Das Hexenschiff
Positionen einnahmen.
Es war eine verdammt aussichtslose Lage, in die beide geraten waren. Keine Dämonen oder Geister standen vor ihnen, sondern Menschen, die einem ungeheuer starken psychischen Druck ausgesetzt waren. Sie reagierten überstürzt und voller Panik, denn ihre Handlungen wurden von der Angst und vom reinen Selbsterhaltungstrieb diktiert. Aber Suko und Bill wollten auch leben. Der Chinese flüsterte seinem Freund zu, daß er sein Inkognito aufgeben wollte.
»Vielleicht nutzt es was«, raunte er noch. »Was gibt es da zu reden!«
»Ich sollte noch etwas sagen«, bemerkte Suko. »Aber schnell.«
»Sicher, Mister, sicher. Und jetzt hören Sie genau zu. Wenn Sie uns beide erschießen, haben Sie nicht nur zwei Morde auf dem Gewissen, sondern auch einen Mord an einem Polizeibeamten. Ich bin Inspektor beim Scotland Yard. Das wollte ich Ihnen nur sagen.«
Nach Sukos Rede war es für einen Moment still. Die Männer überlegten. Bill und Suko hörten sie auch miteinander tuscheln, und der Scheinwerferstrahl wurde ein wenig zur Seite gedreht, so daß er nicht mehr blendete.
Die Freunde waren mehr als gespannt, ob sich die Männer von Sukos Worten hatten überzeugen lassen.
Das Tuscheln brach ab, der Sprecher meldete sich zu Wort und sagte:
»Es scheint mir wirklich ein Trick zu sein. Welche Polizei stellt schon Chinesen ein?«
Mit einer ähnlichen Reaktion hatte Suko fast gerechnet. Er preßte hart die Lippen zusammen und war zunächst einmal stumm.
»Hat es dir die Sprache verschlagen, Chinese?« höhnte der Mann aus dem Dunkeln.
»Es stimmt tatsächlich«, sagte Bill Conolly. »Ich kann mich dafür verbürgen.«
Der andere lachte. »Wenn man Angst hat, so wie ihr beide, verbürgt man sich für alles. Nein, ihr legt mich nicht rein, das kann ich euch versprechen. Weshalb haben Sie denn nicht gesagt, daß Sie von der Polizei sind?«
»Dann hätte ich gelogen.«
»Ach so. Toll, Ihre Ehrlichkeit. Was sind Sie denn nun? Der Gehilfe und Amateurdetektiv?«
»Ich bin Reporter«, erklärte Bill.
»Auch noch ein Zeitungshai.« Der andere lachte. »Das ist die absolute Spitze.«
»Akzeptieren sie denn überhaupt nichts?« fragte Bill.
»Nur unsere Waffen. Wir haben genug Ärger am Hals, und wir sind froh, daß wir leben können. Niemand soll erfahren, was hier passiert. Niemand wird etwas erfahren.«
»Haben Sie schon Menschen erschossen?« fragte Suko.
»Rede nicht dumm herum. Bevor wir untergehen, sollen es andere.«
Suko schüttelte den Kopf. Mit diesem Typ war einfach nicht nicht zu diskutieren. Der zeigte sich ungemein verstockt. Er wollte nicht akzeptieren, daß Suko und Bill nichts mit dieser verdammten Hexenbrut zu tut hatten. Das war fatal.
Suko startete einen letzten Versuch. »Vielleicht schauen Sie sich meinen Ausweis wenigstens an. Damit Sie sehen, daß wir nicht gelogen haben.«
»Nein!«
Plötzlich bekamen Suko und Bill Schützenhilfe. Und zwar von einem der anderen Bewacher. »Laß sie doch, Kelly. Vielleicht sind es wirklich Bullen.«
»Nur einer.«
»Was spricht dagegen, wenn er es beweisen will?«
»Stehst du auf ihrer Seite?«
»Nein, Kelly, aber…«
»Also gut, Chink, hol deinen Ausweis hervor. Aber denk immer daran, daß vier Gewehrmündungen auf dich gerichtet sind und wir dich durchlöchern können. Hüte dich, eine Waffe zu ziehen.«
»Ich weiß.« Sukos Stimme klang ruhig.
Auch Bill rührte sich nicht. In seinem Kopf jedoch überschlugen sich die Gedanken. Er wußte genau, was Suko wollte. Seinen Ausweis würde er nicht ziehen, er hielt noch einen Trumpf in der Hinterhand. Den mußte er jetzt einfach einsetzen. Mit der Waffe, die er bei sich trug, rechnete bestimmt keiner der vier Bewacher.
Da die beiden Männer aus London nicht aus den Augen gelassen wurden und Suko den anderen auch keinen Grund geben wollte, vorzeitig abzudrücken, bewegte er seinen Arm sehr langsam und vorsichtig. Zuerst verschwanden die Fingerspitzen im Ausschnitt des Jacketts, danach die gesamte Hand. Von den Bewachern sprach niemand. Suko und Bill hörten nur das scharfe Atmen der Männer. Bill schielte zur Seite. Suko stand rechts neben ihm. Dessen Hand war nicht mehr zu sehen. Sie mußte bereits den Gegenstand umfaßt haben, der so ungemein wichtig war.
Und dann folgte der Ruf.
»Topar!«
***
Dieses eine Wort veränderte alles!
Für die Dauer von fünf Sekunden wurde die Zeit angehalten, und innerhalb dieser Spanne konnte sich außer dem Träger des Stabes niemand bewegen.
Hätten die
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