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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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hierher.«
    »Woher weißt du das?« fragte das Kind.
    »Ich weiß es eben. Er will dir nichts tun, auch deiner Ima nicht oder den anderen Menschen in der Jeschiwa. Jakey, du bist hier in Sicherheit.«
    Der Junge machte ein skeptisches Gesicht.
    »Hier kommt keiner rein«, versuchte Decker es noch einmal. »Türen und Fenster sind verriegelt. Es kann niemand ins Haus.«
    »Und wenn ein Einbrecher das Fenster einschlägt?«
    »Du weißt doch, was ich dann mache«, sagte Rina.
    Der Junge lächelte matt.
    »Du sprühst ihm Gift in die Augen«, antwortete er.
    »Und dann?«
    »Wenn er sich die Augen reibt und Aua schreit, haust du ihm mit der Bratpfanne auf den Kopf.«
    »Und dann?« hakte Rina weiter nach.
    »Dann zerdepperst du ihm die Lampe auf dem Kopf«, kicherte er.
    »Und?«
    »Wenn er dann k. o. ist, fesselst du ihn mit deinen Ledergürteln und rufst die Polizei.«.
    »Und wer paßt immer auf, daß dir nichts passiert?«
    »Haschem!«
    »Und wer sorgt vierundzwanzig Stunden am Tag für dich, jeden Tag im ganzen Jahr?«
    »HASCHEM!« rief Jacob.
    »Hört sich ganz so an, als ob du in den besten Händen wärst«, sagte Decker.
    Der Junge wandte sich ihm zu.
    »Fängst du den bösen Mann?« fragte er, noch immer beunruhigt.
    »Natürlich, Jake.«
    »Komm, Schätzchen«, sagte Rina. »Du mußt versuchen, ein bißchen zu schlafen.«
    »Bringst du mich ins Bett, Peter?«
    »Aber sicher.«
    Jacob gab seiner Mutter einen Gutenachtkuß und ging mit Decker ins Kinderzimmer.
    »Alles in Ordnung«, sagte Decker, als er bald darauf wieder zurückkam. »Hat Sammy dir auch Sorgen gemacht?«
    »Überhaupt nicht. Er schläft wie ein Murmeltier, hat Appetit, spielt und lernt.«
    »Und ich dachte, es wäre der Kleine, der leichter damit fertig wird.«
    »Falsch gedacht.« Sie sah zu ihm hoch. »Möchtest du etwas essen, Peter?«
    »Nur eine Tasse Kaffee.«
    »Um diese Zeit noch?«
    »Ich bin völlig aufgedreht. Wahrscheinlich komme ich heute nacht sowieso kaum zum Schlafen.«
    »Ach?«
    »Ich bin so hellwach, daß ich nachher genausogut noch ein paar Nachforschungen anstellen kann.«
    »Dann frage ich lieber nicht weiter nach.«
    »Ist wohl besser so.«
    Er setzte sich an den Küchentisch und sah zu, wie sie das Wasser aufsetzte. Ungeschminkt, die Haare zum Zopf geflochten und barfuß, hätte man sie für siebzehn halten können.
    »Wie war es bei Rav Schulman?«
    »Gut«, sagte er. »Wie lange hat Jake schon Alpträume?«
    »Heute das erste Mal.« Sie nahm seine Hand. »Mach dir deswegen keine Sorgen, Peter. Es ist nicht deine Schuld. Okay?«
    »Sicher.«
    Sie legte ihm die Hände unter das Kinn und sah ihm in die Augen.
    »Okay?«
    »Ja, okay, wenn du meinst.« Er schmunzelte. »Du bist eine potentielle Gewalttäterin, Rina Lazarus. Ich werde mich doch mit dir nicht anlegen.«
    »Du brauchst bloß nicht bei mir einzubrechen.« Sie lächelte, wurde aber gleich wieder ernst. »Er soll nur wissen, daß ich auf ihn aufpassen kann. Und das kann ich. Ich möchte dir etwas zeigen.«
    Sie ging hinaus und kam mit einer Schachtel wieder zurück.
    »Mach mal auf.«
    Die Form. Das Gewicht. Um zu wissen, was die Schachtel enthielt, brauchte er sie nicht einmal zu öffnen. Verdammt, dachte er. Sie hat es tatsächlich wahr gemacht. Er nahm den Revolver, wog ihn in der Hand und klappte die Trommel heraus.
    »Wo hast du die Patronen?«
    Sie holte eine kleinere Schachtel aus ihrer Rocktasche.
    »Der Verkäufer hat mir geraten, Waffe und Munition getrennt aufzubewahren, weil ich Kinder im Haus habe.«
    »Damit hat er ganz recht.«
    »Aber das ist doch sinnlos. Wenn bei dir jemand einbricht, mußt du dir dann erst noch lange überlegen, wo die Patronen liegen und wie die Waffe geladen wird?«
    »Das ist immer noch das kleinere Übel. Immer noch besser, als wenn Jakey glaubt, es ist ein Spielzeug, und seinem Bruder den Schädel wegpustet.«
    »Peter, bitte!«
    »Ich möchte bloß, daß du verstehst, was du dir da zugelegt hast.«
    »Aber deine Waffe ist doch auch immer geladen, oder nicht?«
    »Rina, ich bin Polizeibeamter.«
    »Was hast du gemacht, als Cindy noch klein war?«
    »Wenn ich den Revolver nicht getragen habe, war er weggeschlossen. Nie, niemals habe ich ihn geladen in einer unversperrten Schublade oder auf dem Nachttisch liegen lassen. Ich habe einen Heidenrespekt vor Waffen, weil ich genau weiß, was sie anrichten können.«
    »Schließt du ihn heutzutage auch noch ein?« fragte sie.
    »Nein, weil ich jetzt allein lebe«, sagte er.

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