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Das höllische Ich

Das höllische Ich

Titel: Das höllische Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sagte er.
    »Bestimmt.«
    Wir standen wie auf dem Sprung und schauten zu, was Lou Ganzaro unternahm. Er saß noch auf dem Bett, doch er hatte sich so weit nach hinten gedrückt, dass er sich mit dem Rücken gegen die raue Wand presste, um einen Halt zu bekommen.
    Dabei schüttelte er den Kopf, und aus seinem weit offenen Mund, der schon wie eine feuchte Wunde aussah, drangen knurrende Laute, die auch zu einem Tier gepasst hätten.
    Wieso es geschehen konnte, dass die Augen plötzlich blutunterlaufen waren, wusste niemand von uns. Es war keine Täuschung, ebenso wenig wie das Knurren, und als er den Kopf ein wenig anhob, da sahen wir, dass sich sein Gesicht verändert hatte, obwohl es das Gleiche geblieben war.
    Es sah böse aus!
    Man konnte es schlecht beschreiben, aber die Haut schien von Schatten eingehüllt zu sein, die von irgendwoher gekommen waren. Es hatte sich in Lou’s Gesicht eine dunkle Zone gebildet.
    »Verstehst du das?«, fragte Purdy.
    »Ich hoffe.«
    »Und was ist es? Oder kann es sein?«
    »Ein Angriff der Hölle!«
    Es war die perfekte Antwort gewesen, die auch Lou Ganzaro verstanden hatte. Er sprang plötzlich in die Höhe, blieb auf der harten Matratze stehen und reckte die Arme so hoch, dass seine Fingerknöchel gegen die Decke stießen.
    »Er kommt!«, schrie er. »Er kommt!«
    »Wer kommt?«, fuhr ich ihn an.
    »Der Schatten...«
    Ich wusste damit nichts so recht anzufangen, dafür die Staatsanwältin Purdy Prentiss.
    »Nein«, flüsterte sie, »nein, das gibt es nicht!«
    »Was denn?«
    »Da, John, da! Du brauchst nur gegen die Decke zu schauen, dann siehst du es.«
    Ich folgte ihrem Rat. Was ich sah, das machte auch mir zu schaffen. Damit hatte ich nicht gerechnet...
    ***
    Genau dort, wo die Wand und die Decke sich trafen und einen Winkel bildeten, waren die Schatten entstanden, die eigentlich ganz harmlos aussahen, denn was da in der Luft schwebte, erinnerte mich an die verirrten Teile eines Puzzles.
    Stückweise bewegten sie sich dort. Sie waren sichtbar und trotzdem auf eine gewisse Art und Weise gestaltlos, denn sie nahmen stets andere Formen an, und das passierte innerhalb weniger Sekunden, sodass wir als Zuschauer irritiert wurden.
    »Und?«, fragte ich.
    »Verdammt, John, ich habe keine Ahnung, was es ist«, erklärte Purdy. » Du musst die Erklärung geben.«
    »Im Augenblick habe ich sie nicht.« Ich hob die Schultern an. »Zumindest keine genaue. Das ist die andere Seite des zweischneidigen Schwerts in unserem Freund hier.«
    Als ich Lou erwähnte, warf Purdy ihm einen knappen Blick zu. Sie sah, dass sich der Mann in seiner Stellung nicht bewegt hatte. Die Wand bildete weiterhin eine Stütze, aber wir waren für ihn uninteressant geworden. Er hielt den Kopf gedreht und schaute hoch zu dem Winkel zwischen Decke und Wand, wo die Schatten weiterhin ihren Tanzplatz besaßen und noch immer das lautlose Durcheinander vorherrschte.
    »Es muss das Stück der Hölle sein!«, flüsterte die Staatsanwältin. »Ich sehe einfach keine andere Möglichkeit. Ganzaro bekommt Besuch. Die andere Seite will ihn nicht freigeben.«
    »Er konnte das Kreuz halten.«
    »Das begreife ich auch nicht.«
    »In dem Fall wohnen zwei Seelen in seiner Brust«, erklärte ich. Dabei beobachtete ich die Schatten weiter, die auch jetzt nicht zur Ruhe gekommen waren und weiterhin ihren Tanz aufführten, als wollten sie uns ein besonderes Schauspiel bieten.
    Sie kamen zusammen. Sie trieben wieder auseinander, schwebten erneut auf sich zu – und blieben in dieser Stellung, wobei nur noch ein leichtes Zittern zu sehen war.
    Jetzt meldete sich auch Suko. »Wenn mich nicht alles täuscht, ist das so etwas wie ein Mensch. Natürlich immer noch ein Schatten, aber man kann einen Menschen erkennen.«
    Im Gegensatz zu uns erlebte Lou die Erscheinung als große Faszination. Er streckte dieser Gestalt die Arme entgegen und winkte mit den Fingern. Er fing auch an zu flüstern und sprach von einem Engel, der ihn besuchen wollte.
    »Engel?«, hauchte Purdy.
    »Das sehe ich auch als ungewöhnlich an«, sagte ich. »Jeder hat wohl verschiedene Vorstellungen von dem, was ein Engel ist.«
    »Ein Höllenengel vielleicht.«
    »Das ist auch möglich. Aber dazu passt nicht, dass er so auf das Kreuz fixiert war.«
    »Dann bin ich auch überfragt.«
    Das waren wir wohl alle. Wir taten zunächst nichts und spielten weiterhin die Beobachter. Wer immer diese feinstoffliche Gestalt auch war, sie hatte nur Bedeutung für Ganzaro, der jetzt auf

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