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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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erneut das glühendheiße Eisen und versuchte mit aller Kraft, es aus der Verankerung zu lösen. Alles um ihn herum brannte lichterloh, und als er schon fast an dem Rauch zu ersticken drohte, gab der Riegel endlich nach.

Kapitel 31
    Nach dem vierten Schnaps breitete sich eine beruhigende Wärme in Bonners Magen aus, doch seinen Kopf erreichte sie nicht.
    ›Dieses verfluchte Weibsbild‹, dachte er wütend. ›Wenn ich nur wüsste, in welches Loch sie sich verkrochen hat! Sicher weiß der heilige Lutz, wo ich sie finden kann. Auch wenn er es leugnet – mein Gefühl sagt mir, dass er seine Hände mit im Spiel hat...‹<
    Trotz einiger weiterer Gläser gelang es ihm nicht, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Sie drehten sich immer um dasselbe.
    ›Annerose‹, dachte er weiter, ›sie muss ihren gottgerechten Bruder fragen. Seine Schwester wird er sicher nicht belügen … Ja, sie muss herausfinden, wo die kleine Magd sich versteckt hält.‹
    Bonner war überzeugt, dass Franziska ganz in der Nähe untergetaucht war, und sein Gefühl hatte ihn noch nie getrogen, wie er glaubte. Er schenkte sich erneut ein. Seine Augen und sein Gesicht waren gerötet. Schwerfällig setzte er sich an den Tisch.
    ›Alles wird nach meinen Wünschen laufen‹, dachte er und lachte hämisch in sich hinein.

    Annerose saß auf der Bettkante ihres Sohnes, als der mit gefühlsloser Stimme sagte: »Ich hasse ihn!«
    Erschrocken über seine Worte und über die Kälte, die in ihnen lag, suchte sie Johanns Blick.
    »So etwas darfst du nicht sagen! Er will uns nur vor Schaden bewahren.«
    »Mutter, vor welchem Schaden? Was könnte Franziska uns Böses wollen? Nur weil sie unvermögend ist und kein Land besitzt,
bringt sie doch noch lange kein Unheil über unsere Familie. Schließlich sind wir nicht arm. Wie viel Grund und Boden braucht Vater noch? Franziska und ich lieben uns. Außerdem ist sie fleißig – keine, die den ganzen Tag faul herumsitzt …«
    »Johann, man sucht sich sein Weib nicht nach seinen Gefühlen aus, sondern nach der Mitgift. Einerlei, wie viel man schon besitzt. Die Liebe kommt später …«
    »So, wie bei dir und Vater?«, fragte er mit unverhohlenem Spott in der Stimme. Doch als er die traurigen Augen seiner Mutter sah, schob er schnell ein »Tut mir leid« nach.
    Annerose biss sich auf die Lippe. Das Ganze war schwierig, und sie wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte. Auf die Liebe, auf die sie ihr Sohn angesprochen hatte, wartete sie schon seit vielen Jahren, stets hoffend, dass sie tatsächlich eines Tages kommen würde. Doch alles Hoffen war vergebens gewesen. Gleichgültigkeit und Gefühllosigkeit, gepaart mit Strenge und harter Arbeit, bestimmten stattdessen ihr Leben.
    ›Ja‹, dachte sie, ›ich habe tatsächlich einmal geglaubt, dass Casper und ich das Gleiche füreinander empfinden könnten wie vor langer Zeit einmal Johannes und ich.‹
    ›Rehlein‹, so hatte Johannes sie liebevoll genannt. Annerose schaute starr auf die Bettdecke und versuchte, die Tränen zu unterdrücken, ebenso wie die Gefühle, die seit einigen Tagen unaufhaltsam wiederkehrten, obwohl sie sie vor langer Zeit in die hinterste Ecke ihres Herzens verbannt hatte.
     
    Johann beobachtete seine Mutter. Ihre Gesichtszüge, eben noch streng, wurden mit einem Mal weich. Was ging in ihr vor? Ein merkwürdiges Gefühl beschlich ihn.
    Die Mutter schien mit ihren Gedanken weit weg zu sein. Anneroses Augen bekamen einen sonderbaren Glanz, und ein feines Lächeln umspielte ihren Mund. So hatte Johann seine Mutter noch nie gesehen.
    Leise stellte er die leere Suppenschale auf das kleine Nachtschränkchen. Behutsam ergriff er die Hände seiner Mutter und streichelte sie sanft, ohne ihr Gesicht aus den Augen zu lassen. Nach einer Weile blickte Annerose zu ihrem Sohn auf und erwiderte seinen zärtlichen Blick. Noch nie hatte es sichtbar und greifbar diesen Austausch von Gefühlen zwischen ihnen gegeben. Sanft sah sie ihn an, und ihr Lächeln wurde breiter.
    ›Er ist genauso liebevoll wie sein Vater‹, dachte sie stolz. Laut sagte sie jedoch, und die Worte quollen aus ihr heraus, als spräche sie mit jemand anderem: »Casper ist nicht dein Vater, Johann!«
    Plötzlich war der kostbare Augenblick wie dünnes Glas zersprungen, und eine eigenartige Stille herrschte zwischen ihnen. Johann ließ abrupt die Hände seiner Mutter los und rutschte wie zum Schutz tiefer unter die Bettdecke.
    Annerose begriff erst jetzt, was sie gesagt hatte, und

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