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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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verändert. Genau wie du, Schwesterherz.“
    „Ja, wir
bleiben uns treu. Auf dieser Reise haben wir alles miteinander geteilt.“
    „Dem kann
ich getrost zustimmen. Wie man sieht, machst du alles schmutzig und sie macht
es wieder sauber“, zog sie Emanuele ganz wie in alten Zeiten auf.
    „Schuft“,
rief Emilia mit gespielter Empörung. „Außerdem sollte man nicht mit Steinen
werfen, wenn man selbst im Glashaus sitzt. Ich sage es wirklich nicht gern,
Bruderherz, aber du stinkst.“ Sie schnupperte an ihm.
    „Ja, das ist
die Essenz Roms“, erwiderte Emanuele aufgeräumt und entfernte sich, um das
überfällige Bad zu nehmen. Frisch und rosig ließ sich Emilia nun ganz legitim
auf dem Bett nieder. Sie hatte eine schwere Bürste aus Elfenbein vom
Frisiertisch genommen und fing an, Strähne für Strähne zu bearbeiten. Sie ging
dabei nicht eben sanft mit ihrem Haar um. Emanuele kehrte bald darauf mit
nacktem Oberkörper und nur in seine Beinkleider gehüllt, zurück. Mit einem
Handtuch rubbelte er seinen dichten Haarschopf trocken. Er blieb vor Emilia stehen
und sah eine Weile zu, wie sie sich mit ihrem Haar abmühte. Schließlich nahm er
ihr die Bürste ab. "Lass mich das machen." Er setzte sich neben sie
aufs Bett
    „Wie
früher?“, murmelte Emilia.
    „Wie
früher“, erwiderte Emanuele und lächelte seiner Schwester zärtlich zu. Emilia
nahm seine Hand: „Es ist wunderbar wieder bei dir zu sein, Emanuele. Ich habe
dich all die Jahre so sehr vermisst.“
    „Ich dich
auch, Schwesterherz.“ Er begann sie vorsichtig zu kämmen. Schon als kleiner
Junge hatte er es geliebt, dies zu tun. Sie hörten, wie sich die Tür hinter
ihnen öffnete, ohne dass jemand zuvor angeklopft hätte. In der Annahme, dass
Serafina zurückgekehrt wäre, unterbrach Emanuele seine Tätigkeit nicht. Erst
die folgende unnatürliche Stille ließ ihn innehalten und sich der Tür zuwenden.
Nicht Serafina stand dort, sondern ein Mann.
    Dessen
fassungslos starrem Gesichtsausdruck nach schien sich dieser zu fragen, welch
teuflischer Halluzination er gerade erlag. Die dunkelgelockte Venus, deren knappes
Handtuch den Blick auf Perlmutt schimmernde Schultern und perfekte Beine
erlaubte, entsprach exakt der verlockenden Erscheinung, die sich seit gestern
unauslöschlich in sein Hirn eingebrannt hatte. Sie hatte seine in Jahren hart erkämpfte
innere Mitte im Bruchteil einer Sekunde aus dem Lot gebracht. Selbst die
Beichte hatte ihm keine Erleichterung verschafft.
    Mit
Sicherheit bot die intime Szene Raum für Spekulationen. Was sollte man auch
denken, wenn man eine halbnackte Frau und einen halbnackten Mann gemeinsam auf dem
Bett antraf, während sich dieser mit ihrer Haarfülle beschäftigte?
    Wie fast
alle Missverständnisse entwickelte auch diese Situation eine eigene Dynamik,
und die Dinge gerieten außer Kontrolle. Ein roter Nebel stieg vor den Augen des
Neuankömmlings auf. Mit einem rauen Wutschrei warf er sich auf Emanuele und
riss ihn von der gefährlichen Verführerin weg. Emanuele wurde von der
Heftigkeit des Ansturms völlig überrascht. Ineinander verkeilt stürzten die
beiden Männer vom Bett und rollten über den Boden. Emanuele kam unter dem Mann
zu liegen und kassierte einen donnernden Faustschlag. Im ersten Schreck wie
gelähmt, konnte Emilia kaum glauben, was sich direkt vor ihren Augen abspielte.
Dann schrie sie empört auf und landete mit einem Satz auf dem Rücken des Mannes.
Rittlings bearbeitete sie den Kopf des Angreifers mit ihren kleinen Fäusten.
Das rief ungefähr soviel Effekt hervor, als schlüge sie auf eine Marmorbüste ein.
    Von weiß der
Himmel woher, tauchte plötzlich der Kater Paridi auf und stürzte sich wild fauchend
in das Getümmel.
    Schlussendlich
blieb es der herbeigeeilten Serafina überlassen, den wütenden Kampf zu beenden.
Sie schnappte sich einen Wasserkrug und goss den Inhalt mit einem Schwall über
die Kontrahenten aus. Vor Nässe triefend, hielten die drei verblüfft inne.
Emilia hatte bei dem wütenden Kampf ihr Badelaken verloren.
    Die
Tatsache, dass die begehrliche Venus nun völlig nackt auf seinem Rücken saß,
trieb dem Angreifer die Schamesröte ins Gesicht und entfachte seine Wut neu. Wie
ein Pferd seinen Reiter, schüttelte er Emilia rüde ab und sie purzelte mit
einem entrüsteten Aufschrei auf den Boden. Serafina warf ihr geistesgegenwärtig
einen langen seidenen Umhang über, den sie von einer Lehne gezerrt hatte.
    „Seid Ihr
verrückt geworden?“, schrie sie. „Emilia, Emanuele!

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