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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Muenzer
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sie zu wappnen,
straffte Emilia ihren schlanken Körper. In einer unbewusst herausfordernden
Bewegung warf sie ihre hüftlange Mähne zurück. Zunächst aber erfuhr sie eine
völlig andere Beachtung. „Meiner Treu, das Mädchen scheint ja ausschließlich
aus Haaren zu bestehen“, rief der Mann aus und umrundete sie. Er runzelte die
Stirn. „Sag, Mutter, hattest du nicht angekündigt, dass sie frühestens in
einigen Stunden erwachen würde?“
    Die
Angesprochene zuckte mit den Achseln: „Wie du zweifellos weißt, ist die Wirkung
nicht immer absolut berechenbar. Vermutlich hat sie weniger von dem Mittel zu
sich genommen oder ihr Körper verträgt mehr davon.“
    „Nun ja… Sie
hinterlässt in der Tat einen recht robusten Eindruck“, erwiderte der Mann,
dessen Augen von Emilias kleinen nackten Füßen, die halb unter dem Saum des
Brokats hervorlugten, bis zu ihrem Gesicht hinaufwanderten.
    „Was hast du
erwartet? Sie ist, was sie ist: Ein Bauerntrampel aus der Provinz.“ Sie folgte
dem Beispiel ihres Sohnes und lief nun selbst einmal um Emilia herum. „Immerhin
scheint sie eine gewisse Anmut zu besitzen und es mangelt ihr nicht an
Erfindungsgeist“, murmelte sie abwägend.
    „Ja, und
soweit ich das beurteilen kann, kleidet sie der goldfarbene Brokat vorzüglich.
Wir sollten für sie eine Robe ähnlicher Beschaffenheit in Auftrag geben“,
erwiderte ihr Sohn in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, dass er
tatsächlich ernst meinte, was er sagte.
    Emilia hatte
die absurde Unterhaltung mit wachsender Verblüffung verfolgt. Nicht ein Wort
über das verwüstete Zimmer - stattdessen sprachen sie über sie hinweg, als
bestünde sie aus Luft. So nicht! dachte sie grimmig. Sie baute sich vor dem
Mann auf, den sie für keinen anderen als den Herzog von Pescara in Persona
halten musste. „Ach ja?“, erwiderte sie schnippisch. „Ich wusste nicht, dass
ich hier unter die Schneider geraten bin. Vielleicht wärt Ihr dann so gütig und
ruft mir jemanden, der hier etwas zu sagen hat. Ich werde hier gegen meinen
ausdrücklichen Willen festgehalten. Darüber hinaus hat man mich dreist
bestohlen. Ich verlange, dass man mir sofort mein Hab und Gut aushändigt.“
Herausfordernd, mit hoch erhobenem Kinn, funkelte sie den Herzog an. Ein
Lächeln blitzte in dessen Gesicht auf: „Sie besitzt echtes Feuer, findest du
nicht, Mutter?“, bemerkte er und betrachtete Emilia nicht ohne Wohlwollen.
    Emilia
verschlug es die Sprache. Einen Augenblick lang fragte sie sich fassungslos, ob
sie das alles in Wirklichkeit erlebte oder ob ihre Wahrnehmungsfähigkeit ihr
einen Streich spielte. Konnte diese Szenerie tatsächlich der Realität
entspringen? Womöglich war sie noch in ihrem Traum gefangen und all dies
spiegelte die tieferen Ängste ihres Unterbewusstseins wieder? Leider tat sich
dieser Ausweg für sie nicht auf. Sie befand sich tatsächlich im Hier und Jetzt
und war darüber hinaus all ihrer Sinne mächtig. Zumindest hoffte sie das. Angebrachter
wäre es, an der Gesinnung des Herzogs und seiner Mutter zu zweifeln. Die Frage
sollte eher lauten: Wie verhielt man sich Verrückten gegenüber? Sie konnte hier
auf keinerlei Erfahrungsschatz zurückgreifen, aber sie wusste, wie man
panischen Pferden begegnete. Haftete jenen nicht auch etwas Verrücktes an? Ruhe
war der Schlüssel - was ihr nicht eben leicht fiel. Abgesehen von ihrem
natürlichen Temperament, glich ihr derzeitiger Gemütszustand einem Kessel kurz
vor dem Überkochen. Sie zwang sich mehrmals tief durchzuatmen, bevor sie einen
neuen Versuch startete. „Würde mir endlich jemand erklären, was das Ganze soll?
Was mache ich hier?“
    „Nur die Ruhe,
Kindchen“, wehrte sie die Herzoginmutter lässig ab. „Mit dir werden wir uns
früh genug befassen.“ Sie näherte sich der Wand, griff nach einer roten Kordel,
und zog sie kräftig. Kurz darauf trabten schnelle Schritte heran und ein
kräftiger Bediensteter in der rotschwarzen Livree der Familie erschien. „Lasse
er diese Bescherung beseitigen“, befahl die Herzoginmutter ihm und zeigte vage
in den Raum hinter sich.
    Dann griff
sie grob nach Emilias Arm und bugsierte sie zur Tür. „Du kommst mit mir ...“
    Emilia riss
sich mit einer brüsken Bewegung von ihr los. „Was erlaubt Ihr Euch?“
    Die
Herzoginmutter verdrehte gelangweilt die Augen nach oben und sagte nur:
„Bertoldo!“
    Bevor sich
Emilia versah, packte der Diener sie von hinten und umklammerte ihre Arme. Er
hob die junge Frau hoch und manövrierte sie

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