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Das Hospital der Verklärung.

Das Hospital der Verklärung.

Titel: Das Hospital der Verklärung. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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hielt sich oft im Bad auf, weil dort ein Spiegel hing. Jagte man sie hinaus, dann lauerte sie hinter der Tür, bis einer kam und sie öffnete. Sie sprang auf ihn zu und flehte ihn mit gefalteten Händen an, sie doch in den Spiegel schauen zu lassen. Jeden Nickelbeschlag benutzte sie, sich darin zu betrachten.
    Seit einiger Zeit litt Stefan an Schlaflosigkeit. Er las jetzt nachts noch lange im Bett, um sich müde zu machen. Doch der Schlaf wollte nicht kommen, und wenn er endlich nahte, dann hatte Stefan das Gefühl, daß jemand reglos in der Finsternis stand, die in weiteren Spiralen, als die Insekten es taten, seine Tischlampeumkreiste. Er wußte, daß es nicht stimmte, aber die Müdigkeit war dann jedesmal verflogen, und erst im Morgengrauen, wenn sich das frühe, noch zaghafte Gezwitscher der Vögel erhob, sank er in einen unruhigen Schlummer.
    In der letzten Septembernacht, in der die Sterne hell und klar sprühten, schlief Stefan früher ein als sonst. Beklommen wachte er auf, ohne zu wissen weshalb. Ein weißer Schein glomm in den Scheiben. Stefan stürzte so, wie er war, im Nachthemd, zum Fenster. Auf der geschotterten Anfahrt hielten brummend zwei große Personenkraftwagen. Ihre wellenförmige Tarnbemalung war in dem von der Mauer zurückgeworfenen Scheinwerferlicht gut zu erkennen. Daneben standen Deutsche mit dunklen Stahlhelmen. Jetzt traten mehrere Offiziere unter dem Schutzdach des Tores hervor. Einer schrie etwas. Die Motoren heulten auf, die Offiziere stiegen ein, Soldaten sprangen von beiden Seiten in voller Fahrt auf die Trittbretter. Die Scheinwerfer fegten über die Blumenbeete, einen kurzen Augenblick streiften Lichtgarben den voranfahrenden Wagen von hinten; der grelle Strahl fiel auf die Sitzenden; Stefan erblickte zwischen den Stahlhelmen einen entblößten Kopf und erkannte den Mann. Die Lichtbündel hatten jetzt das Ausfahrtstor gefunden, neben dem der Pförtner geblendet mit der Mütze in der Faust stand. Gleich darauf hörte man das laute Dröhnen der Motoren auf der Chaussee. In der Serpentinenkurve entrissen die Scheinwerfer der Finsternis noch einmal in vollem Grün prangende Baumgruppen, unbewegte Laubgirlanden und die flächigen Schatten der Stämme; zu guter Letzt blinkte weiß das Birkenkreuz auf und verschwand sofort wieder im Dunkel. Dann kehrte aus dem weiten Raum die Stille zurück, unterbrochen nur durch das Zirpen der Grillen, das sich wie der Pulsschlag in einem riesigen Ohr anhörte.Stefan riß den Mantel vom Kleiderhaken und lief barfuß in den Flur.
    Die Ärzte waren alle im ersten Stock versammelt. Fragen und Ausrufe flogen hin und her, es war unmöglich, etwas zu verstehen. Allmählich klärte sich der Sachverhalt: SS-Leute von der Einsatztruppe, die gegenwärtig in Owsiane lag, waren hiergewesen mit einem Arbeiter, den sie in dem Schalthaus verhaftet hatten. Nun suchten sie die anderen. Marglewski verkündete lauthals, es solle fortan keiner mehr den Wald betreten, denn der würde von der SS durchkämmt und mit der sei nicht zu spaßen.
    Dem Sanatorium war eine Durchsuchung erspart geblieben. Die SS-Männer hatten nur flüchtig in die Pavillons geschaut und dann einige Worte mit Pajączkowski gewechselt.
    »Ihr Offizier hat die Reitpeitsche vor mir auf den Tisch ge … geknallt«, berichtete er mit bleichem Gesicht, in dem, tief umrändert, die Augen lagen. Allmählich flaute die Erregung ab, und man trennte sich. Als Marglewski vorbeikam, verhielt er den Schritt. Er wollte Stefan wohl etwas sagen, doch dann schüttelte er nur unheildrohend den Kopf und ging.
    Stefan konnte bis zum Morgen nicht einschlafen. Er spürte, wie sich seiner ein feines Zittern bemächtigte; unzählige Male schloß er die Lider und beschwor jene kurze nächtliche Szene vor sein inneres Auge, deren Zeuge er vom ersten Stock aus gewesen war. Nun wagte er nicht mehr, sich wie vorhin einzureden, der Verhaftete sei ein anderer als Woch. Es gab keinen Zweifel, es war sein mächtiger, kantiger Kopf gewesen. Stefan stöhnte unter der entsetzlichen Verantwortung, die auf ihm lastete. In dem egoistischen Bestreben, sie auf einen anderen abzuwälzen, sein quälendes Schuldbewußtsein jemand zu bekennen, eilte er am frühen Morgen zu Sekulowski; aber der ließ ihn erstgar nicht zu Worte kommen. Aufgebracht schrie er Stefan entgegen: »Sehen Sie denn nicht, daß ich schreibe? Wie, ich soll wieder einmal ›Stellung beziehen‹? Ein jeder tut das, was er kann. Der Dichter ist ein Mensch, der auf schöne Weise

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