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Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Das Hexenmal: Roman (German Edition)

Titel: Das Hexenmal: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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Brot gewesen und hatte sich im Laufe der Jahre im Dienst der Familie durch seine Treue Anerkennung und Respekt verschafft. Zudem besaß er ein außergewöhnliches Geschick im Umgang mit Pferden, weshalb der alte Arnold ihn stets bereitwillig um Rat gefragt hatte.
    Mit Heinrich war nun die letzte Verbindung zu den Eltern gestorben. Oft hatten Anna und er dem alten Mann stundenlang zugehört, wenn er Geschichten von den Eltern erzählte, an die sich die Kinder nicht mehr erinnern konnten.
     
    Clemens seufzte. Was würde Anna sagen, wenn sie von Heinrichs Tod erfuhr?
    Friedrich Schildknecht saß Clemens gegenüber und sah ihn nachdenklich an. Er ahnte die traurigen Gedanken seines Freundes und erhob den Krug, um mit lauter Stimme die Trauergemeinde aufzufordern: »Auf Heinrich, einen treuen Knecht!«
    Zustimmendes Murmeln war zu hören, und die Trauernden erhoben die Krüge auf den Verstorbenen. So auch Münzbacher, der Clemens scharf ansah. Dieser hielt dem Blick des Schwagers mühelos stand.
    ›Eines Tages machst du einen Fehler, Wilhelm‹, dachte der junge Arnold bei sich. Von Minute zu Minute wurden die Zweifel kleiner und die Gewissheit größer, dass sein Schwager die Schuld an Heinrichs Tod trug. Dessen war sich Clemens sicher, und so erhob auch er den Krug in Richtung des Schwagers, prostete ihm zu und leerte den Krug in einem Zug.
    Friedrich fragte mit gedämpfter Stimme: »Worüber denkst du nach?«
    Clemens wandte sich ihm zu.
    »Sieht man das?«
    »Vielleicht kann nur ich es erkennen.«
    »Ich habe einen Verdacht …«
    Erstaunt blickte Friedrich ihn an.
    »Was für einen Verdacht?« »Nicht hier. Wir treffen uns morgen Mittag an dem Platz, wo wir als Kinder immer gespielt haben«, schlug Clemens vor.
    Friedrich lächelte. Kindheitserinnerungen wurden wach, und er sah Anna als kleines Mädchen vor sich. Anna, die jetzt mit einem anderen Mann verheiratet war. Einem Fremden, der nicht hierhergehörte. Nicht in dieses Haus und nicht an diesen Tisch. Friedrich schielte zu Münzbacher hinüber, der sich erneut den Krug füllen ließ. Doch so war es, und er hatte es zu akzeptieren. Friedrich nahm einen großen Schluck Bier. Er war gespannt, was Clemens ihm zu berichten hatte.

    Clemens wartete bereits auf Friedrich, als der zum vereinbarten Treffpunkt kam. Gedankenverloren sah sich der junge Arzt um. Wie hoch die Bäume und das Buschwerk gewachsen waren! Viele Jahre war er nicht mehr hier gewesen – hier, wo er so viele unbeschwerte Stunden als Kind verbracht hatte.
    Clemens lachte laut auf, als er den verträumten Blick seines Freundes bemerkte.
    »Denkst du wieder an die Drachenschuppe?«, neckte er ihn. Zuerst wollte Friedrich leugnen, doch dann nickte er.
    »Ich dachte, sie würde auf mich warten!«
    »Anna hätte sicherlich gewartet, wenn unsere Eltern noch leben würden. Du warst nicht da, als sie starben, und ich war kein Trost für sie. So konnte sich Wilhelm in ihr Herz schleichen. Und dass das geschehen konnte, bereut sie sicherlich schon längst …«
    »Warum geht sie dann nicht fort von ihm?«
    »Nur Wilhelms Tod würde meine Schwester für dich frei machen, und das weißt du.«
    Mit traurigem Blick schaute Friedrich in die Ferne. Er wusste, dass Clemens Recht hatte.
    »Aber dann müssen wir eben nachhelfen, so wie er es bei Heinrich getan hat!«
    Bei diesen Worten sah der junge Arzt seinen Freund erschrocken an.
    »Sind das die Gedanken, die dich beschäftigen?«
    »Glaube mir, nur zu gern würde ich dem widerlichen Kerl die Gurgel umdrehen …«
    »Ich bitte dich, Clemens, ich mag ihn auch nicht, aber deshalb werde ich doch nicht zum Mörder!«
    Clemens holte tief Luft und verriet Friedrich dann, was ihn beschäftigte: »Ich bin überzeugt, dass Wilhelm für den Tod von Heinrich verantwortlich ist.«
    Gespannt sah er Friedrich an.
    »Wie kommst du auf solch einen absurden Gedanken? Ich gebe zu, dass die Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß ist, von einem angesägten Baum erschlagen zu werden. Aber doch nicht völlig unmöglich …«
    Der junge Arnold sah ihn grimmig an. Als Friedrich das bemerkte, versuchte er einzulenken: »Clemens, auch ich wäre froh, wenn Wilhelm Münzbacher verschwinden würde. Aber ihm einen Mord anzuhängen … Was hat dich dazu veranlasst, an den Umständen, die zu Heinrichs Tod führten, zu zweifeln? Hast du einen Beweis?«
    Clemens zuckte mit den Schultern: »Nein, nur ein Gefühl …«
    Friedrich sah ihn an, als ob er den Verstand verloren hätte. »Du bist von Sinnen,

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