Das Hexenmal: Roman (German Edition)
plötzlich in der Nachbarschaft getrascht wurde.
Kurz darauf fiel mit einem lauten Knall die Tür zum Garten ins Schloss, und auch das Küchenfenster, das dem Garten zugewandt war, wurde geräuschvoll geschlossen, was die beiden Männer zusammenzucken ließ.
Kopfschüttelnd setzte sich der Pfarrer so, dass die Sonnenstrahlen sein Gesicht kitzeln konnten. Er schenkte Johann und sich ein, prostete dem Jungen zu und wartete, dass dieser das Wort ergreifen würde. Als sein Neffe aber stumm blieb, forderte der Onkel ihn auf: »Also, mein Sohn, was möchtest du beichten?«
Nach einem tiefen Räuspern und mehrmaligem Kratzen am Hinterkopf kniete Johann vor dem Onkel nieder, faltete seine Hände und senkte das Haupt: »Vater, ich möchte Buße tun, denn ich habe des Öfteren den sonntäglichen Gottesdienst versäumt.«
»Was war der Grund deines Fernbleibens, mein Sohn?«
Johann sah nun auf und war überrascht. Sein Patenonkel hatte sein Gesicht der Sonne gänzlich zugewandt, die Augen geschlossen und schien die Wärme zu genießen. Auch Johann entspannte sich und antwortete: »Zum einen die Zeit … Ihr wisst, dass mein Vater mich sehr hart in die Pflicht nimmt, und ich wahrscheinlich mehr leisten muss als jeder Knecht auf unserem Hof. Deshalb habe ich mich sonntags bei schönem Wetter ins warme Gras am Mühlenteich gelegt und bin jedes Mal eingeschlafen.
Erst das Läuten der Glocke, die das Ende des Gottesdienstes ankündigte, hat mich wieder geweckt. Aber … ich habe im Stillen für mich gebetet und unseren Herrn nicht vergessen«, fügte er kleinlaut hinzu.
Erwartungsvoll sah er zu seinem Oheim auf. Ein leichtes Lächeln umzuckte dessen Lippen. Als Johann nicht weitersprach, sah Lutz ihn kurz an, als wolle er sich vergewissern, dass der Junge noch da war. Er nickte wohlwollend und drehte sein Gesicht wieder der Sonne zu.
»Dann bete zwanzig ›Vaterunser‹, damit ich gewiss bin, dass du es nicht verlernt hast. Was noch?«
Verdutzt kratzte sich Johann am Kopf und überlegte.
»Sonst nichts!«
»Du hast sonst nichts zu bereuen? Keine bösen Worte, die du laut gesagt oder gedacht hast, keine unkeuschen Gedanken?«
Bei den letzten Worten spürte Johann, wie ihm die Schamesröte ins Gesicht stieg. Froh darüber, dass sein Oheim ihn nicht ansah und dies bemerkte, sagte er leise: »Nun ja, böse Worte habe ich nicht laut ausgesprochen, aber gedacht, als meine Schwester wieder gepetzt hat. Da habe ich sie mit einem großen Tier verglichen. Und unkeusche Gedanken … hatte ich auch. Aber ist das nicht normal, wenn man verliebt ist?«
Nun schaute Lutz seinen Neffen überrascht an. Das waren fremde Töne, die er da hörte.
»Wie soll ich das verstehen, Johann? Bist du in Schwierigkeiten?«
»Nein, um Himmels willen, natürlich nicht. Ich habe nichts Unerlaubtes getan, Onkel. Es ist nur, ich würde gern …«, stotterte er. Nun begann der Pfarrer zu verstehen. Das also schien der Grund des seltenen Besuchs zu sein. Lutz holte tief Luft, wandte sich seinem Neffen zu und zeigte ihm mit seiner Körperhaltung, dass er aufmerksam zuhörte.
Schüchtern blickte Johann auf.
»Dann erzähl, mein Sohn. Und mit der Buße lassen wir es für heute gut sein. Für das gedachte, böse Wort gegenüber deiner Schwester kommen noch fünf weitere Vaterunser dazu. Alles, was du mir jetzt erzählst, berichtest du deinem Patenonkel. Deshalb bist du doch sicher gekommen, oder?«
Erleichtert sah Johann seinen Oheim an, lächelte und spürte, wie er ruhiger wurde. Dann nickte er, setzte sich neben Lutz und erzählte mit leuchtenden Augen und vielen umständlichen Worten von Franziska und seinem Wunsch, sie zu ehelichen.
»Und deshalb, Onkel Lutz, dachte ich, dass du mit Vater und Mutter reden könntest. Ich weiß, dass deine Liebe allein unserem Herrn im Himmel gilt, aber ich hoffe, dass du mich trotzdem verstehst, auch wenn meine Liebe zu Franziska eine andere ist.«
Lambrecht wusste nicht, ob er mit dem Jungen schimpfen oder laut lachen sollte. Anscheinend ahnte Johann nicht, dass auch ein Pfarrer ein Leben vor der Kirche gehabt hatte und in jungen Jahren den Verführungen der Liebe ebenso verfallen gewesen war wie der Neffe jetzt. Johann schien nichts von Frieda zu wissen, und Lutz entschied spontan, auch darüber weiterhin zu schweigen, obwohl er innerlich schmunzeln musste.
»Wenn deine Gefühle für dieses Mädchen tatsächlich so tief sind, dass du es heiraten möchtest, dann musst du diesen Weg allein gehen, da deine Liebe
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