken entzogen hatte. Sie führte geradewegs in einen luxuriösen Badetempel im
römischen Stil. Sobald Emilia ihren Fuß über die Schwelle gesetzt hatte, fühlte
sie sich in eine andere Welt versetzt. Der gesamte Raum war in ein zauberhaftes
blaues Licht getaucht, das ihren Körper umfloss wie eine Wolke. Bei näherem
Hinsehen erschloss sich Emilia das Geheimnis des Lichts: Boden und Wände waren
mit winzigen Mosaikplättchen in verschiedenen Blautönungen ausgelegt worden.
Über ein kleines vergittertes Fenster unter der hohen Decke gelangte nur wenig
Licht herein. Mehrere Kandelaber verströmten zusätzliches Licht und sandten goldene
Reflexe über die Wände. Als nächstes entdeckte Emilia die Fresken unter dem
hohen Gewölbe. Hier hatte ein Künstler seinen erotischen Phantasien
detailverliebt Lauf gelassen: Nackte, ineinander verschlungene Leiber frönten
mit bewundernswerter Biegsamkeit der Liebe. Trotzdem hatte der Maler es
verstanden, jegliche Obszönität zu vermeiden. Vermutlich wegen der Leichtigkeit,
mit der die Figuren neben dem Liebesspiel mit leichter Hand hier aus einem
Pokal tranken und dort von üppigen Trauben naschten.
Trotz allem
ein Anblick, der einer Jungfer die Röte ins Gesicht treiben konnte. Doch Emilia
hatte diese Empfindlichkeiten hinter sich gelassen. In der Mitte des Bodens war
ein Becken eingelassen, zu dem drei Stufen hinabführten. Das Wasser dampfte
verführerisch. Das Dienstmädchen hob einen Weidenkorb auf und entnahm ihm eine
Handvoll parfümierter Rosenblätter, die sie ins Wasser streute. Wie kleine roten
Elfen trieben sie auf der Oberfläche dahin und entfalteten einen berauschenden
Duft. Das Mädchen legte noch Badelaken auf einer römischen Bank bereit und verließ
Emilia dann, indem sie eine zweite Türe öffnete, die in den Flur hinausführte.
Emilia
entledigte sich ihrer Kleider und ließ sich in das warme Wasser gleiten. Das
Becken war ausreichend groß und sie tauchte und dehnte wohlig ihren Körper und genoss
die Wärme, die ihn umspielte. Sie entdeckte Serafina, die zögerlich am Eingang
stehengeblieben war. „Das ist ja wie in einer blauen Grotte“, rief sie entzückt.
"Es ist
ganz wunderbar, Serafina. Sieh nur, wie groß das Becken ist. Los, komm herein!“
Emilia bespritzte sie übermütig mit Wasser. Serafina entkleidete sich und stieg
hinein. Eine Weile ließ sie sich rücklings auf dem Wasser treiben. Natürlich
sprang ihr sofort die spektakuläre Deckenbemalung ins Auge. Sieh an ,
dachte sie, Emanuele scheint in Rom ja überaus interessante Bekanntschaften
zu pflegen . Mit einer nach Wiesenblumen duftenden Essenz aus einem der
Flakons am Beckenrand, wuschen sie sich gegenseitig die Haare. "Herrlich,
so müssen einst die Kaiserinnen von Rom gebadet haben. Dieser Luxus ist zwar
dekadent, aber einfach wunderbar", schwärmte Emilia.
"Wie es
scheint, wird das Becken von selbst mit Wasser versorgt und muss nicht mühsam
mit Kübeln herangeschleppt werden", bemerkte die praktische Serafina. Sie
hatte die Kupferrohre entdeckt und nahm sich vor, das Geheimnis der
Wasserzufuhr später zu erkunden. Ausgiebig genossen sie ihr Bad. Emilia kehrte
danach zu ihrem Bruder zurück, während Serafina ihr sauberes Kleid
übergestreift und das Bad durch die gleiche Tür verlassen hatte wie das Dienstmädchen.
Sie wollte das Mädchen bitten, ihr beim Waschen ihrer Reisekleidung zu helfen. Emilia
hatte sich ein Badelaken um ihren Körper geschlungen und das feuchte Haar floss
ihr in langen Kaskaden über die nackten Schultern herab. "Ich hoffe, du
hast mir noch warmes Wasser übrig gelassen, Schwesterherz", schmunzelte
Emanuele bei ihrem Erscheinen. „Braucht Serafina noch länger?“, erkundigte er
sich.
„Nein, keine
Bange. Sie ist bereits angekleidet und hat den anderen Ausgang benutzt. Sie
möchte unsere Kleider waschen.“
„Ja, unsere
Serafina. Sie hat sich nicht
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