Das Himmelbett
möglich von Katarina weg, ohne zu versuchen, wieder ans Ruder zu kommen. Margareta kam aus der Kajüte hoch.
»Der Kaffee ist fertig«, sagte sie.
Katarina merkte, daß ihre Hände eiskalt waren.
»Willst du das Ruder nehmen«, bat sie Gudrun. »Eine Tasse Kaffee kann mein Leben retten.«
Sie blieb vor Rolf stehen.
»Komm«, sagte sie, »wir brauchen beide ein Gläschen zur Stärkung.« Er antwortete nicht. Die blauen Augen, die vorhin noch so sonnig und froh waren, richteten sich auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne. »Rolf«, bat sie.
»Ich will nichts haben«, preßte er hervor. Sie ging hinunter in die Kajüte. Zerstreut rührte sie im Kaffeetopf, ohne die Mädchen um sich her zu bemerken.
»Und Rolf?« empörte sich Ullabritt. »Soll er nichts bekommen?«
Katarina füllte einen Topf.
»Geh damit zu ihm hinauf«, sagte sie. »Nimm ein Milchbrötchen mit, meinetwegen auch zwei.«
Ein paar Augenblicke später kam Ullabritt zurück. Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt. »Er hat den Topf ins Wasser geschmissen«, berichtete sie.
»Die Milchbrötchen auch.« Ihre Stimme zitterte. »Er ist unser müde«, meinte sie. »Er ist es müde, die Kinderschwester für diesen Haufen hier zu spielen.«
In Katarina wallte ein heftiges Mitleid mit ihm auf. Oh, wenn sie bloß auf irgendeine Weise die Schuld für diese verdammte Navigierung auf sich nehmen könnte. Wieviel leichter ist es, der Sündenbock zu sein, als mit seinem ganzen Wesen einen zu brauchen. Rasch schüttete sie den Kaffee in sich und ging hinauf, um Gudrun abzulösen.
Niemand wunderte sich über die dunklen Gewitterwolken, die am Abend über den Gipfeln der Wälder von Ravö auftauchten. In der südlichen Bucht gingen sie vor Anker. Sie aßen schweigend Mittag.
»Ich hau mich in die Koje«, sagte Katarina und erhob sich. Diese Worte lösten zufällig Rolfs Zunge.
»Ich will im Mannschaftsraum schlafen«, sagte er. »Allein.«
Einen Moment begegnete sie seinem gequälten Blick. Wenn sie nur ein Wort, ein einziges Wort des Trostes finden könnte. Hilflos sah sie die Unmöglichkeit ihres Wunsches ein. Was sie auch sagen würde, es könnte die Sache nur verschlimmern.
Am nächsten Tag war es fast noch schlimmer. Es war nicht nur das Wetter mit dem schwachen Wind und dem gleichmäßig andauernden Regen. Der Motor war auch nicht in Ordnung. Unendlich langsam schlichen sie über die trostlose Wasserfläche. Lena löste Katarina am Ruder ab. Sie ging hinunter, um zu sehen, ob Rolf den Fehler am Motor gefunden hatte.
»Wir haben kaum Steuerfahrt«, sagte sie zu ihm. Beleidigt sah er sie an.
»Zum Teufel, jetzt wühle ich hier schon eine ganze Stunde herum«, murrte er.
» Auslaufen, ohne zu kontrollieren, ob der Motor funktioniert.«
»In Trangskärsviken ging er jedenfalls«, wollte sie sagen, hielt sich aber zurück.
»Es ist unentschuldbar«, murmelte sie demütig.
Schweigend sah sie zu, wie er im Motor herumsuchte, stinkwütend und unter wilden Flüchen. Der Schraubschlüssel rutschte ab, und er schlug sich die Knöchel ein. Im selben Moment entdeckte sie den Fehler selbst. »Der Benzinhahn am Tank«, wollte sie ausrufen, schloß aber die Lippen zu plötzlicher Einsicht, was auf dem Spiel stand. Sie schielte zu ihm hin. Mit gesträubten Haaren stand er über die geöffnete Motorhaube gebeugt. Sie streckte vorsichtig die Hand aus und drehte den Hahn.
»Ich glaube, jetzt habe ich den Fehler gefunden«, sagte er eine Sekunde danach. »Laß uns probieren.«
Die Erleichterung und der Triumph, die sie in Rolfs Gesicht las, als der Motor in Gang kam, erfüllten sie mit wilder Freude.
»Du hast es hingekriegt«, sagte sie ein Mal aufs andere. »Du hast es hingekriegt!«
»Dachtest du das Gegenteil?« meinte er, unter der Bewunderung, die in ihren braunen, freudestrahlenden Augen leuchtete, auf tauend. Ihm war, als sähe er sie zum erstenmal.
»Wie süß du bist«, sagte er und tippte mit dem Finger auf ihre Stupsnase, die gleich einen Ölfleck bekam. »Wie alt bist du eigentlich?«
»Neunzehn«, antwortete sie und setzte »bald« hinzu, als sie den Ausdruck seines Gesichts bemerkte.
Bald neunzehn, dachte er, Herrgott! Sorgfältig trocknete er seine Hände an einem alten Lappen ab. Er hatte an sie nur als an den Schiffer der Aurora gedacht, und dabei war sie die Süßeste von allen. Zum Teufel auch, noch nicht einmal neunzehn. Edelmut wallte in ihm auf. Kein Wunder, wenn sie ab und zu ein Boot rammte... komisch, daß sie es nicht jeden Tag
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