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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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vergeblich, Funkkontakt zu
     Carla aufzunehmen, die aufs Dach hinausgegangen war. Dafür meldete sich Heinz von unten.
    In diesem Moment ging die Tür auf. Reflexartig verschärfte Jørgensen den Griff um Zeromskis Oberarm und richtete die Waffe
     auf die Tür. Aber der Mann, der hereinkam, feuerte zuerst. Jørgensen spürte den Luftzug einer Kugel an seiner Wange. Wut und
     Erleichterung beschleunigten seine Reaktionen. Er ließ den Polen los, warf sich neben dem Kleiderschrank in die Ecke und schoss
     auf die Tür. Von dort erwiderten zwei Männer das Feuer.
    Im Bruchteil einer Sekunde traf Jørgensen die Entscheidung, die angesichts der Übermacht die einzig richtige war. Er zog sich
     ins Bad zurück und richtete von der Tür aus seine Waffe auf Zeromski, der mit dem Rücken an der Wand zu Boden gesunken war
     und sich die Ohren zuhielt. Jørgensen schoss zweimal, stürzte zum Badfenster und schwang sich aufs Dach, wobei er ständig
     Schüsse nach hinten abgab.
    Er erschrak, als vor ihm Carla im Dunkeln auftauchte. Ihr Gesicht war voller Blut. »Runter«, sagte Jørgensen und tastete nach
     dem Funkgerät, um Kontakt zu Heinz aufzunehmen, der unten Wache hielt.
     
    Timo hielt atemlos inne und drehte sich um. Zwei Gestalten bewegten sich vom Schornstein aus in die entgegengesetzte Richtung.
    |252| Verzweifelt maß er die Kluft vor sich ab. Er würde es nicht auf die andere Seite schaffen. Er ließ seinen Blick die Regenrinne
     entlangwandern, bis er auf eine Leiter stieß. Auf dem steilen Dach dorthin zu gelangen war schwierig. Aber er hatte keine
     Wahl. Er versuchte, möglichst vorsichtig zu sein, aber er kam trotzdem ins Rutschen und wäre um ein Haar in die Tiefe gestürzt.
    Schließlich gelang es ihm, die wacklige Leiter zu ergreifen. Im selben Moment begriff er, dass sie nicht fest an der Wand
     montiert war, sondern in zu steilem Winkel an der Regenrinne lehnte.
    Behutsam setzte er einen Fuß auf die oberste Sprosse und stieg keuchend hinab, wohl wissend, dass die Leiter jederzeit kippen
     konnte. Nichts geschah, bis etwa einen Meter über der Erde eine durchgerostete Sprosse brach. Timo landete unsanft auf dem
     Pflaster und schlug sich den Ellbogen auf.
    Da kam ein Auto um die Ecke geschossen, dessen Scheinwerfer ihn erstarren ließen wie einen Hasen auf der nächtlichen Autobahn.
     Timo konnte gerade noch wahrnehmen, wie die Leiter zwischen ihn und das Auto kippte. Sie wurde von der gegenüberliegenden
     Hauswand aufgehalten und versperrte so schräg die Gasse, in der sich der Wagen näherte.
    Timo rannte los und hörte, wie hinter ihm das Auto direkt auf die Leiter zuhielt. Das Geräusch knirschenden Metalls wurde
     vom Aufheulen des Motors begleitet, aber das Auto schien nicht näher zu kommen.
    Stattdessen ging eine Wagentür auf und wurde sogleich wieder zugeschlagen. Das Auto hatte sich in der Leiter verkeilt, der
     Fahrer musste die Verfolgung zu Fuß fortsetzen.
    Timo rannte, so schnell er konnte.
    Schon prallte eine Kugel von der Wand neben ihm ab. Timo spürte, wie sich alle Energie in seinen Beinen versammelte.
    Hinter ihm hallten Schritte, und Timo begriff, dass er in seiner derzeitigen Form den Wettlauf nicht gewinnen würde. Er rannte
     um die nächste Ecke und suchte nach einer offenen Hofeinfahrt. Kurz darauf stand er in einem dunklen, muffig riechenden Gang.
     Draußen vor dem Haus hielten die Verfolger inne.
    |253| Timo lauschte. Er versuchte lautlos zu atmen, aber das war schwer.
Isama Nishikawa
...
Marburg
...
    Nun waren die Schritte wieder zu hören. Entfernten sie sich, oder kamen sie näher? In nahezu vollkommener Finsternis ging
     Timo vorsichtig weiter die Einfahrt entlang.
    Entweder bildete er es sich ein, oder die Schritte folgten ihm tatsächlich. Der dunkle Gang führte in einen Innenhof, der
     von Kolonnaden eingefasst war. In der Mitte des Hofes im Stile einer italienischen Loggia war eine dunkle Statue zu erkennen.
     Beim Gehen spürte man Moos unter den Füßen.
    Timo blieb vor einem Relief an der Wand stehen, einem Kruzifix mit dem leidenden Christus. Er lauschte erneut und versuchte
     zu spüren, ob sich hinter ihm im Dunkeln etwas bewegte.
    Unwillkürlich hob er einen hellen, auf einer Seite mit Moos überzogenen Stein auf und verzog sich hinter eine Säule.
    Irgendwo ertönte ein knackendes Geräusch. Timo hielt den Stein umklammert.
    Vollkommene Stille. Er begriff, dass er womöglich nur wieder durch die Einfahrt aus dem Hof herauskommen würde. Mit äußerst
    

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