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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Treppenabsatz vor Nishikawas Wohnung und analysierte die Lage. Wie hatten es die Amis angestellt,
     so früh hier zu sein?
    Es war am besten, aus dieser Sackgasse zu verschwinden. Das Licht im Treppenhaus würde gleich wieder ausgehen. Er gab Heinz
     ein Zeichen, damit er ihm den Rücken freihielt.
    Mit elastischen, schnellen Schritten lief Jørgensen die Treppe hinunter. Vor Nishikawas Tür hörte er genau hin, aber es drang
     kein Geräusch heraus. Nach den Erfahrungen von Krakau zog er das bewaffnete Eindringen in die Wohnung nicht einmal in Erwägung,
     das Risiko wäre einfach viel zu groß gewesen. Er eilte weiter nach unten und wartete vor der Haustür auf Heinz, der zehn Sekunden
     später herausschlüpfte.
    Wenn sich die Frau in der Wohnung aufhielt, was wahrscheinlich war, würden die Amerikaner sie bald zu ihrem Auto bringen.
     Und dann würden er und Heinz gleich im Freien zuschlagen. Denn später wäre es schwieriger.
     
    Adler sah sich in Nishikawas Küche um. Auf der Spüle standen ein benutztes Saftglas und ein Teller mit Brotkrümeln. Das übrige
     Geschirr stand gespült in den Schränken. Im Kühlschrank waren eine Schüssel mit einem Reisgericht, abgedeckt |285| mit Frischhaltefolie, und eine angebrochene Dose Tomatensauce.
    War Nishikawa verreist? Ihre Wohnung wirkte ausgesprochen sauber. Aber das konnte auch einfach ein Hinweis darauf sein, dass
     sie ein ordentlicher Mensch war.
    »Der Computer auf Stand-by«, rief Jeff aus dem Arbeitszimmer.
    Adler trat an das Gerät und aktivierte es. Er überprüfte, was damit zuletzt gemacht worden war. Und wann. Das letzte Dokument
     war mit dem Textverarbeitungsprogramm um 1.42   Uhr gespeichert worden, vor ungefähr drei Stunden.
    Adlers Bewegungen wurden schneller. Er kontrollierte, ob die Uhr auf der Menüleiste richtig ging. Bei dem Dokument handelte
     es sich um einen wissenschaftlichen Text, von dem er kein Wort verstand.
    »Vor drei Stunden war die Frau noch hier«, sagte Adler. Er öffnete Nishikawas Internetbrowser und sah nach, auf welchen Seiten
     sie zuletzt gewesen war. Unter der Rubrik »Heute« standen zwei Adressen. Nishikawa hatte nach Mitternacht nur zwei Seiten
     aufgerufen: das Hotelverzeichnis der Stadt Barcelona und die Homepage des Hotels
Oliva
.
    Adler notierte sich Adresse und Telefonnummer des Hotels im nahe gelegenen Stadtteil Gràcia.
     
    Von der anderen Straßenseite aus beobachtete Jørgensen, wie zwei Männer das Haus, in dem Nishikawa wohnte, verließen. Der
     eine trug einen Bürstenschnitt, der andere war breitschultrig, und sie gingen zu einem
Seat
, den sie einige hundert Meter weiter geparkt hatten. Die Wohnung musste leer gewesen sein – oder hatten die Amerikaner Sally
     Nishikawa bereits eliminiert? Das erschien ihm unwahrscheinlich.
    »Geh hinein«, flüsterte er Heinz zu. »Ich folge den Amis. Gib mir Bescheid, wie die Lage in der Wohnung ist.«
    Während Heinz auf das Haus zuging, begab sich Jørgensen zu ihrem Mietwagen.
    |286| Er fuhr hinter den Amerikanern her nach Osten, in Richtung Gràcia. Die Nacht hatte ihre stillsten Stunden erreicht.
    Als Jørgensen auf der Höhe des Libertate-Platzes war, rief Heinz an.
    »Die Wohnung ist leer«, sagte Heinz leise ins Telefon. »Es sieht so aus, als wäre die Eigentümerin ganz plötzlich aufgebrochen.
     Jedenfalls hat sie keine besonderen Reisevorbereitungen getroffen.«
    Die Amerikaner hielten vor dem großen, billig wirkenden Hotel
Oliva
an. Das konnte kaum Nishikawas Quartier sein. Einer der Männer telefonierte ununterbrochen.
    »Komm in die Carrer del Palau, zum Hotel
Oliva
«, sagte Jørgensen. »Ich werde auch Carla bitten, herzukommen.«
    Die Amerikaner stiegen aus dem Wagen und gingen zielstrebig auf den Hoteleingang zu. Sie betätigten die Nachtglocke und wurden
     nach wenigen Sekunden eingelassen.
     
    Adler drückte den Rücken durch und blickte fordernd und selbstsicher zum Nachtportier des Hotels
Oliva
, einem älteren, welken Mann, der versuchte, wie ein Herzensbrecher aus einem Hollywoodfilm der fünfziger Jahre auszusehen.
     Es war 5.20   Uhr.
    »Wir haben eine wichtige persönliche Nachricht für einen Ihrer Gäste, Frau Nishikawa«, sagte Adler, ohne mit der Wimper zu
     zucken. Der Portier fuhr sich widerwillig über seinen schmalen, getrimmten Schnurrbart, aber Adler fuhr fort: »Sie ist erst
     spät heute Nacht eingetroffen.«
    Der Mann nickte. »Ich kann sie anrufen und   ...«
    »Wir müssen persönlich mit ihr sprechen. Es handelt sich um

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