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Das Hospital der Verklärung.

Das Hospital der Verklärung.

Titel: Das Hospital der Verklärung. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Wissenschaften, zog zunächst die Glaubwürdigkeit der Information in Zweifel. Aber Pajączkowski verteidigte den Apotheker: »Der ist bestimmt zuverlässig, Euer Magnifizenz. Lebt schon dreißig Jahre hier. Und er kennt Sie auch, Herr Professor. Noch von damals, als der Olgierd Hausfaktotum war. Euer Magnifizenz wird ihn nicht kennen, denn er ist ein kleiner Mann« – er streckte die Hand aus, zum Zeichen wie klein –, »aber anständig ist er.« Er stieß einen Seufzer aus und fuhr fort: »Diese Nachricht ist so ungeheuerlich, daß man sie nicht wahrhaben möchte. Aber es ist gerade unsere, das heißt meine Pflicht, sie doch zu glauben.« Nun stand ihm noch der schwierigste Teil seinerRede bevor. Obgleich er sich unterwürfig und verwirrt gab, war ihm der recht kühle Empfang keineswegs entgangen: Der Professor bot ihm nicht einmal Platz an. Am Tisch standen zwei leere Sessel, selbst schattig, aber in einen goldenen Schleier von Sonnenreflexen gehüllt. Der Professor legte seine schwere, von starren Adern überzogene Hand auf das Buch und wartete ab. Das bedeutete, die augenblickliche Szene sei nur das Intermezzo einer weitaus wichtigeren Tätigkeit, deren Sinn den Besuchern verborgen sei.
    »Außerdem habe ich erfahren, ein deutscher Psychiater soll der Vorgesetzte dieser Soldateska sein. Ein Kollege sozusagen. Ein gewisser Dr. Thießdorf.«
    Er hielt inne. Der Professor schwieg. Nur seine Brauen, die grauen Blitzen glichen, waren leicht zusammengezogen. Das sollte wohl heißen: Kenne ich nicht, habe den Namen nie gehört.
    »Er soll noch jung sein. Ein SS-Mann. Aber obwohl ich mir im klaren darüber bin, daß es sinnlos ist, bleibt mir nichts übrig als hinzugehen, und zwar heute noch, denn schon morgen …« Die Stimme versagte ihm. »Die Deutschen haben beim Starosten, Magister Pietrzykowski, für morgen früh vierzig Mann für Erdarbeiten angefordert.«
    »Diese Nachricht … überrascht mich nicht sonderlich«, sagte der Professor unvermittelt, und es war seltsam, einen so großen Mann so leise sprechen zu hören. »Seit dem Artikel von Rosegger habe ich das kommen sehen, wenngleich nicht in dieser Form … Sie erinnern sich doch auch an besagte Schrift?«
    Pajączkowski bejahte eifrig.
    »Dennoch verstehe ich nicht, welche Rolle dabei mir zufallen soll«, fuhr der Professor fort. »Soviel ich weiß, haben weder das Personal noch die Ärzte etwas zu befürchten. Und die Kranken …«
    Das hätte er nicht sagen dürfen. Er, der sonst seine Sätze mit Bedacht formulierte, mußte jetzt überlegen, wie er seinen Lapsus wettmachen könnte. Pajączkowski war scheinbar der gleiche wie immer, aber wie anders war seine magere Hand, ebenfalls eine Greisenhand – nichts Titanenhaftes, ein Täubchen nur –; sie zitterte nicht, als er sie auf die Schreibtischkante stützte.
    »Die Zeiten bringen es mit sich«, sagte er, »daß ein Menschenleben kaum noch Wert hat. Die Zeiten sind schrecklich, aber noch könnte sich Euer Magnifizenz mit ihrem Namen schützend vor unser Haus stellen und hundertachtzig Unglücklichen das Leben retten.«
    Die andere Hand des Professors, die bisher hinter dem Schreibtisch verborgen gewesen war, wie jemand, der sich nicht am Gespräch beteiligt, mischte sich nun ein: Mit sicherer Gebärde gebot sie Schweigen.
    »Ich bin doch hier nicht Institutsdirektor«, erwiderte er. »Ich stehe ja nicht einmal auf der Mitarbeiterliste oder auf dem Etat, bin überhaupt nur ganz inoffiziell hier, woraus uns noch beträchtliche Schwierigkeiten erwachsen können. Wenn Sie es jedoch ausdrücklich wünschen, bleibe ich hier. Was hingegen meine Protektion anbelangt, so wurden ja meine Verdienste, wenn ich welche aufzuweisen habe, von ›denen‹ bereits in Warschau gebührend gewürdigt. Wie, ist Ihnen nicht unbekannt. Der barbarische junge Arier, der, wie Sie behaupten, morgen unsere Patienten zu liquidieren gedenkt, handelt sicherlich im Auftrag einer Macht, die weder Alter noch wissenschaftlichen Rang respektiert.«
    In dem Schweigen, das nun folgte, verwandelte sich das Zimmer allmählich. Der letzte Strahl der untergehenden Sonne glitt klagend als roter Fleck so flaumweich zitternd über den Schrank am Fenster, daß Stefan ihm mit den Blicken folgen mußte, obwohl er dem Gespräch gebanntlauschte. Bald füllte ein bläulicher Schleier, der Sendbote der Nacht, das Zimmer wie ganz durchsichtiges Wasser. Es wurde dunkler und trauriger, wie auf einer Bühne, wo unsichtbare Scheinwerfer die Handlung durch

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