Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Titel: Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Hipp
Vom Netzwerk:
wie sich Dinge zum gleichen Zeitpunkt an verschiedenen Orten unabhängig voneinander ereignen können. Wir sagen in diesem Fall, eine Idee, eine Theorie, eine Erfindung habe wohl „in der Luft gelegen“. Die Frage ist nur: Warum wird sie von bestimmten Menschen erfasst und aufgegriffen – und von anderen nicht? Hier reicht der Zufall, das Zufallen allein als Erklärung nicht aus. Mindestens ebenso wichtig ist das Festhalten und das Verfolgen des Zugefallenen – seine Umsetzung. Wir müssen aus dem Zufall etwas machen, erst dann wird die Idee Wirklichkeit.
    Meine Erfahrung ist, dass erst die eigene Begeisterung für eine Idee Mut macht und einem Flügel verleiht. Nur wenn ichüberzeugt bin, dass diese oder jene Idee richtig ist, dass es einfach so gemacht werden muss, schreite ich vom Gedanken zur Tat. Ich spüre eine innere Dringlichkeit: Das wird kein anderer machen, wenn ich es nicht mache. Es ist meine Aufgabe, das zu tun. Ich bin für die Idee verantwortlich. In bestimmten Fällen mag sogar das etwas pathetische Wort von der Berufung zutreffen.
Innere Stimmen und Rufe von „oben“
    Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts kam ich bei einem Ausritt zufällig an der Wallfahrtskirche Herrnrast bei Ilmmünster vorbei, einem Ort einige Kilometer südlich von Pfaffenhofen. Sie liegt, nicht weit von unserem Familiengehöft entfernt, weithin sichtbar auf einer Anhöhe.
    Einer Legende zufolge war dort einem Schafhirten gegen Ende des 16. Jahrhunderts in einem Lindenbaum ein Bildnis des rastenden Herrn erschienen. Das ist ein rund zweihundert Jahre zuvor aufgekommenes Motiv. Die fast ausschließlich plastischen Werke stellen den Erlöser nach dem Verhör und der Folter im Hause des Pilatus dar, und zwar sitzend, einen Arm auf dem Oberschenkel aufgestützt, im Lendenschurz, mit Dornenkrone und Wundmalen. Mehrfach soll der Hirte das Bildnis in seine Hütte getragen und es in einer Art hölzernem Schrein verborgen haben. Doch stets fand er es am folgenden Tag wieder in der Linde. Der Pfarrer von Ilmmünster, so heißt es, hörte von dem wunderlichen Geschehen und erzählte seinem Bischof davon, der darauf den Bau der Kirche anordnete. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie schwer beschädigt, 1689 im barocken Stil erneuert. Als Bezug auf die Gründungslegende beherbergt der Hochaltar bis heute eine – wohlgemerkt auch aus dem Barock stammende – hölzerne Gnadenfigur des „Christus in der Rast“, von dem sich eben auch der Name der Kirche herleitet.
    Im 19. Jahrhundert erfreute sich Herrnrast zunächst nur bei den Gläubigen der Umgebung großer Beliebtheit. Dann kamenPilger von immer weiter her, die Wallfahrtskirche wurde in ganz Oberbayern bekannt. Aus der alljährlichen zweitägigen Kirchweih wurde schließlich ein populäres Volksfest mit Verkaufsbuden und Wurstständen. Der Wallfahrtsgedanke trat dagegen immer mehr in den Hintergrund. Nach dem Zweiten Weltkrieg verfiel die Kirche zunehmend.
    Als ich damals dort vorbei ritt, befand sich das Gotteshaus in einem furchtbar heruntergekommenen Zustand. Das Dach war undicht, die Außenmauern wiesen bereits bedenkliche Risse auf, und teilweise hatte sich bis auf die Höhe der Fenster Erdreich angehäuft. Ich erinnerte mich sofort, dass ich als Kind zusammen mit meinem Vater einmal an einer Wallfahrt hierher teilgenommen hatte. Nun hätte ich natürlich sagen können: Was geht mich der Zustand dieser Kirche an? Da sollen sich die zuständigen Stellen drum kümmern. Wozu gibt es schließlich ein Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege? Und wozu hat das große Erzbistum München und Freising ein Baureferat?
    Tatsächlich aber sagte mir eine unüberhörbare innere Stimme, dass ich mich um diese Sache kümmern müsse. Ich will mich mit dieser Geschichte um Himmels willen nicht als einen von oben Berufenen stilisieren. Ich hatte damals auch keine Erscheinung. Es war einfach nur das Gefühl: Wenn ich mich nicht darum kümmere, wird dieses barocke Kleinod früher oder später zur völligen Ruine verkommen. Und das wollte weder der Katholik noch der Künstler und Kunstbegeisterte in mir zulassen.
    Zunächst wandte ich mich an der örtlichen Pfarrer. Das Verhältnis zwischen dem äußerst sittenstrengen älteren Herrn und seinen Schäfchen war nicht ganz spannungsfrei. Im Gespräch entdeckten wir dann, dass wir aus dem gleichen Viertel in München stammten, das brach ein wenig das Eis. Es war aber auch schnell klar, dass der Pfarrer sich aufgrund seines

Weitere Kostenlose Bücher