Das höllische Ich
leicht enttäuschten Menschen auf mich.
»Rüben Crane, Mr. Sinclair«, sagte er betont.
»Ja, das habe ich gehört.«
Er ließ nicht locker. » Der Ruben Crane.«
Jetzt fing ich an nachzudenken. Auch Suko grübelte. Wer seinen Namen so betonte, der war darauf gefasst, dass andere Menschen ihn auch kannten und damit etwas anfangen konnten.
Wir dachten nach. Die Zeit verstrich, während ich mir den Namen immer wieder vor Augen holte.
Nicht ich, sondern Suko kam auf die richtige Idee. »Ich habe von einem Ruben Crane gehört, der einer der größten Menschen- und Rauschgifthändler gewesen war. Man hat ihn beobachtet, eingekreist und schließlich gestellt.«
»Ja, Sie haben Recht. Und man hat ihn, nämlich mich, letztendlich sogar getötet.«
Jetzt wussten wir Bescheid, aber es war schwer zu glauben, dass vor uns tatsächlich Ruben Crane stand. Dieser war schließlich durch Polizeikugeln getötet worden, daran erinnerte ich mich jetzt auch. Ich hatte selbst damit nichts zu tun gehabt – diese Art von Polizeiarbeit fiel nicht in unseren Bereich –, doch ich fragte mich, weshalb dieser Mensch hätte lügen sollen.
»Dann stehen Sie als Toter vor uns«, sagte ich.
»Nein, so ist das nicht. Wahrscheinlich denken Sie an eine lebenden Leiche. Das bin ich nicht. Ich habe nichts mit Zombies zu tun. Aber ich habe ein sehr langes Sterben hinter mir. Die Kugeln haben mich nicht sofort umgebracht. Ich lebte noch über eine Woche lang. Ich konnte sogar reden, bevor ich ins Koma fiel. Und ich habe einen Priester an mein Sterbebett kommen lassen. Ich habe mit ihm über mein Leben gesprochen und darüber, wie sehr ich es bereue. Ich hatte zuvor mit einem hohen Polizeivertreter gesprochen und ihm meine verdeckten Konten offen gelegt. Ich wollte, dass dieses Blutgeld an die Menschen zurückgezahlt wird, über die ich so viel Leid gebracht habe. Es ist wohl so geschehen, und den Priester habe ich um eine zweite Chance gebeten.«
Ich runzelte die Stirn. »Wie sollen wir das verstehen?«
Er hob die Augenbrauen. »Ich wollte wieder zurückgeschickt werden, um mich beweisen zu können.«
»Und das hat geklappt?«, flüsterte ich.
»Wie ihr seht. Ich bin jetzt so etwas wie ein Wächter, aber ich habe auch festgestellt, dass mir Grenzen gesetzt sind. Mit dem Priester zusammen habe ich zu den Engeln gebetet und mich in ihre Obhut gegeben. Sie haben mich erhört, ich bin nicht richtig tot und nicht richtig lebendig, aber ich bin noch da – und will Gutes tun.«
Ich merkte, wie es mir kalt den Rücken hinablief. Unwillkürlich ballte ich die Hände zu Fäusten. So etwas hatte ich noch nie erlebt, aber man lernt eben nicht aus.
»Versteht ihr es?«, fragte er fast flehend.
»Fast«, erwiderte ich und rang mir ein Lächeln ab. »Sie sind also hier, um als Aufpasser, als Wächter zu fungieren, damit den Mitglieder der Union nichts geschieht.«
»So kann man es sagen.«
»Aber es hat nicht geklappt, oder? Wir haben es bei Lou Ganzaro erlebt. Da sind Sie nicht gewesen, um ihn zu beschützen.«
»Ich weiß. Aber euch muss ich nicht sagen, dass es noch eine zweite Seite gibt. Wenn ich von den Engeln spreche und dabei auch den Himmel im Auge behalte, so muss ich auch davon reden, dass es eine Hölle gibt. Die Gegenseite hat Wind davon bekommen und sich einen wahrhaftig teuflischen Plan ausgedacht.«
»Welchen?«
»Sie stellt sich gegen die Schutzengel. Es gibt sie auf ihre wundersame Art und Weise in einer Welt des Lichts, aber sie existieren ebenso in einer anderen. Der Satan ist sehr wachsam. Wenn er eine Chance sieht, seine Zeichen zu setzen, dann nutzt er sie eiskalt aus. So schickt er seine Vasallen, um die Schutzengel zu bekämpfen und sie erst gar nicht bis nahe an die Menschen herankommen zu lassen. Er versucht sie zu übernehmen. Seine von ihm gelenkten Geister dringen in die Menschen ein, die eigentlich nur an die Engel des Lichts denken und nicht an die verfluchten Schattenwesen. So haben sie Lou Ganzaro übernommen und ihn umgedreht. Es gab bei ihm kein Gewissen mehr. Seine Eltern hat er getötet, dann zog er los und brachte zwei andere, ihm völlig fremde Menschen um. Aber das war nicht er, sondern die Schattenperson aus der Hölle, die ihn übernommen hat. Sie war schneller als sein Schutzengel. Bei ihm hat die verdammte Hölle leider gesiegt...«
Allmählich wusste ich, um was es ging. Ich merkte, dass sich die Gänsehaut auf meinem Rücken verdichtete. Es gab ja nicht nur Lou Ganzaro, ich brauchte mich nur
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