Das Himmelbett
Befehlsgewalt über das Boot rauben. Er beherrschte sich mit einer gewissen Anstrengung.
»Was hältst du von Almö?« fragte er und zeigte auf die Karte. »Da gibt es einen Kaufmannsladen. In dieser kleinen Lagune könnten wir gut über Nacht liegen.«
Es war das dritte Mal, daß er sie freundlich ansprach. Sicher auch das letzte Mal. Ihre ganze Vernunft sagte ihr das. Sie war ein Idiot, wenn sie nicht mit ihm Frieden schloß. Gut, dann war sie eben ein Idiot.
»Mir ist das gleich«, sagte sie. »Nimm, welche Insel du willst.«
Es wurde totenstill um sie. Sie spürte die Blicke der Mädchen auf sich. Sie vermied es, ihn und sie anzusehen. Außerdem konnte sie sich gut vorstellen, wie er aussah, mit eingezogenem Genick, stinkwütend. Der Wind frischte auf, aber die Luft erschien dumpf — dumpf wie vor einem nahenden Gewitter. Sie starrte auf seine Hände, die elektrisch bis in die Fingerspitzen wirkten.
Er kochte vor Erbitterung. Sie hatte das ganze Vergnügen des Segelns zerstört. Er preßte die Lippen zusammen. Wenn sie es so haben wolle, bitte sehr. Er machte niemandem den Hof.
Als sie auf der Höhe des Långdragssundes lagen, war das Schweigen so unausstehlich, daß Margareta hätte schreien mögen. Warum sagte er nichts, warum zankte er nicht, warum wütete er nicht? Sie sah auf die Uhr. Sie waren fast zwei Stunden gesegelt, und das einzige Wort, das er gesprochen hatte, galt Barbro und der verfluchten Untiefe. Wenn das so weiterging, sprang sie ins Wasser. Das konnte ja kein Mensch aushalten.
»Backbord liegen zwei Steine im Wasser«, sagte er zu Barbro. »Achte auf sie.« Er blickte in die schmale Einfahrt. Dann sah er wieder auf die Karte. Als er wieder hochsah, merkte er, daß sie nach Backbord trieben. Dämlicher Wind, er hatte sich gedreht. Damit hätte er rechnen müssen. Na, er kam wohl trotzdem klar von den Steinen.
Im letzten Moment bemerkte er die Brandung. Er warf das Ruder herum und ging über Stag. Es war höchste Eisenbahn. Er hörte den dumpfen, hohlen Ton, als der Kiel an den Steinen schabte. Ehe er denken konnte, mußte er wieder über Stag gehen. Er spürte plötzlich kalten Schweiß auf der Stirn. Er war auf Grund gekommen und hatte zwei unnötige Schläge mitten in einer engen Einfahrt gemacht. Elegantes Manöver, was? Verdammt elegantes Manöver!
Und Barbro? Seine Wut wandte sich gegen sie. Sie, die helfen sollte, auf die Steine zu achten.
»Was bist du für ein Ausguck«, rief er voll Verbitterung. »Willst du uns ins Unglück reiten, wie?«
Sie versuchte den Spiegel zu verstecken, war aber nicht flink genug. Er übergab Katarina das Ruder. Mit einem Brüllen überquerte er in drei Sprüngen das Deck und schüttelte sie, als wäre sie ein Lappen. Der Spiegel fiel aufs Deck und zersprang. Sieben Jahre Pech, gelang es ihr zu denken. Sieben Jahre Pech.
»Entschuldige«, sagte sie hastig. »Lieber... entschuldige.«
Die Erbitterung über das plumpe Manöver sprengte ihn fast in Stücke. Er schnappte nach Luft. Dieser ganze verfluchte Tag...
»Entschuldige«, schrie er. »Ist das alles, was du zu sagen hast?«
Barbro wurde böse.
»Reicht das nicht?« fragte sie trotzig. »Soll ich auch noch auf die Knie fallen?«
Vor seinen Augen wurde es rot.
»Nimm dich in acht«, sagte er. Der Griff um ihre Schultern wurde härter. »Du verfluchte...«
Sie dachte nicht daran, sich einschüchtern zu lassen. Was hatte sie getan? Sich eine Sekunde im Spiegel betrachtet. Das war wohl keine Todsünde.
»Nimm dich selbst in acht, du«, antwortete sie und warf den Kopf zurück.
Er schleifte sie fast über Deck. Sie bekam Angst. Die Gesichter der anderen wurden zu verwischten Flecken. Das einzige, was sie begriff, war der stahlharte Griff um ihren Arm.
»Laß mich los«, rief sie. »Du tust mir weh.«
Er sprang in den Sitzbrunnen und zog sie nach sich.
»Katarina«, flehte sie. »Hilf mir. Er ist verrückt.«
Katarina vermied es, die beiden anzusehen. Was sollte sie auch tun? Das Ruder loslassen? Gunilla und Gudrun flohen die Treppe hinunter zur Kajüte. Lena und Margareta zogen sich aufs Vorschiff zurück. Nur Ullabritt saß da und starrte mit schreckgeweiteten Augen.
»Ullabritt!« Barbro streckte bittend die Arme nach ihr aus. Da zog er sie übers Knie, als hätte sie gar kein Gewicht. Sie zappelte mit Armen und Beinen. »Entschuldige!« schrie sie und begriff, daß von ihren Kameraden keine Hilfe zu erwarten war. »Lieber Rolf... entschuldige!«
Er zog den Reißverschluß auf und
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