Das Hexenmal: Roman (German Edition)
wir.«
Ohne einen weiteren Blick zurück gingen sie schnellen Schrittes davon.
Bonner stand derweil mit dem gesamten Rat von Duderstadt vor dem Holztor von Burg Bodenstein. Die Pferde hatte man in Wintzingerode angebunden und war zu Fuß den schmalen Waldweg hinaufgestiegen.
Auf Anweisung Bonners musste einer der Knechte, die als
Fackelträger die Herren begleitet hatten, mit der Faust gegen das Tor schlagen. Als sich auch nach wiederholtem Anklopfen niemand zeigte, stieß Bonner knurrend den Jüngling zur Seite. Mit beiden Fäusten hämmerte er gegen das Tor und schrie an der Wehrmauer empor: »Von Wintzingerode … rück meinen Sohn heraus! Und außerdem die Hexe, damit man ihr den Prozess machen kann.«
Als noch immer niemand antwortete, trat Bonner wütend gegen das Tor, dass es nur so schepperte. Die Herren des Stadtrates sahen sich fragend und verwundert an. Einige schüttelten über so viel Unverschämtheit empört den Kopf. Sie wussten nicht, was sie von dem Großbauern halten sollten. Denn schon des Öfteren hatte es Anlass gegeben, an seinem Verstand zu zweifeln.
Gerüchte waren dem Rat zu Ohren gekommen, dass das Mädchen den Jungbauern verhext habe, damit er sich in sie verliebe. Von sonstigem Schadenszauber aber hatten sie nichts gehört. Allerdings hatten die Leute auch erzählt, das Mädchen sei eine wahre Schönheit und habe keinen Zauber nötig, um einen Mann gefügig zu machen. Nur habe sie, so die Gerüchte, bis jetzt angeblich keinen in ihr Bett gelassen.
Die Ratsherren wussten nicht mehr, was sie glauben sollten. Das ungute Gefühl beschlich sie, dass Bonner gar selbst besessen sein könne. Vielleicht hatte auch er Interesse an dem Weib und grollte wegen einer Zurückweisung. Sein ungehobeltes Benehmen konnte man wahrlich einer Ablehnung zuschreiben. Vielleicht war er sogar eifersüchtig, da er nicht das Vorrecht bei dem Mädchen hatte.
Im Grunde wären sie alle lieber zu Hause geblieben. Doch Bürgermeister Harßdörfer hatte angeordnet, dass man gemeinsam zur Burg Bodenstein zog.
Die steten Schläge gegen das Tor hallten in der Dunkelheit gespenstig nach. Bei jedem Schlag schwor sich Bonner, nicht eher zu gehen, bis er sein Gold zurückhatte. Er war sich sicher, dass sein verfluchtes Weib es dem Sohn gegeben hatte. Je mehr er darüber nachdachte, desto wütender wurde er. Diesem missratenen Burschen, der ihn zum Gespött der Stadt gemacht hatte, würde er eine Tracht Prügel verpassen, die ihm ein für alle Mal klarmachen würde, dass man sich nicht gegen ihn stellte. Die Hexe würde brennen, dafür würde er sorgen, doch zuvor würde er sie besteigen wie ein Hengst eine Stute.
»Wenn Ihr nicht augenblicklich das Tor öffnet, werde ich die Burg in Brand stecken!«, schrie Bonner zornig. Harßdörfer ergriff seinen Arm und zog ihn zur Seite. Wütend wollte sich Bonner losreißen, doch der Bürgermeister ließ nicht von ihm ab, sodass der Bauer beinahe das Gleichgewicht verlor.
»Herrgott, Casper, beherrsche dich! Bist du von allen guten Geistern verlassen? Wie kannst du Adolph Ernst von Wintzingerode drohen? Wer bist du, dass du es wagst, so mit dem adeligen Herrn zu sprechen?«
Mit leerem Blick sah Bonner den Bürgermeister an. Dann kehrte Leben in seine Augen zurück, und er schüttelte Harßdörfers Arm ab.
»Sage mir nicht, was ich zu tun oder zu lassen habe. Ich will meinen Sohn und diese elende Hure, die an allem schuld ist … Das Miststück soll brennen!«
»Nun ist es nicht nur die Hexe, die du jagst, jetzt ist es auch noch dein eigener Sohn. Erkläre mir … Was ist der wahre Grund, dass du die junge Frau richten willst und den Tod für sie forderst?«
Bonner zögerte nur kurz, dann brach es aus ihm heraus: »Sie haben mir mein Gold gestohlen!«
Erstaunt zog Harßdörfer die Augenbrauen hoch.
»Dein Gold? Wie viel war es?«
»Ziemlich viel! Dicke Goldstücke waren es … für schlechte Zeiten zurückgelegt.«
Harßdörfer nickte verständnisvoll.
»Das ist bitter. Trotzdem darfst du nicht so mit dem Freiherrn sprechen.«
»Ach ja? Wer will mir das verbieten? Wenn ich will, fackele ich ihm die Burg unter dem Hintern ab!«
»Und dann brennst du selbst. Sei vorsichtig, Casper. Wenn dein Sohn und das Mädchen tatsächlich Diebe sind, dann muss man dies von Wintzingerode unverzüglich mitteilen. Wahrscheinlich weiß er nichts davon, denn einem Dieb würde er sicherlich keinen Unterschlupf gewähren.«
Adolph Ernst hatte einen Teil der Unterhaltung zwischen
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