Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
empfindest? Was ist mit dem Wettkampf?« Ich versuche, sein Feuer zu schüren, doch er schüttelt nur den Kopf.
»Ich glaube, ich habe diesen Kampf schon vor langer Zeit verloren, Fliss. Genauer gesagt vor fünfzehn Jahren. Meinst du nicht?«
»Vielleicht hast du recht«, sage ich nach einer Pause.
»Sie ist glücklich verheiratet mit der großen Liebe ihres Lebens. Schön für sie. Jetzt muss ich mich mal wieder um mein eigenes Leben kümmern.«
»Ich glaube, wir müssen uns beide mal wieder um unser eigenes Leben kümmern«, sage ich langsam. »Ich bin genauso schuld daran wie du. Ich habe dich dazu ermutigt.«
Als ich ihm in die Augen sehe, überkommt mich eine unerwartete Trauer, weil mir bewusst wird, dass wir voneinander Abschied nehmen werden. Wenn es zwischen ihm und Lottie aus ist, ist es auch zwischen uns aus. Als gute Freunde. Als potenzielle Schwägerin und Schwager.
Da kommt der nächste Aufruf für die Passagiere des Fluges nach Ikonos, aber ich höre gar nicht hin.
»Es wird Zeit«, sagt Lorcan und blickt von seinem BlackBerry auf. Er kauert auf einem Plastiksitz neben Noah, der sich fröhlich ein bulgarisches Flugblatt über allgemeine Sicherheitsmaßnahmen durchliest. »Was macht ihr zwei da?« Er mustert Richards betrübte Miene. »Was ist passiert?«
»Ich bin ein Idiot, das ist passiert«, bricht es aus Richard hervor. »Ich sehe es endlich ein. Endlich .«
»Ich auch.« Ich seufze. »Genauso fühle ich mich auch. Endlich sehe ich es ein.«
»Wir sehen es ein.«
»Alle beide.«
»Okay.« Lorcan scheint die neuen Informationen zu verarbeiten. »Also … fliege ich allein nach Ikonos?«
Richard überlegt einen Moment, dann hebt er seine neue Reisetasche vom City Heights Hotel an.
»Vielleicht komme ich doch mit. Vermutlich werde ich nie wieder Gelegenheit haben, Ikonos zu besuchen. Ich möchte den Sonnenuntergang sehen. Lottie hat gesagt, es ist der schönste Sonnenuntergang auf der ganzen Welt. Ich suche mir eine ruhige Unterkunft und sehe ihn mir an, dann fliege ich zurück nach San Francisco. Sie wird gar nicht erfahren, dass ich da war.«
»Was ist mit dir und Noah?« Lorcan wendet sich mir zu. Gerade will ich ihm erzählen, dass mich keine zehn Pferde nach Ikonos bringen, da piept sein BlackBerry.
»Das ist Ben. Moment mal eben.« Er fängt an, die Nachricht zu lesen, und macht dabei ein seltsames Gesicht. »Ich fass es nicht«, murmelt er schließlich.
»Was?«
Wortlos zieht Lorcan die Augenbrauen hoch. Er sieht aus wie vom Donner gerührt.
»Lorcan, was?« Plötzlich mache ich mir Sorgen. »Ist mit Lottie alles okay?«
»Ich werde Ben wohl nie verstehen«, sagt er langsam, ohne auf meine Frage einzugehen. »Im Leben nicht.«
»Ist mit Lottie alles okay?«, beharre ich. »Was ist passiert?«
»Das Problem ist nicht das, was passiert ist …« Ein leicht angewiderter Ausdruck streicht über Lorcans Gesicht. »Ich werde ihn nicht decken«, sagt er wie zu sich selbst. »Das ist absolut indiskutabel.«
»Sag es mir!«, fordere ich.
»Okay.« Er atmet aus. »Zwei Tage nach der Hochzeit arrangiert er bereits ein Rendezvous mit irgendeiner anderen Frau.«
»Was?« , rufen Richard und ich im Chor.
»Seine Assistentin ist im Urlaub, und ich soll ihm ein hübsches Wochenendhotel in England buchen. Für ihn und eine gewisse Sarah. Von der habe ich noch nie was gehört. Er sagt …« Er reicht mir das Handy. »Lies selbst, was er schreibt.«
Ich schnappe mir das Telefon und überfliege die Nachricht. Ich stehe dermaßen unter Strom, dass ich nur jedes dritte Wort mitbekomme, aber das Wesentliche kriege ich mit.
Wir haben uns nach all den Jahren wiedergetroffen … atemberaubende Figur … du musst sie kennenlernen …
»Scheißkerl!« Mein empörter Aufschrei hallt durch den Flughafen von Sofia. Heiliger Zorn brennt in mir, der mich jeden Moment in Flammen aufgehen lässt. »Meine kleine Schwester liebt diesen Mann! Und er behandelt sie wie Dreck!«
»Selbst für Ben ist das ziemlich mies.« Lorcan schüttelt den Kopf.
»Sie hat ihm ihr Herz geschenkt. Sie hat ihm ihren Körper und ihre Seele geschenkt.« Ich zittere vor Wut. »Wie kann er es wagen ? Wo sind sie jetzt?« Ich lese die SMS noch mal. »Immer noch in der Herberge?«
»Ja, aber offenbar wollen sie nachmittags zum Hotel zurück.«
»Okay. Richard.« Ich wende mich ihm zu. »Wir müssen Lottie vor diesem abscheulichen Mann retten.«
»Moment mal!«, wirft Lorcan ein. »Was ist mit: ›Ich werde mich nie
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