Das Horror-Hirn
sieht«, sagte ich.
»Eben. Ich bin der Erste überhaupt. Man hat mir nie glauben wollen, aber ich habe es geschafft. Ich bin Professor Wilson. Ich lebe. Ich bin ein Kopf, aber ich fühle auch weiterhin wie ein völlig intakter Mensch. Ich kann gehen, ich kann springen, ich kann laufen, ich kann mich wunderbar bewegen, und das alles spielt sich in meinem Kopf ab, der bereit ist für die erste Transplantation auf einen fremden Körper. Auf einen jüngeren, zum Beispiel. Da wird sich dann die gesamte Körperchemie verändern, er wird sich wieder super fühlen, das verspreche ich Ihnen, Mr. Sinclair.« Er hüstelte. »Ich sehe die Zukunft schon vor mir. Es wird kaum noch Menschen geben, die sich quälen müssen. So kann man den Krebs umgehen, man lässt den Körper verfaulen, behält aber das Gehirn. Es ist wirklich vorzüglich.«
»Sie hätten besser einen anderen Namen angenommen«, sagte ich und schauderte dabei.
»Welchen?«
»Frankenstein.«
»Sehr gut, Mr. Sinclair. Ich muss zugeben, dass mich diese Geschichte wahnsinnig fasziniert hat. Für mich war Frankenstein so etwas wie ein Vorbild. Ohne mich irgendwie über ihn erheben zu wollen, ich bin jetzt schon besser. Kein Wunder, die Wissenschaft hat auch rasante Fortschritte gemacht.«
Da konnte ich ihm nicht widersprechen. Das war nun mal so.
Ich stellte ihm noch eine andere Frage, während sich Suko zurückhielt und nur zuhörte. »Können Sie mir sagen, wo sich Ihr Körper jetzt befindet? Oder was mit ihm passiert ist?«
Das Lachen klang wie ein Bellen. Zuckend bewegte sich dabei sein Mund. »Nein, das kann ich nicht, Mr. Sinclair. Mein Körper taugte nichts mehr. Er war alt, verbraucht. Ich werde bald einen neuen besitzen, und ich weiß auch nicht, was mit ihm geschehen ist. Vielleicht ist er verbrannt oder vermodert, alles kann möglich sein. Das Wichtigste überhaupt ist vorhanden, mein Kopf nämlich. Daran sollten Sie denken, das sehen Sie auch vor sich, und dieser Kopf und dieses Gehirn weiß noch zu wenig von dieser Welt. Aber es ist wahnsinnig wissbegierig, verstehen Sie?«
»Nicht so direkt, Professor.«
»Dann will ich es Ihnen sagen. Es muss Sie auch interessieren. Ich will nicht nur diese normale Welt erfahren und dann ihre Geheimnisse ergründen, nein, bei mir geht es noch weiter. Ich will tiefer in die Dinge hineindringen, ich will die metaphysischen begreifen. Ich will erfahren, was es auf dieser Welt noch alles gibt, obwohl es unseren Augen verborgen bleibt. Und deshalb habe ich Sie ausgesucht. Und auch Ihren Freund und Kollegen.«
Sehr wohl war mir bei meiner Antwort nicht, als ich sagte: »Ich denke, da irren Sie sich. So schlau und allwissend sind wir nicht, Professor. Es gibt schon...«
»Nein, nein, Mr. Sinclair. Stellen Sie Ihr Licht bitte nicht unter den Scheffel. Das steht Ihnen nicht. Ich weiß schon, dass Sie mich überreden wollen, nichts zu tun. Aber das werden Sie nicht schaffen, Mr. Sinclair. Ich habe mir nicht grundlos die Mühe gemacht, Sie und Ihren Freund auszusuchen. Ich habe Sie beide lange genug beobachten lassen, was nicht immer einfach war, aber jetzt bin ich fast am Ziel.«
Suko meldete sich mit einer Frage. »Und wie sieht das richtige Ziel letztendlich aus?«
»Oh, das ist sehr einfach. Ich komme noch einmal darauf zurück, dass Sie beide ja etwas Besonderes sind. Sie kennen sich aus. Sie glauben gar nicht, wie viele Informationen Ihr Gehirn im Laufe der Zeit gespeichert hat. Wir sind miteinander verkabelt. Das ist die Basis. So kann es mir gelingen, all die Informationen abzurufen, die sich in Ihrem Unterbewusstsein befinden. Sie können sich nicht dagegen wehren. Sie werden für mich wunderbare Lehrer sein, und ich erfahre einiges über Reiche und Mythen, die für die allermeisten Menschen ein Rätsel sind und es auch immer bleiben werden. So werde ich Erfahrungen über die – sagen wir – Hölle bekommen. Ich kann eindringen in die unsichtbaren Reiche und Dimensionen, und ich werde es schaffen, den Kontakt zu erweitern. Ich werde mich einfach mit ihnen verbünden, denn im Gegensatz zu Ihnen stehe ich den Dingen positiv gegenüber. Ich lerne etwas über Vampire, Werwölfe, Zombies, Hexen und was weiß ich nicht alles. Und ich werde dabei mein wissenschaftliches Denken nicht aufgeben, da ich als Optimist eine glänzende Zukunft voraussehe. Überlegen Sie, Suko, was geschieht, wenn ich die Köpfe eines Werwolfs auf den Körper einer Hexe oder eines Zombies transplantiere. Sind das nicht Aussichten, für die
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