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Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Titel: Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Hipp
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fortgeschrittenen Alters und der Stimmung in der Gemeinde um das Problem Herrnrast nicht mehr kümmern würde.
    Ich erkundigte mich beim Erzbischöflichen Ordinariat in München nach den Zuständigkeiten. Dort wusste man ebenfallsvom baufälligen Zustand Herrnrasts. Aber zum Erzbistum München und Freising gehören über 2 000 Kirchen. Ein großer Teil davon sind nicht nur religiös, sondern auch baugeschichtlich überaus bedeutend. Verständlich, dass eine Kirche mit gut 200 Plätzen, auf dem einsamen Land gelegen, nicht gerade ganz oben auf der Liste der architektonischen Sorgenkinder stand. Also bot ich an, die Renovierung der Wallfahrtskirche zu großen Teilen privat zu finanzieren. Das Bistum übernahm die Materialkosten, und die zuständigen Stellen dort waren natürlich auch organisatorisch und beratend eingebunden, ebenso wie das Landesamt für Denkmalpflege. Im Gegenzug sagte ich zu, sämtliche Lohnkosten zu übernehmen. Als Bauleiter gewann ich einen ehemaligen Mitarbeiter, der schon einige Jahre im Ruhestand war und der sich mit seinen über 70 Jahren mit großer Freude und riesigem Engagement in das Projekt stürzte. Außerdem startete ich über die Presse einen Aufruf an die Bevölkerung im Landkreis: Wer bei der Sanierung mit anpacken wolle, der sei herzlich eingeladen. Es werde zwar kein Geld geben, aber für eine gute Brotzeit werde stets gesorgt sein. Und so haben wir mit viel Eigenarbeit in rund einem Jahr die Kirche renoviert. Für die fachlich anspruchsvolleren Arbeiten wurden natürlich auch kundige Handwerker und Restaurateure hinzugezogen, die mir vom Baureferat des Erzbischöflichen Ordinariats empfohlen worden waren. Am 12. Dezember 1974 weihte der damalige Münchner Erzbischof, Kardinal Julius Döpfner, die grundsanierte Kirche erneut feierlich. Und auch der heutige Heilige Vater Benedikt XVI. verbrachte als Kardinal Ratzinger seinen Urlaub öfters im Benediktinerkloster Scheyern, ganz in der Nähe von Herrnrast, das er kennt.
    Als Messner kümmere ich mich bis zum heutigen Tag um diese Kirche. Ein erzogener Frühaufsteher, steige ich, so ich daheim bin, morgens um kurz nach sechs ins Auto, fahre wenige Minuten und schließe die Kirche auf, richte gegebenenfalls Kerzen oder Blumen und verharre für ein kurzes Gebet. Abends, meist bevor ich ins Atelier fahre, schließe ich die Kirchewieder zu. Bin ich auf Reisen, kümmert sich unser Firmenwachdienst um diese Dinge. Herrnrast hat sich über die Jahre wieder zu einem überregionalen Ziel für Wallfahrten und Besichtigungen entwickelt. Seit einigen Jahren gibt es zudem einen sehr schönen Christkindlmarkt. Und da die Kirche eine gute Akustik hat, finden auch regelmäßig Konzerte in kleineren Besetzungen statt. Dass es keinen Strom gibt und das Orgelgebläse folglich noch händisch bedient werden muss, sorgt dabei für ein ganz besonderes Klangerlebnis, da die Orgel „atmet“.
    Das Beispiel Herrnrasts zeigt mir nahezu Tag für Tag: Wenn mir etwas zufällt, dann kommt es von jemandem, der es mir zuspielt. Ohne einen ursprünglichen Beweger fällt mir nichts zu. Dieser Beweger ist keineswegs notwendig eine Person oder ein personal gedachtes Wesen wie unser dreieiniger christlicher Gott. Auch der Glaube ist nicht das Einzige, was mich bewegt. Sehr oft sind es ganz handfeste praktische Probleme oder höchst profane Stimmungslagen, die mich antreiben. Aber was es auch ist, „etwas“ muss immer in mir wirken, damit ich eine Idee nicht nur haben sondern auch aufgreifen kann.
    Das heißt natürlich auch, dass es ohne Offenheit für solche Momente und Eingebungen nicht geht. Für eine Idee muss ich zu geistiger Arbeit bereit sein und geistige wie praktische Beweglichkeit mitbringen. Ein aufgeschlossener Mensch hat es leichter, sich von einer neuen Idee begeistern zu lassen als ein verschlossener. Es gibt Menschen, die geradezu süchtig nach neuen Ideen sind, und es gibt solche, die neue Ideen meiden und sich lieber in einer vertrauten Umgebung bewegen. Es gibt Menschen, die sich Gedanken machen, wie etwas funktionieren könnte – und solche, die sich Gedanken machen, warum es nicht gehen kann. Ich gestehe sofort, dass auch mir sicherlich manches zufällt, das ich nicht aufnehme. Manchmal aus Bequemlichkeit, manchmal wohl auch, weil ich es einfach nicht wahrhaben will. Später denke ich dann oft: Warum habe ich das denn nicht gemacht? Aber wenn ich von der Richtigkeit einer Sache fest überzeugt bin, dann versuche ich sie ohne größeren Verzug

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