Das Horror-Hirn
es sich lohnt, alles einzusetzen?«
Die letzte, mit einer Frage abgeschlossene Bemerkung kam mir wie der reinste Hohn vor, und Suko erging es sicherlich nicht anders. Was wir da erfahren hatten, war einfach pervers. Das war grauenvoll und schlimm, so dass es mir zunächst einmal die Sprache verschlagen hatte, im Gegensatz zu Suko.
»Haben Sie schon mal die Begriffe Ethik und Moral gehört?«, erkundigte er sich.
»Ich bitte Sie, Inspektor. Wie können Sie das nur behaupten? Sicherlich habe ich mich damit beschäftigt, und ich muss Ihnen eingestehen, dass ich jemand bin, der beide Begriffe sehr hoch hält. Ethik und Moral sind ungemein wichtig. Ich liebe sie, denn ich bin es ja, der den Menschen einen Gefallen erweist. Ich helfe ihnen. Ich nehme ihnen den Körper weg, den sie selbst hassen, behalte nur ihren Kopf und gebe ihnen dann einen neuen Körper, mit dem sie mehr als zufrieden sein können. Es wird noch etwas dauern, bis alles perfekt ist, das gebe ich zu, aber die Zeit ist reif. Ich denke, dass ich in einem Jahr so weit bin, und Sie beide werden mich noch mit dem Wissen versorgen, das mir bisher fehlte. Deshalb sind wir auch vernetzt. Mein Hirn ist noch sehr aufnahmefähig.«
»Ein verdammtes Horror-Hirn!«, flüsterte ich.
Er hatte mich trotzdem gehört, lachte und fragte dann mit höhnischer Stimme. »Was sind Sie so sensibel, Mr. Sinclair? Sie sind immerhin ein Geisterjäger.«
»Das weiß ich, Professor. Aber in erster Linie bin ich ein Mensch, was ich von Ihnen nicht behaupten kann, Mr. Wilson.«
»Hm.« Er nahm es locker. »Da haben Sie sogar Recht, wenn Sie Ihre Denkweise als Basis nehmen. Obwohl ich nur noch meinen Kopf habe, fühle ich mich als Mensch. Und es geht mir sehr gut, wie Sie sicherlich schon festgestellt haben. Aber es wird mir noch besser gehen, das verspreche ich Ihnen. Zwei Drittel meines Planes habe ich mittlerweile durchführen können. Es fehlt nur noch der letzte Teil.«
»Handelt es sich dabei auch um eine Person?«, erkundigte sich Suko.
»Korrekt.«
»Kennen wir sie?«
Der Kopf begann plötzlich zu lachen. Den Grund erfuhren wir wenige Sekunden später. »Die Person ist Ihnen sogar sehr gut bekannt. Sie haben des Öfteren mit ihr zusammengearbeitet. Nein, das ist falsch«, verbesserte er sich. »Sie arbeiten immer noch sehr intensiv mit ihr zusammen...«
Er rückte den Namen nicht heraus und überließ uns unseren Gedanken. Eigentlich war es ganz einfach. Es gibt nicht viele Menschen, mit denen wir intensiv Zusammenarbeiten.
Ich dachte an Glenda Perkins...
Nein, das stimmte nicht, dann hätten die beiden Männer sie nicht niedergeschlagen, sondern mitgenommen.
Suko traf es auf den Punkt. »Sprechen Sie von Sir James Powell, Professor?«
»Ha, ha, ha. Sehr gut, Inspektor. Ja, ich spreche von ihm. Von Ihrem Chef.«
Die Überraschungen oder Schocks hörten nicht auf. Er hatte uns erklärt, welche Pläne er mit uns verfolgte, aber Sir James passte irgendwie nicht in das Bild hinein. Er war nicht derjenige, der an der Front stand und die Informationen aus erster Hand erhielt. Wie sollte der ihn weiterbringen?
»Ich höre nichts«, höhnte der Professor. »Denken Sie etwa nach?«
»Das tun wir«, sagte Suko.
»Und Sie sind zu keinem Ergebnis gelangt. Sonst hätte ich schon etwas von Ihnen gehört.«
»So ist es.«
Der Kopf lachte wieder. In den Brillengläsern spielte sich das Licht und schuf dort Reflexe. »Ich kann begreifen, dass Sie überrascht sind, meine Herren, aber denken Sie mal nach. Überlegen Sie, welch ein Wissen Ihr Chef letztendlich besitzt und ebenfalls in seinem Unterbewusstsein gespeichert hat. Das ist schon kaum zu fassen. Das ist der reine Wahnsinn, muss ich gestehen. Durch ihn werde ich über die Arbeit von Scotland Yard alles erfahren. Ich weiß dann gut Bescheid. Ich bin den anderen immer zwei, drei Schritte voraus.«
Er legte eine Pause ein, um uns Zeit zum Nachdenken zu lassen. Ich ging davon aus, dass er nicht gelogen hatte. Was er vorhatte, das war eine Lahmlegung unserer gesamten Abteilung. So etwas musste man sich mal vorstellen. Verrückt, eigentlich nicht zu fassen, und trotzdem eine Zukunft, die durchaus Realität werden konnte.
»Na, meine Herren, ist die Überraschung gelungen?«
»Kann man wohl sagen«, gab ich zu.
»Und wann wird unser Chef hier erscheinen?«, fragte Suko, der schon praktischer dachte.
»Ich glaube nicht, dass es noch sehr lange dauern wird. Noch an diesem Tag. Ich kann auch verstehen, dass Sie von einer
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