Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen
schon etwas anders aus: Er kann seine Musik zwar allein notieren. Aber um sie einem Publikum zu Gehör zu bringen, braucht er Musiker, unter Umständen eingroßes Orchester, Sänger, eine Bühne. Ähnlich der Dramatiker. Schon die musische Eingebung ist also am Ende nur umsetzbar, wenn ihr Schöpfer andere für seine Idee, sein Werk begeistern kann.
Als kreativer Mensch muss ich zunächst selbst von meinen Ideen innerlich zutiefst überzeugt sein. Wenn ich ein Bild gemalt habe, dass ich zwar ganz in Ordnung, aber nicht wirklich gut finde, dann werde ich es in aller Regel niemandem zeigen, schon gar nicht einem Galeristen oder einem anderen Aussteller. Und ebenso werde ich eine geschäftliche Idee, von deren Qualität oder Umsetzbarkeit ich selbst nicht völlig überzeugt bin, zunächst lieber für mich behalten.
Wie jede Idee erstickt wird
Wenn ich dagegen selbst für meine Idee geradezu brenne, dann ist das zwar schon ein gutes Startsignal. Aber es ist nur der Beginn eines längeren und nicht immer leichten Prozesses. Denn ich muss andere Menschen für die Idee begeistern, von der ich selbst so begeistert bin.
Gefällt meinem Galeristen ein in meinen Augen gelungenes Bild nicht so gut wie mir, kann ich ihn nach seinen Gründen fragen. Ich werde ihn allerdings kaum mit Worten davon überzeugen können, dass er die Qualität des Gemäldes falsch einschätzt. Habe ich dagegen eine Idee für ein neues Produkt, eine Vermarktungsidee oder eine Lösung für ein organisatorisches Problem, dann muss ich unbedingt in der Lage sein, andere Menschen mitzuziehen. Denn als Unternehmer kann ich keine einzige Idee alleine umsetzen.
Ich kann natürlich etwas anordnen. Aber was wird mir das nützen, wenn die für die Umsetzung meiner Idee zuständigen Leute im Unternehmen die Sache bestenfalls pflichtgemäß, ansonsten eher lustlos, gar nur widerwillig unterstützen? Wenn ich andere nicht überzeugen kann, wird die Energie hinter meiner Idee früher oder später verpuffen. Aufgrund von Verzögerungenoder Schludereien, im schlimmsten Fall von verdeckter bis offener Obstruktion wird die Umsetzung meiner Idee letztlich zum Scheitern verurteilt sein.
Leider machen viele Führungskräfte immer noch den Fehler, Autorität mit autoritärem Gehabe zu verwechseln. Letzteres stützt sich einzig und allein auf ihre Position, also auf Macht. Mit Macht kann ich zwar Angst – vor Repressalien, vor Übergehung bei Beförderungen oder Gehaltserhöhungen, gar vor Kündigungen – produzieren, aber keine Begeisterung. Dafür muss ich persönliche Autorität besitzen. Und die hat mit einer Position letztlich wenig zu tun. Sie beruht auf der Integrität einer Person, auf dem Wert ihrer Erfahrungen, auf der Qualität ihrer Argumente und auf ihrer Fähigkeit, eine Idee und ihre Hintergründe verständlich und überzeugend zu vermitteln. Dann – und nur dann – habe ich eine Chance, dass der Funke auch überspringt.
Die eigene Begeisterung für die Idee ist gewissermaßen der Motor, der Antrieb für einen Plan. Doch diese Begeisterung muss ich, neudeutsch gesagt, auch „rüberbringen“. Wenn ich selbst nicht zu umschreiben und auszuführen vermag, was meinen Enthusiasmus entfacht und meine Vision ausmacht, dann werde ich schwerlich jemanden finden, der bei meiner Sache mitzieht.
Das Elend der „Präsentationen“
Die Kunst der richtigen Vermittlung kommt heute in der Ausbildung junger Menschen leider viel zu kurz. Meist lernen Berufsanfänger bloß, Powerpoint-Präsentationen abzuhalten. Schon im Studium, vorzugsweise in „harten“ Fächern wie Ingenieurwesen oder Betriebswirtschaft, ist diese Art der Wissensvermittlung inzwischen leider Standard, und zwar sowohl bei professoralen Vorlesungen wie bei studentischen Referaten. Hat einer ein Examen abgelegt, erkennt er sämtliche verfügbaren Standardvorlagen dieser Software bereits im Schlaf.Vielleicht ist das, neben verdunkelten und häufig schlecht belüfteten Sitzungsräumen, sogar der Hauptgrund dafür, dass Powerpoint das in der Wirtschaft am weitesten verbreitete Schlafmittel ist. Schon die äußere Form der Darstellung sorgt hier für derart nachhaltige Déjà-vu-Erlebnisse, dass der Inhalt eines Vortrages fast nichts mehr dazu beitragen muss, sich wie Blei auf die Gemüter des Publikums zu legen.
In diesen – passenderweise oft nachlässig als „Präse“ titulierten – Veranstaltungen wird dann mindestens das halbe Wörterbuch des modernen Business-Denglisch eingearbeitet. Sodass
Weitere Kostenlose Bücher