Das Hexenmal: Roman (German Edition)
Bonner und lachte höhnisch auf. »Bei dieser undankbaren Brut kann man sich nur besaufen.«
»Gibt es nicht Schlimmeres als einen Sohn, der heiraten möchte?«, gab der Geistliche zurück.
»Das sagst ausgerechnet du, der weder Weib noch Brut sein Eigen nennt. Was weißt du schon? Eine Magd will er heiraten!«, schrie Bonner jetzt mit sich überschlagender Stimme. Lambrecht beherrschte sich und antwortete nicht sofort. Zwar war auch er einst verheiratet gewesen, doch Frieda war schon seit mehr als dreißig Jahren nicht mehr bei ihm. Der Herrgott hatte sie und sein ungeborenes Kind zu sich geholt. Lambrecht hatte sich nie wieder vermählt. So gesehen hatte Casper nicht Unrecht.
»Ich bitte dich, Casper, was ist daran so schlimm?«, versuchte der Pfarrer mit ruhigen Worten auf Bonner einzureden, »auch im Buch Rut heiratet eine Magd einen reichen Bauern. Sogar in der Heiligen Schrift steht geschrieben: Eine liebenswürdige Frau ist wertvoller als Gold. Und Franziska macht auf mich einen tüchtigen Eindruck.«
Doch Bonner sah sein Gegenüber nur hämisch grinsend an. Gutsherr und Pfarrer standen sich wie ungleiche Krieger gegenüber. Der eine leicht schwankend, sich seiner sicher, der andere nur fähig, seinen Zorn zu unterdrücken, indem er sich an die Kraft des Glaubens klammerte.
Caspers glasige Augen verengten sich, als er erwiderte: »Ach, Herr Pfarrer! Jetzt legst du das Wort Gottes so aus, wie es dir gefällt. Doch ich sage dir, alle Mägde sind Huren – und diese auch.
Sie kriechen in jedes Bett, das sich ihnen bietet. Vorzugsweise natürlich in das des Gutsherrn oder des Jungbauern.«
»Casper! Wie kannst du ein unschuldiges Mädchen so verunglimpfen? Ich habe Franziska kennengelernt. Sie ist nicht nur eine wahre Schönheit, sondern auch klug und tüchtig.«
Spott blitzte in Bonners Augen auf, und er musterte seinen Schwager von oben bis unten.
»Dass dir so etwas auffällt, wundert mich. Du bestätigst mich, in dem, was ich denke, denn sogar dich hat sie bezirzt. Sagt Luther nicht in Vers 8: Wende dein Angesicht von schönen Frauen, und sieh nicht nach der Gestalt anderer Weiber. Denn schöne Weiber haben manchen betört, und böse Lust entbrennt davon wie ein Feuer. Von mir aus kann Johann dieses Miststück in sein Bett holen. Aber ehe er sie heiratet, schlage ich ihn tot.«
Scharf sog Lambrecht Luft in die Lunge.
»Du bist ein Unhold! Wage dich nicht, noch einmal die Hand gegen den Knaben zu erheben, denn: Wer unrecht tut, der wird empfangen, was er unrecht getan hat; und es gilt kein Ansehen der Person! Das muss ich dir nicht erklären …«
»Kolosser 3,25«, parierte Bonner. »Du glaubst wohl, Schwager, dass du allein weißt, was geschrieben steht. Vergiss nicht, dass mir mein Vater viele Jahre lang die Bibel eingeprügelt hat. Hochmut kommt vor dem Fall.«
Mit diesen Worten wollte Bonner den Raum verlassen, doch Lambrecht hielt ihn am Ärmel fest, erhob den Zeigefinger und rief aus: »Ihr Väter, erbittert eure Kinder nicht, damit sie nicht scheu werden. Kolosser 3:21. «
Dann versuchte er mit gedämpfter Stimme den Schwager zu überzeugen: »Sei nicht engstirnig, Casper. Lass gut sein, und gib deine Einwilligung.«
Mit einem Ruck befreite sich Bonner von Lambrechts Griff und ging auf die Tür zu. Bevor er das Zimmer verließ, warf er dem Pfarrer einen bösen Blick zu, dem dieser standhielt. Der
Bauer schrie erneut: »Er soll mich und meinen Zorn nicht herausfordern. Das kannst du ihm bestellen. Ich werde ihn enterben und vom Hof jagen, und sein Liebchen wird mit ihm untergehen.« Mit diesen Worten warf er die Tür hinter sich zu.
Entmutigt sank der Pfarrer auf den Schemel neben dem Bett. Ungläubig schüttelte er den Kopf. Welch ein Narr sein Schwager war! Wieder einmal hatte Casper Bonner bewiesen, dass er ignorant war und dumm. Gegen Liebe gab es keine Vernunft. Je mehr sich die Eltern dagegen sträubten, desto stärker würden die Gefühle der Liebenden füreinander werden.
Von dem lauten Streit zwischen seinem Vater und seinem Patenonkel hatte Johann nichts mitbekommen. Der Hopfensud hatte ihn in tiefen Schlaf gesenkt. Nur ab und an flackerten seine Augenlider. Behutsam strich Lutz seinem Neffen mit dem feuchten Tuch über die Stirn. Plötzlich ließ lautes Geschrei die Wände regelrecht erbeben. Lutz konnte Caspers donnernde und Anneroses weinerliche Stimme hören, aber nicht verstehen, was sie sagten. Ein lautes Poltern und der Knall, als die dicke Eichentür ins Schloss
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