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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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Mädchen war nicht nur eine Schönheit, sondern es schien auch mitzudenken und machte einen aufgeweckten Eindruck. Nun blickte Franziska auf, und der Pfarrer konnte tiefe Liebe, aber auch Sorge in ihrem Blick erkennen. Ihre verweinten Augen schimmerten hellgrün und stachen aus ihrem bleichen Gesicht hervor.
    Nachdem sie Johann behutsam die Wunden eingerieben hatte, sprach Lambrecht ein Gebet. Er war erschüttert über die Verletzungen, die der Vater seinem Sohn zugefügt hatte. Kreuz und quer verliefen rote, blutige Striemen über den Rücken des Jungen.
    Nur ein gefühlloses Ungeheuer konnte dem eigenen Kind
solche Gewalt antun. Bonner musste außer sich gewesen sein, als er auf seinen Sohn eingeschlagen hatte. Doch seiner Tochter Karoline hätte er niemals, unter keinen Umständen, solche Schmerzen zugefügt.
    Schon früher war dem Pfarrer aufgefallen, dass Casper Bonner Unterschiede zwischen seinem Sohn und seiner Tochter machte. Karoline verstand es, ihren Vater um den Finger zu wickeln. Johann hingegen konnte es Casper nie recht machen. Aber dass Bonner so außer sich geraten und seinem eigenen Sohn dermaßen zusetzen würde, hätte Lutz nicht gedacht. Er musste eine Gelegenheit abwarten, um mit dem Schwager unter vier Augen zu sprechen. Dann würde er ihm die Meinung sagen, unverblümt und offen. Und hinterher Buße dafür tun.
    »Was soll nun aus uns werden? Was soll aus mir werden?«, fragte Franziska leise, während Tränen in ihren Augen schimmerten. »Ich darf Johann nicht wiedersehen und muss den Hof noch heute verlassen.«
    »Wer sagt das?«
    »Der alte Bonner hat mir gedroht, dass, wenn ich nicht augenblicklich verschwinde, ich meines Lebens nicht mehr froh werde. Aber wo soll ich hin? Nach Hause will ich nicht zurück. Und ein Leben ohne Johann kann ich mir nicht mehr vorstellen. Ich liebe ihn! Doch es wird für uns keine gemeinsame Zukunft geben, dafür werden seine Eltern sorgen. Hätte ich ihm doch nie meine Liebe gestanden, hätte ich doch nur …«
    Lambrecht unterbrach sie: »Du hast nichts Unrechtes getan. Wenn ihr wahrhaftige Liebe empfindet, dann wird euch unser Herrgott helfen, darauf musst du vertrauen. Dass du hier nicht mehr arbeiten darfst, daran ist nichts zu ändern, schließlich kann man meinen Schwager nicht dazu zwingen. Aber ich kenne eine Familie in Duderstadt, die ich bitten kann, dir Unterkunft zu gewähren. Allerdings weiß ich nicht, wie es mit dir und Johann weitergehen wird. Zuerst muss der Junge gesund
werden. Wie ich ihn einschätze, wird er sich von seinem Vater nicht einschüchtern lassen und an seinen Heiratsplänen festhalten. Eure Liebe zueinander wird euch stärken. Daran musst du fest glauben, mein Kind.«
    Als Franziska für die tröstenden Worte danken wollte, hob Lambrecht abwehrend die Hände.
    »Bedanke dich nicht bei mir, sondern vertrau unserem Herrgott. Und jetzt pack deine Sachen zusammen, und geh ins Pfarrhaus nach Tastungen. Dort warte, bis ich komme. Ich habe hier noch einiges zu klären.«
    Bevor das Mädchen den Raum verließ, fügte er schnell hinzu: »Franziska, schweig darüber, wohin du gehst. Leute, die dich für schuldig halten, müssen nicht wissen, wo sie dich finden können.«
    Das Mädchen nickte und schloss leise die Tür.
     
    Lambrecht blieb allein zurück und tupfte seinem Neffen den Schweiß von der Stirn.
    Böse Frau hatte man sie genannt. Wie dumm und einfältig doch die Menschen waren. Was nützte es, dass er jeden Sonntag Nächstenliebe predigte, wenn die Gemeinde ein junges Mädchen wie Franziska bei erster Gelegenheit verurteilte? Lambrecht wusste, dass Menschen von ihren Ängsten beherrscht wurden, und je ungebildeter sie waren, desto leichter konnte man sie einschüchtern. Die Gebildeten aber nutzten diese Ängste zu ihrem Vorteil aus.
    Lambrecht fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Traurig sah er zu seinem Patensohn, der unruhig schlief und immer wieder leise aufstöhnte. Lutz schloss die Augen, um im Gebet Trost zu finden, als die Tür aufgestoßen wurde und sein Schwager polternd hereinplatzte.
    »Was macht der missratene Bursche? Hält er an seinen Heiratsabsichten fest?«
    Im selben Moment, als Bonner in den Raum getreten war, sprang Lambrecht auf und stellte sich zwischen Vater und Sohn. Caspers Augen waren gerötet, und eine leichte Bierfahne schwappte dem Pfarrer entgegen.
    »Du hast wieder getrunken, Casper!«, stellte Lambrecht fest.
    »Kümmere dich um deine Angelegenheiten, Hochwürden!«, krächzte

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