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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gerahmte Farbfoto, einen verblassten Anblick
     der Cam.
    Die TERA würde bei der Untersuchung der Explosion dabei sein, dachte Timo, darum griff er langsam zum Telefon und rief Wilson
     in Brüssel an. Das war das Klügste, was er tun konnte. Und das Einzige, was ihm blieb.
    »Ich bin in Cambridge«, sagte Timo. »Es sieht so aus, als würde die Explosion hier mit dem Seine-Fall zusammenhängen.«
    »Was machst du dort?«, fragte Wilson verärgert.
    »Das spielt keine Rolle. Aber es spielt eine Rolle, dass eine Bombenexplosion mit vier Toten zu einem Fall gehört, dessen
     Aufklärung die TERA aufgegeben hat.«
    Wilson schwieg eine Weile, dann sagte er: »Wir nehmen sie wieder auf, wenn Gründe dafür auftauchen.«
    |192| »Sie sind aufgetaucht.« Timos energische Stimme hallte in seinen eigenen Ohren nach.
    »Wann kommst du wieder nach Brüssel?«
    Timo überlegte einen Moment. »Morgen.«
    »Komm hierher, dann reden wir.«
    Erleichtert legte Timo auf. Er nahm das Telefonbuch vom Nachttisch und ließ den Finger über die Spalten gleiten, bis er bei
     »Vaucher-Langston, J.   B., 32   Fitzwilliam Road« innehielt. Dann schlug er den Plan auf und suchte die Straße. Es waren zwei Kilometer bis dorthin. Er zog
     sich die Jacke über, verließ das Zimmer und verschloss die Tür sorgfältig hinter sich.
    In der Stadt gärte es noch immer von den dramatischen Ereignissen. Auf den Straßen waren Übertragungswagen der T V-Anstalten unterwegs, Polizisten, Fotografen und Reporter auf der Suche nach Leuten, die sie befragen konnten.
    Während er unter den alten Bäumen der Fitzwilliam Road entlangging, versuchte Timo seine Gedanken zu ordnen. Durch die dichten,
     hoch gewachsenen Tujen und Buchsbaumhecken schimmerten massive Häuser. Wilson hatte versprochen, mit ihm zu reden, mehr nicht.
     Aber zuvor wollte Timo ein paar Dinge überprüfen. Je mehr er Wilson zu berichten hatte, umso besser. Jedenfalls dachte er
     das.
    In der dichten, immergrünen Hecke vor Nummer 32 tauchte eine schwarz gestrichene Tür auf, eine verschlossene Zufahrt. Unablässig
     behielt Timo die Umgebung im Auge. Wenn es jemand für nötig gehalten hatte, eine Bombe am Arbeitsplatz des Professors zu zünden,
     war dann dessen Wohnhaus sicher?
    Im Torpfosten war ein Briefkasten ohne Namen eingelassen. Darüber befanden sich ein Klingelknopf aus Messing und die Linse
     einer Kamera.
    Als er am Tor vorbeiging, konnte Timo einen Blick durch die Büsche werfen. Was er sah, war kein altes Haus, wie man es einem
     Geschichtsprofessor zugetraut hätte, sondern ein Glaskasten in moderner britischer Architektur.
    |193| Im Haus war es allerdings dunkel, und auf sein Läuten rührte sich nichts. Timo beschloss, schlafen zu gehen und am nächsten
     Morgen wiederzukommen.
     
    Jørgensen saß in seinem zweihundert Meter entfernt geparkten Wagen und sah ein Auto in die Einfahrt des Hauses von Vaucher-Langston
     fahren.
    Zuvor war ihm schon ein Mann mittleren Alters aufgefallen, der vor dem Tor stehengeblieben war und geläutet hatte. Dann war
     der Mann allerdings wieder verschwunden.
    Jørgensen kaute Kaugummi. Er war müde, aber auf der Hut und ungeduldig. Die Ungeduld war ein Charakterzug, den seine Ausbilder
     erfolglos auszumerzen versucht hatten. In der Ausbildung war großer Wert auf die Beherrschung des Geistes gelegt worden und
     auf Kampfdisziplinen, die die Konzentration förderten. Jørgensen aber war von Natur aus mehr auf physischere Disziplinen ausgerichtet,
     besonders auf Wing Tsun.
    Er sehnte sich nach China, er fühlte sich mehr als Chinese denn als Däne. Als er den Mitarbeitern des Auslandsnachrichtendienstes
     von den Jagdausflügen zugesagt hatte, kam er zur Grundausbildung nach Dezhou, auf ein Gelände, das mit Zäunen und Schlagbaum
     abgeriegelt war. Sechs weitere Männer und Frauen, die nicht chinesisch aussahen, waren dort in einem asketischen Haus versammelt,
     darunter Heinz und Carla. Sie alle hatten ihre Wurzeln in China, sprachen Chinesisch und fühlten sich stärker mit China verbunden
     als mit den Heimatländern ihrer Eltern.
    Das war zugleich auch Jørgensens erster »offizieller« Arbeitstag bei der
Broadmoore Company
gewesen, die als Deckorganisation des Auslandsnachrichtendienstes fungierte. Von diesem Tag an war er damit Mitarbeiter einer
     Firma, die Elektronik von China ins Ausland exportierte.
    Einer politischen Schulung hatten sie sich nicht unterziehen müssen, alles war praxisnah gewesen. Man zahlte ihnen ein gutes
    

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