Das Himmelbett
»Sweden, Norrköping.« Der Mann fing an zu lachen und sich auf den Bauch zu klatschen.
»Vögeln«, rief er in völlig verständlichem Schwedisch, beinahe in Göteborgsdialekt, und er lächelte über das ganze Gesicht.
Was soll man darauf antworten? Ich suchte nach einer passenden Erwiderung, aber Sten kam mir zuvor.
»Wo kommst du her?« fragte er ruhig und bestimmt, und seinem Englisch war anzumerken, daß er das Abitur hatte.
»Aus Muttis kleinem Loch«, antwortete der Japaner und führte sich auf wie ein echter Schwede von der Westküste.
»Geh zum Teufel«, sagte Sten, und es klang bedeutend schärfer, als ich von ihm je erwartet hätte.
Der Japaner zeigte auf mich.
»Ist das deine Frau? Sie ist hübsch. Küß sie.«
Nein, jetzt war es wirklich genug mit dem Kontakt >über die Grenzen hinweg<. Ich nahm Stens Arm, aber er blieb stehen und hatte offenbar keine Lust zu gehen.
»Mach so«, sagte der Japaner.
Er nahm seine Mütze und setzte sie einem seiner Kameraden auf den Kopf, der nicht älter als zwölf aussah, aber bestimmt fünfzig war.
»Guck mal.«
Er kitzelte den Kameraden unterm Kinn, beugte sich dann vor und küßte ihn auf den Hals, es war ein langer, bohrender Kuß, während er mit der einen Hand in den doppelt gefalteten Hosenlatz des anderen hineinfuhr. Dieser machte zuerst einen Anlauf, ihn zu bremsen, hielt aber dann still, leicht kichernd.
»Was spüre ich denn da, oho, oho. Was habe ich denn da in der Hose zu fassen?«
Ohne ein Wort drehten Sten und ich uns um, wir gingen zurück, und ich schloß schneller an seiner Seite auf.
»Kommt her, kommt zurück«, schrie der Japaner uns nach. »Ich will sie küssen, bürsten. Die ganze Nacht. Komm her mit ihr.«
Ohne zu antworten, gingen wir zurück.
Erst nach einer Weile hatten wir uns genügend gefangen, um wieder miteinander sprechen zu können.
»Jetzt würde eine Erfrischung guttun«, sagte Sten. »Eine Limonade.«
»Einverstanden.«
Wir gingen an einer neuen Gruppe von Japanern vorbei, die mit einer Spanierin sprachen. Sie streckte sich vor und schien den Abstand zwischen ihren Knien und Hüften nachzumessen, und dann hielt sie die Hände hoch wie ein Sportangler.
»Es würde mich interessieren, wie es auf einem japanischen Schiff aussieht, am Tage, meine ich«, sagte ich. »Sie sollen so schicke Küchengeräte haben.«
»Du scheinst gutem Essen nicht abgeneigt zu sein.«
»Stimmt. Hast du die alte Markthalle hier unten im Hafenviertel gesehen? Man bekommt solchen Appetit, wenn man sieht, was es alles gibt.«
Wir waren schon an dem niedrigen Zollhäuschen angelangt. Sten blieb stehen. Er sah mich etwas unschlüssig an.
»Du bist vielleicht müde?«
»Ich überhaupt nicht. Ich mache alles mit. Fast alles.«
»Es ist erst zehn Uhr. Wir könnten in einen Nachtklub gehen, zum Beispiel.«
»Fangen wir mit einer Bar an.«
Ein Weilchen später saßen wir in einem Straßencafé am Markt, an einem wackligen Tisch unter einem hohen Baum, der von einer Lampengirlande angestrahlt wurde. Wir hatten rasch ein paar Cognacs in uns hineingekippt, und ich fühlte mich schön schlaff und behaglich. Sten begann aus irgendeinem Grund, mich Lo zu nennen, ich fand es recht süß und dachte nicht daran zu widersprechen.
Er stand auf, um zur Toilette zu gehen, wenn es überhaupt eine gab, und eigentlich bemerkte ich erst jetzt, wie lang und schlank er war. Es ist doch zu schön mit schmalen Hüften und schlanken Beinen. Etwas zum Reingreifen, dachte ich, ja, zum Reingreifen, zum erstenmal seit einem halben Jahr, einer ganzen Ewigkeit.
Ich folgte ihm mit den Blicken, wie er sich seinen Weg zwischen den Tischen hindurch bahnte. Er bewegte sich leicht und geschmeidig. In der Hand hielt er eine zusammengefaltete Zeitung. Östgöten? Nein, das war nicht gut möglich.
Wir müssen eine Pferdedroschke nehmen, dachte ich, das ist jedenfalls unerhört romantisch. Ich schloß die Augen und stellte mir augenblicklich vor, in einem schaukelnden Wagen zu sitzen, der nach Leder und altem Schimmel roch. Vor mir, neben der dunklen Masse des Kutschers, sah ich das Pferd mit seinen schweißbedeckten Schinken und dem Lederriemen, der sich um die große Wurzel des Schwanzes schloß. Außerhalb des kleinen Fensters waren unbewegliche Palmenkronen und dunkles Meer mit einem leuchtenden Rand von Brandungswellen zu sehen, weit draußen, hoch oben. Ich hob mein Glas, nein, ich setzte die Champagnerflasche direkt an den Mund und trank. Es lief mir in kalten Schauern
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