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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Sabotage in
     Olkiluoto zu tun. Sie steckt in ganz anderen Sachen drin. In ihrem Haus sind 155000   Euro in bar gefunden worden.«
    Die Präsidentin musterte Rautio. Sie war zu dem Gespräch mit dem Chef der SiPo gekommen, obwohl in der Villa private Gäste
     auf sie warteten. »Es gefällt mir nicht, dass Nortamo der Joker in diesem Spiel ist.«
    |327| »Mir auch nicht. Aber damit müssen wir jetzt leben.«
    »Und Asko Lahdensuo?«
    »Ich habe ihn gewarnt«, sagte Rautio. »Er weiß, dass wir Bescheid wissen. Er kann mit seinem Material nichts mehr anfangen.«
    »Gut.«
     
    Timo fuhr bei Villnaz von der Autobahn Lyon   – Genf ab. Die Ortschaft war nicht so tief in den Alpen verborgen wie Annecy und hatte auch nicht den gleichen Charme, da
     es keinen See gab, dafür fehlte aber auch die extreme Touristenflut. Ab und zu blickte er in den Rückspiegel, obwohl er wusste,
     dass sich ein Profi beim Beschatten nicht direkt an die Stoßstange hängen würde. Inzwischen hatte er Soile angerufen und erfahren,
     dass sie bereits unterwegs war.
    Das Fahren hatte Timos Muskeln und Gedanken betäubt, er war nur noch fähig, mechanisch zu registrieren, was er durch die Windschutzscheibe
     sah. Die Weinlese war bereits vorüber. Über den weitläufigen, sanft hügeligen Weinbergen und den dahinter dunkelblau schimmernden
     Alpen wölbte sich ein klarer herbstlicher Sternenhimmel. Sehr tief, unmittelbar über der Bergsilhouette funkelte ein besonders
     heller Stern. Oder war das ein Planet? Oder eines von den Flugzeugen, die gerade den europäischen Luftraum durchquerten?
    Timo musste wieder an den Sternenhimmel von Krakau und an das Schicksal von Zeromski denken. Er umklammerte das Lenkrad fester.
     Die blauweißen Zeichen für enge Kurven kamen abwechselnd rechts und links, während die Straße zur Ortschaft Villnaz anstieg.
    In Timos Gedächtnis brannten die Erinnerungen vom letzten Jahr, von dem glücklichen Wochenende an ihrem Hochzeitstag hier.
     Sie hatten gut gegessen, waren an den Hängen entlanggewandert und hatten Weine probiert. Alles war gut gewesen. Oder doch
     nicht?
    War Soile schon damals frustriert und ausweichend gewesen? |328| Sie hatten gemeinsam an die Reisen zurückgedacht, die sie in jungen Jahren unternommen hatten und bei denen die Stimmung eine
     völlig andere gewesen war. Soile hatte über ihr Alter und den Lauf der Zeit geseufzt und lachend gedroht, sie käme wohl bald
     in die Vierziger-Krise. Offenbar war das nicht bloß ein Scherz gewesen.
    Timo kam an dem schmalen und hohen Haus vorbei, in dem das Fischrestaurant
Le Brochet
gewesen war. Dort hatten sie gegessen. Jetzt waren die Fenster vernagelt, das Restaurant existierte nicht mehr. War das ein
     schlechtes Omen?
    Im Schritttempo fuhr Timo zu dem Platz in der Ortsmitte, an dem hinter einem Springbrunnen und Blumenrabatten das reich verzierte
     Rathaus aufragte. Die verschnörkelte Uhr zeigte halb zehn. Soile würde bald kommen, wenn sie nicht schon da war. Die bevorstehende
     Begegnung machte Timo nervös. Ein seltsames Gefühl. Zum ersten Mal seit ihrer allerersten Verabredung machte es ihn nervös,
     Soile zu treffen. In den Jahren dazwischen schien alles klar gewesen zu sein – jedenfalls aus seiner Sicht.
    Er blickte noch einmal in den Rückspiegel, bevor er zwischen dem Gebäude des
Crédit Agricole
, das dank der Gewinne der Winzer besonders protzig ausfiel, und der
Brasserie de la Patrie
in die schmale Seitenstraße einbog, die im Schutz von Steinmauern verlief. Der Efeu an den Mauern streifte fast die Außenspiegel.
     Am Ende der Straße stand ein blaugraues, zum Hotel umfunktioniertes Fachwerkhaus, das ehemalige Hauptgebäude eines Weingutes,
     geziert von einem spitzen, mit roten Ziegeln gedeckten Turm.
    Der Parkplatz des
Hôtel Raphaël
war leer, denn in dem Hotel gab es kein Restaurant, das Einheimische anzog. Timo stieg aus und streckte seine steifen Glieder.
     Das Haus stand am Hang, hinter den Bäumen auf dem Grundstück breiteten sich Weinberge aus. In der windstillen Luft lag der
     Duft von Rauch.
    Timo versuchte seine Nerven zu beruhigen, indem er zu der höchsten Ecke des terrassenartig angelegten Parkplatzes hinaufging.
     Der Rauch an diesem stillen Abend brachte Timo wieder |329| das Porvoo seiner Kindheit in Erinnerung, wenn es aus den Schornsteinen der Altstadt nach brennendem Holz in den Saunaöfen
     roch.
    Die schnurgeraden, gepflegten Reihen der Weinstöcke gaben der Landschaft ihren Rhythmus. Selten befand sich

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